Bochum. Baden in der Ruhr ist fast überall verboten, nicht alle halten sich daran. Doch der Fluss wirkt harmloser, als er ist. Ein Experte erklärt, wieso.
Bestürzung und Sorge sind groß nach dem Badeunfall an der Grenze zwischen Bochum und Essen vom Dienstag: Ein 13-Jähriger aus Essen, der am Dienstag unweit des Eisenbahnmuseums in Dahlhausen aus der Ruhr gerettet wurde, schwebt in Lebensgefahr. Noch sind die Umstände, warum und wie der Junge im Wasser in Not kam, unklar. Angaben der Polizei zufolge konnte er nicht schwimmen und war in Straßenkleidung in die Ruhr geraten. So oder so wirft das Unglück einmal mehr den Blick auf die Gefahren, die im Fluss lauern.
Alle Jahre wieder warnen die Expertinnen und Experten der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Sommer davor, die eigenen Schwimmfähigkeiten zu über- und die Natur zu unterschätzen. Torsten Kelle, DLRG-Bezirksleiter in Bochum, betont, was auch die Stadt aus aktuellem Anlass noch einmal klargestellt hat: Baden in der Ruhr ist verboten. Kelle weiß aber auch: An das Verbot halten sich viele nicht.
DLRG-Experte: Die Ruhr wirkt harmlos – „trotzdem bewegt sich das Wasser“
Der Experte wird nicht müde, auf die Unterschiede zwischen Schwimmbädern und Freiwasser hinzuweisen. „Geh’ ich ins Freibad, hab ich klares Wasser und keine Strömung“, sagt Kelle. „Geh’ ich in die Ruhr, ist beides nicht mehr gegeben.“ Im trüben Wasser sehe man nicht, wo man hintrete. Da seien Steine, da seien Algen, es sei glatt. „Da glaube ich, einen festen Stand zu haben, rutsche aus und liege drin.“ Und dann müsse man erst mal mit der Strömung zurechtkommen.
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Die Ruhr sehe harmlos aus, wirke mitunter – je nach den Windverhältnissen – spiegelglatt, „aber trotzdem bewegt sich das Wasser kontinuierlich, man kann es nur nicht wahrnehmen“, erklärt Kelle. Und strömende Gewässer seien gerade für ungeübte Schwimmer eine Herausforderung. Wieder der Vergleich mit dem Schwimmbad: Eine 50-Meter-Bahn zu schwimmen sei etwas anderes als dieselbe Distanz im Freiwasser.
Appell: Nur als guter oder sehr guter Schwimmer ins Wasser gehen
Hinzu kommen Gefahren durch unterschiedliche Wassertiefen. In der Ruhr gebe es zwar nicht solche Abbruchkanten wie etwa in Baggerseen. Aber auch die Ruhr könne drei bis vier Meter tief sein, „da kann es auch mal einen Meter tief abgehen“.
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Grundsätzlich sagt DLRG-Mann Kelle, könne man nur appellieren: Selbst an der Badestelle, an der das Schwimmen offiziell erlaubt ist, sollte man nur dann ins Wasser gehen, „wenn man gut oder sehr gut schwimmen kann“. Und was heißt das? Als Anhaltspunkt dient das Schwimmabzeichen in Bronze, auch „Freischwimmer“ genannt. Dafür muss man unter anderem 15 Minuten am Stück schwimmen, und in dieser Zeit mindestens 200 Meter zurücklegen, dabei zwei verschiedene Lagen beherrschen. Auch die Schwimmabzeichen seien allerdings mit Fokus auf Bäder konzipiert. „Beim Freigewässer“, sagt er, „dürfen es gerne auch mehr Kenntnisse sein.“