Bochum-Gerthe/Hiltrop. Anfang Dezember gaben drei politische Gremien in Bochum grünes Licht für das Wohnbauprojekt „Gerthe-West“. Doch Kritik und Skepsis bleiben.

Jahrelang zog sich der Streit über das geplante Neubaugebiet „Gerthe-West“ hin; seit die Wohnungsbaupläne bekannt wurden, formierte sich der Widerstand in der Nachbarschaft, Bürgerinitiativen wurden gegründet. Anfang Dezember nun nahm die Rahmenplanung einer wichtige politische Hürde: In gemeinsamer Sitzung entschied sich die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Ausschüsse für Strukturentwicklung und Planung sowie der Bezirksvertretung Nord für den Entwurf eines Kölner Landschaftsarchitektenbüros. Somit kann die weitere Planung beginnen.

Vor drei Jahren hat der Rat die Verwaltung beauftragt, eine Rahmenplanung für das Projektgebiet „Gerthe-West“ zu erarbeiten. Drei Planungsbüros haben Details dazu erstellt. Bürgerinnen und Bürger konnten sich mit ihren Ideen und ihrer Kritik einbringen, u.a. in einer digitalen Planungswerkstatt, in der die Büros ihre Zwischenergebnisse präsentierten.

Siegerentwurf sieht 378 Wohnungen für das Bochumer Bauprojekt vor

Allen Entwürfen ist gemein, dass sie die Zahl der Wohnungen drastisch reduzieren wollen. War ganz zu Beginn von 800 Wohnungen die Rede, waren nun – je nach Büro – zwischen 560 und 297 Wohneinheiten vorgesehen. Dennoch: Die Skepsis blieb. So wurde auch noch einmal zu Beginn der Dreier-Sitzung gegen „Gerthe-West“ protestiert.

Die Wahl fiel auf den Entwurf des Köln-Bonner Büros RMP Lenzen. Er sieht drei Bebauungsgebiete mit 378 Wohnungen und 280 Parkplätzen vor. Prof. Kunibert Wachten ist Vorsitzender des Begleitgremiums. Auch die Mitglieder des Begleitgremiums hatten sich für diese aus drei eingereichten Arbeiten entschieden. Die Vorteile: „Es bleiben mehr Bäume erhalten, die Planung sieht eine ausgewogene Bebauung und gut ausgeprägte Grünbereiche vor.“

Angst vor mehr Verkehrsbelastung bleibt

Ulrike Hohendorff, Mitglied der Bürgerinitiative „Gerthe-West – so nicht!“ und bei „Pro Gerthe“, gehörte auch dem Gremium an. „Es ist ein tragbarer Kompromiss für alle. Aber die Angst vor ausufernder Verkehrsbelastung im Bochumer Norden bleibt.“ Offen seien auch Fragen zum Klimaschutz und zum Freiflächenverbrauch. In der Hoffnung auch auf weitere Bürgerbeteiligung sagte sie: „Wir als künftige Nachbarn wollen weiter mitreden.“

Im November 2018 verkündete das Planungsamt: „Auf dem Gebiet der ehemaligen Westumgehung soll ein durchmischtes Quartier für Zielgruppen aller Einkommensbereiche entwickelt werden. Das bedeutet zwischen 800 und 1000 neue Wohneinheiten.“ Dieses Gebiet wird in etwa begrenzt vom ehemaligen Kirmesplatz am Castroper Hellweg, bis zur Hiltroper Landwehr und von dort Richtung Osten über den Hillerberg bis zur Stadtgrenze an der Sodinger Straße.

Erste Baumaßnahmen beginnen 2024

Laut Planung sollen die ersten Baumaßnahmen und die Vermarktung der Grundstücke ab dem 3. Quartal 2024 beginnen. Dazu gehört u.a. auch die Verlagerung des bestehenden und vom BV Hiltrop genutzten Sportplatzes „Am Hillerberg“ zum Ersatzstandort an die Sodinger Straße.In gemeinsamem Antrag regten SPD, Grüne, FDP und Freie Bürger im Bezirk Nord an, die Eckpunkte des Verkehrskonzeptes Bochum-Nord konsequent umzusetzen, um vor allem auch den Schwerlastverkehr zu reduzieren.

Kurz darauf füllten sich die Leserbriefspalten in der WAZ. Die Baugegner befürchteten eine Zerstörung der Umwelt, noch mehr Probleme mit Hochwasser und Überschwemmungen und eine weitere Zunahme des Verkehrs im Norden. Anfang 2019 begann die Initiative „Gerthe-West – so nicht!“ mit der Sammlung von Unterschriften gegen das Bauprojekt. Der NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, die zur Unterzeichnung der Fördervereinbarung nach Gerthe gekommen war, übergab sie ihr Protestschreiben.

Was folgte, waren Ortsbegehungen, Dialoge mit Initiativen, Bürgerversammlungen, Protestmärsche. Die Stadt mühte sich bei diesem sensiblen Thema um Transparenz und Bürgerbeteiligung, doch 2020 vereitelte die Corona-Pandemie Bürgerversammlungen. Dennoch gab es mehrere Workshops, in denen Bürger gemeinsam mit Fachleuten Details entwickelten.