Bochum. Ein Anwohner ist genervt vom Verkehrslärm an der Königsallee in Bochum-Stiepel. Er will Tempo 50 statt Tempo 70. Die Stadt lehnt das aber ab.

Als Friedhelm Jannett aus Bochum-Stiepel vor einer Woche die WAZ-Meldung von einem Raser auf der Kosterstraße las (161 km/h in Tempo-70-Zone), dachte er auch an den Verkehrslärm wegen Raserei nur ein paar hundert Meter weiter – auf der Königsallee zwischen Markstraße und Haarstraße. In diesem Bereich wohnt er. „Wenn Sie auf der Terrasse sitzen, fällt Ihnen der Kuchen vom Löffel“, sagt er dem Reporter in seinem Haus.

In der Tat: Das Grundstück liegt nur einen Steinwurf von der Königsallee entfernt – und der Geräuschpegel ist beträchtlich.

„Wir haben diesen Bereich schon vor Jahren ,Rennstrecke’ genannt“

Diese Raserei, sagt Jannett und meint den Fall auf der Kosterstraße, „setzt sich täglich auf der Königsallee ab Haarstraße und bis Haarstraße fort. Wir haben diesen Bereich schon vor Jahren ,Rennstrecke’ genannt.“ Nur wenige würden sich dort an die Tempo 70 halten halten. „Seit Jahren weisen wir Anwohner auf diesen Umstand hin.“ Höhere Geschwindigkeit bedeute mehr Lärm und höheres Verkehrsaufkommen und dieses dann ebenfalls wieder mehr Lärm.

„Lärm macht krank“, sagt Jannett.

34.000 Fahrzeuge auf der gesamten Königsallee Bochum pro Tag

Lärmaktionsplan Bochum – Bürger können sich beteiligenDie 2018 statistisch erfassten Zahlen von der gesamten Königsallee, eine Landesstraße, ist gewaltig hoch: 12,3 Millionen Fahrzeuge nutzen pro Jahr diese bekannte Nord-Süd-Verbindung durch die Stadt. Pro Tag sind dies durchschnittlich fast 34.000 Fahrzeuge. Dieses Verkehrsaufkommen wird in Bochum – auf Landesstraßen – nur noch vom Castroper Hellweg (15,3 Millionen pro Jahr) und vom Sheffieldring (17,5 Mio) übertroffen. Allein im Bereich von Jannetts Wohnort fahren nach zuletzt erhobenen Zählungen immerhin noch 21.000 Fahrzeuge pro Tag, davon ist fast jedes zehnte ein Lastwagen.

„Alles kommt von der Kosterstraße hoch“

„Ich bin seit fast drei Jahren Rentner, wache aber trotzdem um 5 Uhr auf, wenn der Verkehr auf der Königsallee losgeht.“ Erst mit den Lkw, etwas später mit den Pkw. Seit dem Ausbau der Kosterstraße habe der Verkehr noch einmal zugenommen. „Alles kommt von der Kosterstraße hoch.“ Zudem liege sein Haus aufgrund des Geländes und der Bebauung in einer Art Trichter, in dem sich der Lärm sammele.

Jannett will, dass auf dem kompletten Streckenbereich zwischen Prinz-Regent-Straße und Haarstraße (Kreisverkehr) Tempo 50 gelten soll.

Bochumer Tiefbauamt hält an Tempo 70 fest

Bei geöffnetem Fenster ist es zeitweise ziemlich laut: Friedhelm Jannett im Wohnzimmer seines Hauses nahe der Königsallee.
Bei geöffnetem Fenster ist es zeitweise ziemlich laut: Friedhelm Jannett im Wohnzimmer seines Hauses nahe der Königsallee. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Er weiß aber auch, dass er dafür ganz dicke Bretter bohren muss, denn zumindest vorläufig ist das Thema vom Tisch. Aufgrund seiner Anregung nach Paragraf 24 der Gemeindeordnung – unterstützt mit den Unterschriften von 22 weiteren Anwohnern der Heintzmannsheide, des Zikadenweges und des Libellenweges – hatte das Tiefbauamt eine Reduzierung des Tempos auf 50 km/h geprüft. Die Antwort im vorigen August war eindeutig: Abgelehnt! Der Ausschluss für Mobilität und Infrastruktur folgte dem.

Polizei will an der Königsallee mehr blitzen

Friedhelm Jannett bedauert, dass die Polizei auf der Königsallee in Stiepel lange nicht geblitzt habe, sondern immer nur in Höhe Knappschaft/Wohlfahrtstraße.Die Polizei räumt dies auf WAZ-Anfrage ein und will deshalb in naher Zukunft auch an der Königsallee zwischen Mark- und Haarstraße das Tempo kontrollieren.

Die Lärmwerte würden deutlich unter den in den Lärmschutzrichtlinien vorgegebenen Werten von 70 Dezibel tagsüber und 60 Dezibel nachts liegen. Auch der neue Asphalt sei lärmmindernd.

Außerdem sei die Unfallsituation dort „unauffällig“, die Königsallee vierspurig ausgebaut und auch für den überregionalen Verkehr bedeutend. Deshalb kämen Tempo-50-Schilder „nach derzeitigen Erkenntnissen nicht in Betracht“.

Jannett sagt allerdings, dass zu Spitzenzeiten Werte von mehr als 90 Dezibel „keine Seltenheit“ seien. „Bei Motorrädern, die mit 100 km/h und mehr hier vorbeidonnern, liegen die Werte dann geschmeidig über 100.“