Bochum. Der Garten von Charlotte Kees ist ein Naturparadies. Es gibt aber ein Problem: gefräßige Nacktschnecken. Jeden Tag sammelt sie Hunderte ein.

„Sie fressen mir alles weg“, sagt Charlotte Kees. Die leidenschaftliche Hobbygärtrnerin aus Bochum-Weitmar meint die spanische Wegschnecke, auch Kapuzinerschnecke genannt. Zu Hunderten überfallen sie abends und nachts ihren Garten und bedienen sich bis zur Völlerei an den Pflanzen und Blüten. Dass dieser Garten nicht irgendein Garten ist, sondern wegen seiner außerordentlichen naturnahen Schönheit an der Aktion „Offenen Gartenpforte“ am kommenden Wochenende teilnimmt, schert die Schleimspurleger nicht.

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„Alles“ fressen die Nacktschnecken (Arion Vulgaris) in dem naturnnah angelegten Garten natürlich nicht weg. Aber das liegt nur daran, dass Charlotte Kees die glitschigen Tierchen mit eigenen Händen zweimal pro Tag aufsammelt. Einmal morgens um 8 Uhr, aber vor allem abends bei Beginn der Dunkelheit, wenn die Schnecken bei wachsender Kühle und Feuchtigkeit aus ihren Verstecken kommen und zum Beutezug ansetzen. Charlotte Kees ist dann immer mit Taschenlampe, Handschuh und Eimer zur Stelle. Eine bis anderthalb Stunden lang dauert so eine Rettungsaktion für die geliebten Gartenpflanzen.

Unwillkommene Gäste in jedem Garten: spanische Wegschnecke im Garten von Charlotte Kees.
Unwillkommene Gäste in jedem Garten: spanische Wegschnecke im Garten von Charlotte Kees. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Verkehrsplanerin führt sogar Buch über die Anzahl ihre täglichen Sammlungen, um einen besseren Überblick über das Ausmaß der Schneckenplage zu bekommen. Zur morgendlichen Patrouille sagt sie: „Null hatte ich noch nie. Ich freue mich, wenn ich unter 100 bleibe.“ Abends sehen die Zahlen ganz anders aus: Am vorigen Sonntag landeten 979 Schnecken im Eimer, am Montagabend 269, am Dienstagabend 777. Anfang Mai waren es einmal 2000 an nur einem Tag.

„Die Schnecken kriechen hoch und fressen die Blüten“

Die Schnecken in dem Prachtgarten, der direkt an einen Ausläufer des Weitmarer Holzes angrenzt, sind nicht sehr wählerisch. Sie verschlingen fast alles. „Auch das, von dem man eigentlich sagt, dass Schnecken dies nicht mögen“, wie die Gärtnerin sagt. „Zum Beispiel Akelei, eine Naturgartenpflanze – aufgefressen! Die Schnecken kriechen hoch und fressen die Blüten.“ Minze, ein weiteres Beispiel: „Hätte ich persönlich auch nicht gedacht, weil darin ja ätherische Öle sind.“

„Bärlauch ist das Schlimmste. Da sammel ich abends 30 Schnecken raus“, sagt Charlotte Kees.
„Bärlauch ist das Schlimmste. Da sammel ich abends 30 Schnecken raus“, sagt Charlotte Kees. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Oder Lavendel. Und vor allem: „Bärlauch ist das Schlimmste. Da sammel ich abends 30 Schnecken raus.“ Mit der Pflanze „Jungfer im Grünen“ nennt Charlotte Kees ein weiteres Opferbeispiel: „komplett weggefressen.“ Einen weiteren Totalverlust gab es bei den Sonnenblumen. „Die habe ich jetzt neu ausgesäht.“ Aber zur Sicherheit in Töpfen, sodass die Schnecken keine Chance haben.

Auch der reich blühende Islandmohn musste als Schneckenfutter herhalten

Im vorigen Herbst hatte sie 350 Blumenzwiebeln gekauft und eingepflanzt. „Als sie im März die Köpfe ausstreckten, wurden sie sofort weggefressen.“ Auch der reich blühende Islandmohn musste als Schneckenfutter herhalten: Übrig ließen die Täter nur einen nackten, traurigen Stängel. An einer anderen Stelle in ihrem Garten zeigt Charlotte Kees auf ein winziges Gewächs in einem Beet und spricht im Imperfekt: „Das war ein Borretsch, eine Gewürzpflanze.“

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In diesem Frühjahr scheint das Schneckenproblem besonders groß zu sein. „Dieses Jahr stöhnen alle.“ Es gebe viel mehr Schnecken als sonst. Nachbarn hätten ihre ganzen Jungpflanzen von Salaten an die Nacktschnecken verloren. Sowas dauere nur eine einzige Nacht. Sogar an Tomaten würden die Tiere drangehen.

Trotz der Schnecken ist der Garten von Charlotte Kees in einem Topzustand. Schon die ersten kurzen Blicke beim Eintreten an der Gartenpforte lösen beim Besucher die Gewissheit aus, dass ihn hier große Gartenkultur mit ganz viel Geschmack erwartet. Im Zentrum hat die Gärtnerin einen Teich angelegt, in dem Grasfrösche, Erdkröten und Bergmolche leben. Der Teich, sagt Charlotte Kees, „bringt das meiste Leben hier“. Elstern, Eichelhäher, Amseln und Meisen baden dort, ein Fuchs trinkt daraus, und Vögel besorgen sich Nistmaterial im Uferbereich. Es ist ein kleines Naturparadies.

Diese weiteren Gärten öffnen ihre Pforte

Neben dem Garten von Chalotte Kees (Große Wiese 13 in Weitmar) sind am 15. und 16. Juni sechs weitere Gärten der Bochumer Aktion Offene Gartenpforte von 11 bis 18 Uhr geöffnet:

Familie Rudzinski, Graf-Adolf-Str. 38a (Zufahrt zur Pestalozzi-Schule), Wattenscheid

Fam. Sattler, Nierenhofer Str. 109, Parken an der Nierenhofer Str, Hattingen

Fam. Seyock, Schattbachstr. 2 (Zugang vom Paracelsusweg), Bochum

Fam. Wallmeier, Jahnstr. 65, Wattenscheid

Fam. Weber, Charlottenstr. 51 (Zufahrt über 2. Charlottenstr.), Bochum

Fam. Wild-Wittrock, Landwehrweg 41, Herne

Unabhängig von dieser Gruppe präsentieren sich am 22. und 23. Juni (11 bis 17 Uhr) die Gärten von Familie Pork an der Hattinger Straße 625 in Bochum sowie von Familie Zimmermann an der Jahnstraße 35 in Wattenscheid.

Am Samstag und Sonntag (15./16.6.) ist der Garten an der Straße Große Wiese 13 in Weitmar-Neuling von je 11 bis 18 Uhr für jedermann geöffnet. Pro Besucher ist eine Spende von zwei Euro gewünscht, die an die „Aufsuchende medizinische Hilfe für Wohnungslose Bochum e.V.“ fließt. Im vorigen Jahr kamen in allen an der „Offenen Gartenpforte“ teilnehmenden Gärten 3280 Euro zusammen.