Bochum. Bochum Total geht mit deutlich weniger Besuchern zu Ende als im Vorjahr. Woran das lag und was sonst hängenbleibt – drei Beobachtungen.

Der große Knall blieb in diesem Jahr aus: Bochum Total 2024 ist ohne unwetterartigen Wolkenbruch, aber auch ohne extreme Ausschläge beim Programm über die Bühne(n) gegangen. Zog 2023 noch Ski Aggu am Abschlusstag die – überwiegend sehr, sehr jungen – Massen zur 1Live-Bühne, bot sich in diesem Jahr zum Finale eher entspannte Routine. Getreu dem Motto „Heute sehen, was man morgen hört“ standen noch einmal verhältnismäßig unbekannte Bands auf den Bühnen.

380.000 Besucherinnen und Besucher zählten die Festivalmacher von Donnerstag bis Samstag. Erfahrungsgemäß dürften am Sonntag zwar noch einmal einige Zehntausend dazugekommen sein – doch auch damit sind es in Summe deutlich weniger als im vergangenen Jahr: 2024 wurden rund 600.000 BO-Total-Besucher gezählt.

Bochum Total 2024: Lesen Sie hier mehr zum Innenstadt-Festival

Bochum Total 2024: Festival-Macher „absolut zufrieden“

Festival-Sprecherin Sabine Hahnefeld zog dennoch ein positives erstes Fazit: „Wir sind absolut zufrieden“, sagte sie auf WAZ-Nachfrage. „Trotz Fußball, Parallelveranstaltungen in der Nähe und wechselhaftem Wetter haben wir es wieder erreicht, dass alles friedlich verlaufen ist.“

Es habe keine Zwischenfälle gegeben, alle Bands hätten auftreten können, „und alle Besucher waren zufrieden und haben gefeiert“. Dies sei in erster Linie die Intention der BO-Total-Macher. Das Team messe den Erfolg von Bochum Total nicht an den Besucherzahlen, sagte Hahnefeld. „Wir haben alles erreicht, was wir uns gewünscht haben.“

„Wir sind absolut zufrieden. Trotz Fußball, Parallelveranstaltungen in der Nähe und wechselhaftem Wetter haben wir es wieder erreicht, dass alles friedlich verlaufen ist.“

Sabine Hahnefeld, Sprecherin des Bochum-Total-Teams

Auch die Bilanzen von Polizei und Feuerwehr zu den ersten drei Festivaltagen fielen positiv aus: Die Zahl der Anzeigen und Platzverweisen sei angesichts der Größe der Veranstaltung überschaubar gewesen, so Polizeisprecher Frank Lemanis. Die Feuerwehr zählte weniger Hilfeleistungs-Einsätze als im vergangenen Jahr und meldete wiederholt „keine besonderen Vorkommnisse“.

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Drei Erkenntnisse lassen sich zum Ende festhalten:

Erkenntnis Nummer 1: Die Konkurrenz war groß

Die Bands und Künstler, die am frühen Freitagabend auf den Bühnen standen, hatten schwierige Bedingungen – unübersehbar war die Anziehungskraft, die König Fußball ausübte. Zwar warben die Bochum-Total-Organisatoren selbstbewusst für ihr „Alternativprogramm“ – wer sich während des Spiels in der Innenstadt umschaute, sah jedoch auch, dass viele kein Alternativprogramm suchten. Während die Kneipen mit TV-Bildschirmen im Bermudadreieck rappelvoll und von Zaungästen gesäumt waren, sammelten sich vor den Bühnen nur hartgesottene Fans.

