Bochum..
In den Kammerspielen wurden der Bernhard-Minetti-Preis und der Bochumer Theaterpreis verliehen. Hermann Beil (70) erhielt den Minetti-Preis 2011, gestiftet vom Kemnader Kreis. Nadja Robiné (31) wurde mit dem Theaterpreis in der Kategorie „Arrivierte“ ausgezeichnet, Dimitrij Schaad (26) ist Preisträger beim „Nachwuchs“.
Beil nahm seine Auszeichnung von dem bekannten Theaterkritiker Benjamin Henrichs (DIE ZEIT) entgegen, der die Laudatio hielt. Als „Peymanns Dramaturg“ gestaltete Hermann Beil mehr als drei Jahrzehnte die Theaterlandschaft in Stuttgart, Bochum, Wien und Berlin entscheidend mit.
Er gilt als einer der bekanntesten Künstler auf dem Theater, auch wenn er weder als Intendant noch in erster Linie als Regisseur in Erscheinung tritt. Die Bochumer Ensemblemitglieder Robiné und Schaad wurden u.a. wegen ihres überagenden Spiels in „Medea“ und „Amerika“ ausgezeichnet. Sponsor des Theaterpreises sind in diesem Jahr die Stadtwerke.
Wandlungsfähigkeit und Hingabe
Mit Spannung erwartet, war die Verkündigung der Geehrten am Ende doch keine wirkliche Überraschung mehr. Mit Nadja Robiné und Dimitrij Schaad wurden zwei Künstler ausgezeichnet, deren Präsenz, Wandlungsfähigkeit und Hingabe an ihre Rollen jedem Theatergänger einfach aufgefallen sein MÜSSEN. Der Vorsitzende des Freundeskreises des Schauspielhauses, Hajo Salmen, erwähnte das in seiner Einführung, und bedauerte gleichzeitig, dass nicht alle Nominierten einen Preis bekommen konnten. „Schließlich mussten wir eine Wahl treffen“.
Bernhard-Minetti-Preis
Und so freuten sich Robiné und Schaad nicht nur über die publikums-wirksame Auszeichnung, sondern auch über je 3000 Euro Preisgeld.
In den nicht ganz gefüllten Kammerspielen hatte Intendant Anselm Weber das Publikum kurz begrüßt, um sogleich Platz zu machen für die Geehrten und Ehrenden. Ehe es soweit war, wurde eine Slide-Show (früher: „Dia-Show“) auf die Bühnenwand projiziert, auf denen man/frau die Top-Rollen der Nominierten in Erinnerung rufen konnte.
Die Wahrheit jeder Rolle finden
Robiné in „Medea“, „Orlando“ und „Cyrano“, Schaad in „Amerika“ und „Hochstapeln“, Ronny Miersch in „Cyrano“ und „Hikikomori“, Florian Lange in „Peer Gynt“ und „Kasimir und Karoline“ , Nicola Mastroberardino in „Woyzeck“, im „Sturm“, in „Die Dreigroschenoper“, Friederike Becht in „Haus am See“… flüchtige Momente spannenden Theatergeschehens blitzten wie Elmsfeuer auf.
Chefdramaturg Thomas Laue verwies als Laudator für Dimitrij Schaad auf dessen Fähigkeit, „die Wahrheit einer jeden Rolle finden zu wollen“, was für Regisseure angesichts von Dimis stets guter Vorbereitung und seiner Haltung, „auf der Bühne werde sowieso zu viel gesprochen“, nicht immer einfach sei.
Schaad dankte mit der Replik, sein Schauspiellehrer hätte ihm einst nach bestander Prüfung gewünscht, es täte dem jungen Mann sicher gut, erstmal „ordentlich auf die Fresse“ zu kriegen. Möglicherweise sei er masochistisch veranlagt, meinte Schaad, „aber ich kriege lieber Preise!“
Intelligenz und Feingefühl
Der Theaterkritiker Martin Krumbholz (Theater Heute, NZZ etc). flocht Nadja Robiné den Lorbeer, einer Schauspielerin, die einen „Schwung von Rollen“ meistere, und das mit „überschäumender Spielwut“. Sie gehe mit Intelligenz und Feingefühl an ihre Figuren heran (Roxane in „Cyrano“, „Effi Briest“) und sei als Natascha und Marie jeweils der heimliche Star in „Woyzeck“ und „Drei Schwestern“ gewesen. Robiné, hochschwanger und längst im Mutterschutz, sagte, sie freue sich jetzt schon auf ihre Bühnen-Rückkehr im nächsten Frühjahr.
Benjamin Henrichs, eine veritable Legende der deutschen Theaterkritik, hielt die Ehrenrede für Hermann Beil, der von 1979 bis 1986 am Schauspielhaus segensreich tätig war. Er habe, meinte Henrichs, eigentlich vermeiden wollen, Claus Peymann über Gebühr zu erwähnen. Aber dann gemerkt, „eine Peymann-freie Laudatio auf Hermann Beil geht nicht“, zu verwachsen seinen diese beiden Bühnengrößen, „ so wie Max und Moritz“. Was folgte, war eine mit Espirt únd Theaterliebe durchsetzte Ansprache, die starken Beifall bekam.
Beil sagte, seine Jahre am Schauspielhaus seien ihm ein „Geschenk fürs Leben“ gewesen. „Bochum ist noch immer meine Theaterheimat“, weil er damals gemerkt habe, dass hierzulande „das Theater für die Menschen lebensrettend ist“. Das Schauspielhaus gehöre zur „Seele dieser Stadt“ - dass daran etwas Wahres sein muss, bewies der herzliche Applaus des Auditoriums für diesen stillen und doch so wirkmächtigen Theatermenschen.