Stiepel. Die Geschichte von Hof Oveney am Kemnader See in Bochum geht bis ins Jahr 1220 zurück. Doch die lang geplanten Feierlichkeiten fielen ins Wasser.
Das Haus Oveney, idyllisch fast direkt am Ufer des Kemnader Sees gelegen, gehört zu den ältesten Restaurants in Bochum. Während das urige Querdielenhaus aus dem Jahr 1874 stammt, ist die Geschichte des einst hier ansässigen Bauernhofs sogar wesentlich älter: Bereits 1220 wurde die Hofstelle erstmals urkundlich erwähnt. Ein kleiner geschichtlicher Abriss dazu findet sich noch heute in der Speisekarte des Lokals.
Somit wäre der Hof Oveney im vergangenen Jahr 800 Jahre alt geworden. Die Feierlichkeiten dazu waren längst geplant: „Wir hatten schon ein ganzes Kulturprogramm mit mehreren Veranstaltungen aufgestellt“, erzählt Anne Behrenbeck, die das traditionsreiche Haus ihrer Vorfahren seit 2009 leitet. „Doch daraus wurde dann nichts.“
800-Jahr-Feier im Haus Oveney in Bochum fällt Corona zum Opfer
Statt gemeinsam mit den Gästen in Kunst & Kultur zu schwelgen und die Geschichte von Haus Oveney in mehreren Kapiteln Revue passieren zu lassen, setzte das Coronavirus seinen Siegeszug fort, und das Restaurant musste in den Lockdown gehen. Nachgeholt werden soll die Feier wohl erst 2024, wenn Anne Behrenbeck ihr 15-Jähriges als Leiterin des Hauses feiert.
Mit Wilhelm Busch zum Kemnader See
Als erste Veranstaltung nach der Corona-Pause plant das Haus Oveney (Oveneystraße 65) einen Theaterspaziergang mit dem Autor und Schauspieler Markus Veith. Unter dem Titel „Wilhelm Busch – Kein Röslein ohne Läuschen“ nimmt er das Publikum mit auf einen kleinen Rundgang voller humorvoller Reime. Er erzählt von Max und Moritz, Balduin Bählmann und anderen bunten Figuren aus dem Busch-Kosmos. Am Mittwoch, 30. Juni, um 17 Uhr, sowie am 21. Juli und 25. August.Daneben ist im Haus Oveney seit Ende Mai gemeinsam mit der Stiepeler Apotheke Meyer ein Corona-Testzentrum eingerichtet. Info: Tel. 0234 / 799 888.
Fast sieben Monate lang, von November bis Ende Mai, war das Haus geschlossen. Auch die 800-Jahr-Feier fiel ins Wasser, was der Chefin besondere Kopfschmerzen bereitete, denn Tradition und das Bewusstsein für die eigene Herkunft stehen im Haus Oveney schon lange an oberster Stelle. Überall im Haus finden sich Hinweise auf die bäuerliche Vergangenheit: Das reicht vom Kellergewölbe, das mindestens 300 Jahre alt sein soll, bis zur Inschrift an der Vorderseite. Dort wird von Emil Behrenbeck und Helene Oveney berichtet: Die Ur-Ur-Großeltern von Anne Behrenbeck bauten ihr Haus neu auf, nachdem es 1872 einem Brand zum Opfer gefallen war.
Die besten Kunden kamen von der Zeche Gibraltar
Auch das gemalte Weinglas im Dachgiebel, an dem so mancher Spaziergänger gewiss schon achtlos vorbeigelaufen ist, erinnert an den kleinen Ausschank, den die Familie einst hier betrieb. „Die Ausgabe funktionierte damals über eine Klappe“, sagt Behrenbeck. „Die besten Kunden waren damals wohl die Arbeiter auf der Zeche Gibraltar direkt nebenan. Stiepel zählte damals noch weit über 100 Gaststätten, von denen die meisten leider nach und nach verschwunden sind.“
Zu einer Zeit also, in der der Kemnader See (1979 fertiggestellt) noch längst nicht geplant war, wurde hier schon kräftig gebechert, damals noch umringt von Hühnern, Schweinen und Kühen. Das Haus schräg gegenüber diente als Backhaus und Hühnerstall. Erst Anne Behrenbecks Eltern trennten sich in den 1960er Jahren von der Landwirtschaft und nutzten ihr Bauernhaus künftig allein als Gaststätte.
Auf den Spuren des Bergbaus und des bäuerlichen Lebens
Mit Anne Behrenbeck zog dann auch viel Kultur ins ehrwürdige Gemäuer ein. Regelmäßig werden hier Lesungen und Konzerte gegeben. Ausstellungen finden hier ebenso statt wie Flamenco-Dinner und Whisky-Tastings – stets mit der jeweils dazu passenden Verköstigung.
Besondere Beliebtheit erlangte ein ausufernder Waldspaziergang: Seit 2017 führen Behrenbeck und die Bochumer Künstlerin Antinea ihre Teilnehmer unter dem Titel „Oveneys Berggeister“ regelmäßig quer durch die Stiepeler Wälder – auf den Spuren des Bergbaus und des bäuerlichen Lebens, die einst den Alltag im „Königreich“ bestimmten. Die nächsten Exkursionen sind für den 12. und 19. Oktober geplant und seien an dieser Stelle wärmstens empfohlen.
Dass endlich wieder Leben ins Haus einkehrt: Darauf setzt Anne Behrenbeck jetzt große Hoffnungen. Die langen Corona-Monate hat das Haus Oveney trotz Zwangsschließung halbwegs überstanden. „Wir konnten sogar unsere Mitarbeiter und die Minijobber weiter bezahlen, worüber wir sehr froh sind“, sagt sie. „Trotzdem war der Lockdown mindestens einen Monat zu lang.“ Gerade mit Beginn des Frühjahrs hätten einige damit begonnen, sich einen anderen Job zu suchen. So gilt auch im Haus Oveney wie derzeit fast überall in der Gastronomie: Servicekräfte werden gesucht.