Blick ins Publikum beim Auftritt von Riku Rajamaa am Freitagabend: Während das EM-Viertelfinale lief, blieben die Zuschauerreihen vor den Bühnen überschaubar.
Blick ins Publikum beim Auftritt von Riku Rajamaa am Freitagabend: Während das EM-Viertelfinale lief, blieben die Zuschauerreihen vor den Bühnen überschaubar. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Zum erst kurz zuvor bekanntgegebenen „Top Secret Act“, dem Essener Duo 257ers, auf der 1Live-Bühne strömten nach dem enttäuschenden EM-Aus der DFB-Elf dann noch einmal Tausende. Die Freitags-Bilanz fiel dennoch deutlich aus: 80.000 Besucherinnen und Besucher schätzen Festival-Organisatoren und Polizei. Zum Vergleich: 2023 kamen am Samstag laut Veranstalterangaben mit 180.000 mehr als doppelt so viele Fans.

Und dann war da auch noch die Festival- und Konzert-Konkurrenz in der Umgebung, vor allem am Samstag: In Oberhausen stieg das Elektro-Festival „Ruhr in Love“, in Essen feierte das „Projekt Rüttenscheid“, in Mülheim lockte „Castle Rock“ und am Flugplatz Schwarze Heide zwischen Bottrop und Hüxe das „Ruhrpott Rodeo“. „Wieso ist immer alles an einem Wochenende?“, fragt stellvertretend eine Nutzerin bei Instagram.

+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Rau geben im Video einen Einblick.+++

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Erkenntnis Nummer 2: Kult ist Trumpf

So vielfältig und bunt wie die Stadt und ihre Bewohner, so gemischt ist auch das Publikum. DEN Bochum-Total-Gänger gibt es nicht – da sind die Musikfans und die Lokalpatrioten, aber auch jede Menge junges Partyvolk, das die kostenlose Freiluft-Sause dankbar feiert, dem das Programm auf den Bühnen aber herzlich egal ist.

Als Highlights bleiben nach dem Wochenende vor allem die Auftritte lokaler Kultfiguren im Gedächtnis: „Die Kassierer“ zum Festivalauftakt am Donnerstagabend, aber auch Mambo Kurt und die Reunion von „The Frits“ am Samstag auf der Sparkassen-Bühne. Der selbsternannte „King of Heimorgel“, erzählte, dass er „25 Jahre Mambo Kurt bei Bochum Total“ feiern könne und lockte so viele ans KAP, dass dort kaum ein Durchkommen mehr war. Und als wenig später Tausende am selben Ort zu den Ska-Klängen der „Frits“ mitwippen (und selbst der Oberbürgermeister im Publikum mitgroovte), da machte „Bochum Total“ seinem Namen alle Ehre.

Als die Ska-Veteranen von „The Frits“ am Samstagabend ihr 40-jähriges Bestehen auf der Sparkassen-Bühne feierten, groovte im Publikum sogar der Oberbürgermeister mit.
Als die Ska-Veteranen von „The Frits“ am Samstagabend ihr 40-jähriges Bestehen auf der Sparkassen-Bühne feierten, groovte im Publikum sogar der Oberbürgermeister mit. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Erkenntnis Nummer 3: Der Preiskampf bleibt hart

Dass die Zeiten für „Umsonst und draußen“ hart sind, hat Festivalchef Marcus Gloria bereits in den vergangenen Jahren erklärt. Es solle beim kostenfreien Eintritt zu Bochum Total bleiben, betont er – das funktioniere aber nur, wenn die Besucher ihren Teil beitragen und zum Beispiel an den offiziellen Ständen essen und trinken. In diesem Jahr formulierten die Organisatoren offen wie nie: „Verzichtet auf die billigen Dosen von Rewe oder vom Kiosk (die nehmen nur mit und tun nichts für dein Festival)“. Trotzdem standen am Samstagabend einmal mehr Menschenschlangen vorm Supermarkt im Bermudadreieck, beim Blick in die Menge sah man in vielen Händen Bierdosen. Die Pfandsammler freut‘s – die Festivalmacher wohl weniger.

„Kauft euch ab und an ein Bier bei unseren Bierständen“, appellieren die Bochum-Total-Macher – Dosenbier ist trotzdem weit verbreitet.
„Kauft euch ab und an ein Bier bei unseren Bierständen“, appellieren die Bochum-Total-Macher – Dosenbier ist trotzdem weit verbreitet. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst