Bochum. Der Start für das Rats-TV in Bochum war vielversprechend. Jetzt wünschen sich erste Politiker auch Live-Bilder aus den Bezirksvertretungen.
Der erste Schritt ist getan. Live-Bilder von Ratssitzungen in Bochum gibt es schon. Zwei Mal wurde aus dem Rathaus bereits Rats-TV gesendet. Nun gibt es erste Politiker, die sich dies auch für andere Gremien wünschen – etwa die Bezirksvertretungen.
Bochum: Rats-TV bald auch Live-Bilder aus den Bezirksvertretungen?
Die Linke, in den Bezirksvertretungen Mitte und Südwest hat bereits offiziell bei der Stadtverwaltung nachgefragt. Denn es sei ja schon einstimmig beschlossen worden, ein Videokonferenzsystem zu beschaffen, das sicherstellt, dass nicht anwesende Gremienmitglieder und Verwaltungsdienstkräfte per Video-Konferenz zur Sitzung hinzugeschaltet werden können – gerade jetzt in unsicheren Corona-Zeiten ein gutes Mittel, den Laden am Laufen zu halten.
Das System funktioniert nach Einschätzung der Linken zufriedenstellend und ermöglicht es den von zu Hause teilnehmenden Personen auch, den Sitzungsverlauf vollständig zu verfolgen. „Obwohl damit bereits die technischen Voraussetzungen für einen öffentlichen Live-Stream größtenteils vorliegen, wird diese Möglichkeit bisher noch nicht genutzt“, bedauert die Partei. Grundsätzlich sei es sinnvoll und erstrebenswert, die Öffentlichkeit und Transparenz der politischen Beratungen durch einen Live-Stream zu erhöhen.
Ziel: Mehr Bürgern von Bochum wichtige politischen Themen näherbringen
Auch Henry Donner (SPD), Bezirksbürgermeister im Bochumer Norden, kann sich ein „Bezirks-TV“ gut vorstellen. „Dafür fänden wir in unserem Gremium bestimmt eine Mehrheit.“ Es gehe ja darum, möglichst vielen die örtliche Politik nahezubringen. Aktuell gehe das ja wegen Corona kaum, Zuschauer seien bei den Sitzungen nur begrenzt möglich – wenn denn überhaupt in Präsenz getagt werden könne.
„Andererseits behandeln wir spannende Themen wie Bebauungspläne, die viele Bürger interessieren“, sagt Henry Donner. „Da wäre es gut, wenn interessierte Bürger diese Debatten und Vorträge verfolgen könnten.“ Letztlich wünscht sich Donner vor allem aber den Corona-freien Zustand wieder zurück. „Nach der Kommunalwahl haben wir ja auch einige Neulinge im Gremium, die noch nie eine ganz normale Sitzung erlebt haben.“
Live-TV aus den Bezirken: warum ein Politiker aus Bochum dagegen ist
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Videokonferenzen sind inzwischen auch in der Bezirksvertretung Süd im Uni-Center möglich und Standard. Ein technisches „Upgrade“ wäre aber willkommen. „Wir haben das ja schon beraten und hätten die Möglichkeit von Liveübertragungen auch gern“, sagt Bezirksbürgermeister Helmut Breitkopf (SPD). Denn Corona werde so schnell nicht verschwinden und die Aussicht auf einen vollen Zuschauerbereich im Sitzungssaal damit in weite Ferne gerückt.
„Die Kamera für solche Sitzungen haben wird schon“, sagt Helmut Breitkopf. Er weiß allerdings, dass das System für das Rats-TV „aufwendiger ist als unseres, es ist also nicht so einfach und günstig“. WAZ-Informationen zufolge soll eine Liveübertragung der Ratssitzung um die 2000 Euro kosten, weil zwei Mitarbeiter dafür abgestellt werden müssen.
Zuschauerzahl rückläufig
Der Start für das Rats-TV war vielversprechend. Bei der ersten Übertragungen konnten 800 Zuschauer verbucht werden, bei der zweiten waren es dann nur noch 568. Wie der Rückgang des Interesses zu erklären ist, weiß auch im Rathaus niemand so genau.„Vielleicht lag es beim ersten Mal an der Premieren-Euphorie, beim zweiten Mal womöglich an den Themen“, mutmaßt Stadtsprecher Thomas Sprenger. Man wolle die Einschaltquoten weiter analysieren erste einmal mehrere Übertragungen abwarten, ehe ein erstes Fazit gezogen werden könne.
Aus Sicht von Marc Gräf (SPD), Bezirksbürgermeister Südwest, Geld, das man sich sparen kann. „Ich weiß nicht, was das bringen soll. Die Sinnhaftigkeit erschließt sich mir nicht.“ Auch vor Corona seien im Prinzip immer dieselben interessierten Bürger zu den Sitzungen ins Amtshaus Weitmar gekommen. „Warum sollten jetzt mehr Bürger online die Sitzungen verfolgen wollen?“
Gräf hält es für wichtig, dass die Politiker ihre Sitzungen auch als Videokonferenzen abhalten können. Aber ein Bezirks-TV? „Nö, da halte ich nichts von.“
Stadt Bochum: Rats-TV vorerst noch in der Testphase
Der Lokalpolitiker legt viel mehr Wert darauf, Politik zu erklären. Und das schaffe man mit bloßen Live-Bildern nicht. „Wirklich wichtig sind daher Bürgerversammlungen. Das sind Diskussionsforen, bei denen man in die Debatte kommt. Diese Debatten-Kultur geht uns völlig verloren.“
Ob es jemals zu Liveübertragungen von Bezirksvertretungs- und auch Ausschusssitzungen kommen wird, ist derzeit völlig offen. Man habe mit dem Rats-TV einen politischen Beschluss umgesetzt, sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger. Nun befindet man sich in der Testphase. Wie lange diese geht, sei nicht absehbar. „Am Ende entscheidet dann wieder die Politik, ob und wie es weitergeht“, sagt Sprenger.