Bochum. Erstmals rückt eine Frau an die Spitze einer Industrie- und Handelskammer im Ruhrgebiet: Kerstin Groß, bislang in Bochum, wechselt nach Essen.
Im Oktober rückt Kerstin Groß an die Spitze der Industrie- und Handelskammer Essen, die Vollversammlung hat sie dazu berufen. Die 44-jährige gebürtige Essenerin hat Raumplanung studiert, gilt aus ausgewiesene Expertin u. a. in den Bereichen Ausbildung und Organisationsstrukturen und ist aktuell stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der IHK Mittleres Ruhrgebiet in Bochum.
Herzlichen Glückwunsch, Frau Groß, zur „Beförderung“. Was erwartet Sie in Essen?
Kerstin Groß: „Vielen Dank. Wenn ich im Oktober meine Arbeit aufnehme, dann erwartet mich eine IHK, die einen Generationenwechsel in der Führung durchläuft. Nicht nur der Hauptgeschäftsführer Dr. Püchel geht in den Ruhestand sondern auch noch drei weitere Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer. Mich erwartet eine sehr engagierte Präsidentin und ein aktives Ehrenamt und ich wünsche mir und hoffe, dass mich positiv neugierige Mitarbeiter erwarten.“
Was nehmen Sie aus Bochum mit?
„Bochum und das mittlere Ruhrgebiet sind der Arbeitsort, an dem ich beruflich ‘erwachsen’ geworden bin. Ich nehme die Verbundenheit mit dieser Stadt und Region, das Herzblut der hier ansässigen Unternehmerinnen und Unternehmer und ich nehme aus der IHK persönliche Beziehungen mit, die auch nach meinem Weggang sicher Bestand haben werden.“
Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung für Bochum in den nächsten Jahren?
„Das ist ohne Frage die Herausforderung, die Covid-19 besonders für den innerstädtischen und stadtteilnahen Einzelhandel und die gesamte Gastronomie-, Event- und Tourismusbranche mitbringt. Das Herz des Bermudadreiecks und der Bochumer Innenstadt ist aus dem Takt geraten. Und da ist es nicht mit einem einmaligen Elektroschock getan, um wieder einen gleichmäßigen, kräftigen Schlag zu erzeugen. Es gibt aber auch so viele positive Beispiele, die zeigen, dass mit ein wenig Kreativität und ‘Um-die-Ecke-denken’ neue Ideen entstanden sind. Für Bochum heißt es: Ärmel hoch krempeln, mit den neuen Rahmenbedingungen arbeiten, Kopfstand machen und Dinge mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten und Zukunft gestalten.“
Die IHK Mittleres Ruhrgebiet hat sich vor gut drei Jahren eine moderne Struktur gegeben und versteht sich als Dienstleister der Unternehmen und der Region. Planen Sie in Essen eine ähnliche Veränderung?
„Tatsächlich ist der Veränderungsprozess der IHK Mittleres Ruhrgebiet schon seit fünf Jahren im Gang. Ich habe in dieser Zeit gelernt, dass jede Organisation eine eigene Kultur hat, besondere Voraussetzungen, eine Prägung durch die Menschen, die in dieser Organisation tätig sind. Ich halte gar nichts von copy&paste. Trotzdem gibt es viele Elemente, die die IHK Bochum zu einer besonderen IHK machen: interdisziplinär arbeitende, hierarchiefreie Teams, neue Formate für das Ehrenamt, persönliche Beziehungen zu den Mitgliedsunternehmen, andere Formate und eine offene Kommunikationskultur untereinander, Werte orientiertes Führen, agile Arbeitsmethoden und an den Megatrends orientiertes Arbeiten. Die eine oder andere Idee habe ich schon, aber erstmal möchte ich die Mitarbeiter in Essen kennen lernen und verstehen, wie die IHK Essen funktioniert. Auch Essen möchte eine moderne, digitale Dienstleisterin sein, die die Funktionen Navigator und Lotse für ihre Mitgliedsunternehmen übernimmt. Das ist in Krisenzeiten wie jetzt auch ein „Pfund“ mit dem alle IHKs arbeiten: Sie bieten Sicherheit und Orientierung. Okay, Bochum bietet auch noch New Work Impulse, Trendscouting, den Fern-Seher und einiges mehr. Ein Auge tränt gerade noch sehr stark, denn Bochum ist und bleibt eine besondere IHK.“