Bochum. Bis nach Berlin hallt die angekündigte Schließung der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum. Vor Ort wächst die Sorge eines vorzeitigen Aus.

Weite Kreise zieht die Ankündigung des Helios-Konzerns, Ende 2022 die Pflichtversorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum-Linden einzustellen. Auch in Berlin ist die Empörung darüber groß.

Lautstarke Kritik am Helios-Konzern

„Mit Entsetzen“, wie es heißt, „hat der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) auf diese Ankündigung reagiert. „Hier zeigt sich die hässliche Seite der Krankenhausprivatisierung, wenn ein offenbar auf Rendite ausgerichteter privater Krankenhaus-Konzern die Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen an einem nun „unökonomischen“ Einzelstandort für nicht mehr sinnvoll hält und einen Versorgungsauftrag zurückgeben möchte“, heißt es in der Bundeshauptstadt.

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe hat den Helios-Konzern derweil aufgefordert, „die Kündigung des Versorgungsauftrages der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Bochum-Linden zurückzunehmen und die qualitativ hochwertige Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Bochum-Linden fortzusetzen“.

Kammerpräsident Dr. Hans-Albert Gehle: „Diese Schließung ist umso unverständlicher, als gerade die Corona-Pandemie gezeigt hat, dass die Bedeutung der Kinder- und Jugendpsychiatrie ständig gestiegen ist. Von daher ist gerade eine Stärkung dieses Gebietes erforderlich, nicht ihr Abbau. Die umliegenden Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind keinesfalls in der Lage, die Versorgung in Bochum zu übernehmen, sie sind schon jetzt ausgelastet.“

Bezirksbürgermeister fürchtet vorzeitiges Aus

Sollte dieser Kündigungsbeschluss nicht sofort zurückgenommen werden, sei die Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum nicht erst zum Jahresende 2022, sondern sofort gefährdet. Die Klinik werde qualifizierte Mitarbeiter verlieren und schon in den nächsten Monaten ihren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen können, befürchtet das westfälisch-lippische Ärzteparlament.

So sieht es auch Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD). Er hat die etwa 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie den Betriebsrat der Kinder- und Jugendpsychiatrie gebeten, standhaft zu bleiben und nicht vorzeitig den Standort und den Helios-Konzern zu verlassen. Gräf fürchtet ein vorzeitiges Aus für die Einrichtung. Und: Es sei ungleich schwieriger, sie wieder ans Netz zubekommen, wenn zuvor möglicherweise Teile oder die gesamte Einrichtung geschlossen werden.

NRW-Sozialausschuss debattiert über Krankenhausplan

Auftauchen könnte das Thema auch am Mittwoch im Sozialausschuss des NRW-Landtags. Dann wird in Düsseldorf über die Neuaufstellung der Rahmenvorgaben des NRW-Krankenhausplans debattiert. In Sachen „Kinder- und Jugendpsychiatrie“ heißt es zur Bedarfsprognose und zum Versorgungsziel: „Ziel des Landes ist eine qualitativ hochwertige, möglichst wohnortnahe Versorgung unter Stärkung teilstationärer und sektorenübergreifender Versorgungsformen“. Das könnte für einen Erhalt des Standorts Bochum sprechen.