Bochum. Mit fossiler Energieerzeugung verlieren die Stadtwerke Bochum Millionen. Auch die Windparks sind noch im Minus. Warum trotzdem investiert wird.
Mit ihren Beteiligungen an der Essener Steag und am Trianel Kohlekraftwerk Lünen haben die Stadtwerke Bochum bereits fast 140 Millionen Euro in den Wind geschrieben. Fossile Energie ist halt ein Auslaufmodell. Aber auch das Geschäft bei den Erneuerbaren Energien gestaltet sich noch schwierig. Die großen Windparks vor Borkum in der Nordsee haben das Unternehmen von 2015 bis 2019 im Betrieb rund zehn Millionen Euro gekostet. Zahlen aus 2020 liegen noch nicht vor.
Stadtwerke-Geschäftsführer Dietmar Spohn ist trotzdem optimistisch. „Langfristig gehen wir bei den Windparks von einer mittleren Rendite von sieben Prozent auf unser Eigenkapital aus.“ 265 Millionen Euro haben die Stadtwerke Bochum in die Trianel Windparks Borkum I (TWB I, Anteil 18,5 %) und Borkum II (TWB II, 10 %) investiert. 42 Millionen Euro seien bereits zurückgeflossen, so Spohn.
Stadtwerke investieren 120 Millionen Euro in Erneuerbare Energien
2018 und 2019 warf der Windpark TWB I, der seit Juli 2015 Strom ins Netz speist, die ersten Gewinne ab. „Die Anlagen standen draußen in der rauen Nordsee und konnten nicht in Betrieb gehen“, erinnert Spohn an den Ärger mit dem Netzbetreiber Tennet. „Siebzehnmal hat sich der Anschluss an das Netz verzögert, das hat uns 29 Monate gekostet.“ Und 2019 eine Wertberichtigung in der Bilanz: 35 Millionen Euro wurden abgeschrieben.
30.000 Kunden beziehen Ökostrom
Knapp zwei Jahre nach dem Start unterstützen rund 30.000 Kunden die Ökostrom-Initiative der Stadtwerke Bochum und beziehen „Grün-Strom“ aus norwegischen Wasserkraftwerken. Das Unternehmen versorgt nahezu 160.000 Haushalte mit Strom.18 Prozent zahlen für den „Grün-Strom“ monatlich zwei Euro zusätzlich, 39 Prozent einen Euro und 43 Prozent verbrauchen den Ökostrom ohne Aufschlag.Mit dem Tarif 2-1-0 forcieren die Stadtwerke seit Oktober 2019 die Vermarktung des Ökostroms. Die Initiative ist eine Reaktion des Energieversorgers auf den Klimanotstand in Bochum.
TWB II indes ist erst im Sommer 2020 vollständig ans Netz gegangen, die Verluste aus den Jahren 2015 bis 2019, rund 41,1 Millionen Euro, stammen vorwiegend aus der Projekt- und Bauphase. Stromerlöse gab es nicht. Dank der zugesagten Erneuerbare-Energien-Gesetz-Vergütung und steigender CO2-Preise erwartet Spohn aber auch hier in den kommenden Jahren positive Ergebnisse.
Neue Gesellschaft will Solarparks in Deutschland bauen
Rund 400 Millionen Euro haben die Stadtwerke Bochum seit 2005 in den Bereich Erneuerbare Energien investiert. Spohn: „In den kommenden Jahren werden noch einmal rund 120 Millionen Euro hinzukommen.“ Nach den Offshore-Windparks vor Borkum soll es künftig verstärkt um Onshore-Windkraftanlagen und Solarparks in Deutschland gehen. Die Stadtwerke haben sich mit rund 20 Prozent an der neuen Gesellschaft Trianel Wind und Solar beteiligt.
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In Bochum betreibt das Unternehmen heute schon sechs große Photovoltaikanlagen. Die größte ist auf dem Parkhaus Westpark an der Jahrhunderthalle installiert. 738 Module liefern hier pro Jahr seit 2013 rund 153.000 Kilowattstunden.
Sonnenstrom ist in Bochum längst ein Thema. Im Stadtwerke-Netz waren zum 31. Dezember 2020 insgesamt 2288 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 35.739 kWp (Kilowatt peak) aktiv. „Mit dieser Leistung können umgerechnet rund 8600 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden“, so Stadtwerke-Sprecher Kai Krischnak. Er sagt aber auch: „Da ist noch Luft nach oben.“
Erneuerbare Energien tragen mit 6,6 Millionen Euro zum positiven Jahresergebnis bei
Die Erneuerbare-Energien-Strategie der Stadtwerke ist auch am Jahresergebnis 2020 abzulesen. „Die Beteiligungen im Bereich Erneuerbare Energien leisten mit immerhin 6,6 Millionen Euro einen wichtigen Beitrag zum Gesamtergebnis“, sagt Spohn. 37,2 Millionen Euro lieferten die Beteiligungen, die größten Anteile kommen von Gelsenwasser (31,9 Mio), VBW Bauen und Wohnen, Telekommunikation Mittleres Ruhrgebiet (TMR) und USB.
Wären da nicht die Steag und das Kohlekraftwerk Lünen, die Stadt Bochum hätte sich möglicherweise auf mehr als die vereinbarte Gewinnabführung in Höhe von 56,1 Millionen Euro zur Konsolidierung ihres Haushaltes freuen können.