Bochum. Wer in Bochum baut, darf künftig an Stellplätzen für Autos sparen. So sollen Baukosten und Mieten sinken und die Verkehrswende gefördert werden.
Die Stadt Bochum will weitere Anreize für den Bau von Wohnungen und Büroimmobilien schaffen. Investoren sollen künftig Kosten sparen können, indem sie weniger Stellplätze als heute bauen. Vorausgesetzt werden aber eine gute ÖPNV-Anbindung und/oder ein Mobilitätskonzept. Der Rat soll dazu im Juni eine neue Stellplatzsatzung beschließen.
Bauherren müssen in Bochum weniger Stellplätze bauen
„Die Satzung ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung des Leitbildes Mobilität, ein Beitrag zum Klimaplan und sie unterstützt die Ziele des Handlungskonzeptes Wohnen“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke. Das bislang sehr starre Verwaltungsverfahren, das Stellplätze anhand von Wohneinheiten und Bürofläche berechnete, werde abgelöst durch individuelle Lösungen. „So lassen sich Baukosten verringern.“
„Einfach Stellplätze weglassen, das geht natürlich nicht“, sagt Bradtke. Zwei Faktoren seien entscheidend. Zum einen die Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr – hier soll es Abschläge bis zu 30 Prozent geben. Eine andere Voraussetzung für weniger Parkplätze sei ein Mobilitätskonzept. „Wir erwarten da keine Doktorarbeit, aber auch kein Konzept auf einem Bierdeckel.“ Car-Sharing, Fahrradabstellanlagen, ÖPNV-Tickets für Beschäftigte oder Mieter seien denkbar, so der Stadtbaurat.
Als Beispiel nennt Bradtke den Bau eines Wohnquartiers mit 300 Wohneinheiten. Nach alter Berechnung müsse ein Investor heute 342 Stellplätze ausweisen. Nach der neuen Satzung könnten es bei Abschlägen von 30 Prozent nur noch 240 sein. Die Ersparnis für den Bauherren liegt bei Kosten für einen Tiefgaragenplatz in Höhe von 30.000 Euro bei rund drei Millionen Euro.
CDU kritisiert autofeindliche Politik der Koalition
Papier sei geduldig, heißt es bei der CDU. „Wir müssen für die Zahl der Stellplätze das reale Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger zugrunde legen“, sagt Fraktionsvize Roland Mitschke. „Die Zahl der Pkw-Anmeldungen und Führerscheine steigt seit Jahren.“ Die geforderten Konzepte gebe es im Übrigen heute schon – und zwar dort, wo es Sinn mache, zum Beispiel bei Fahrradgaragen am Studentenhochhaus in Bahnhofsnähe.
Geld statt Stellplätze
Mit der neuen Stellplatzsatzung einhergehen soll eine Aktualisierung der Ablösesatzung. Bauherren, die keine Stellplätze bauen können, zahlen bislang bis zu 8300 Euro für nicht realisierte Parkplätze. Künftig soll der Höchstbetrag bei 10.000 Euro liegen.Die Einnahmen sollen zudem nicht wie bislang in die Parkraumbewirtschaftung fließen, sondern in nachhaltige Konzepte der Verkehrswende im Bereich, Parken, ÖPNV und Radverkehr. Stichworte dazu sind Car-Sharing, Lastenräder und Fahrradgaragen.Im Jahr 2020 nahm die Stadt rund eine Viertel Million Euro durch die Ablösen ein. 2019 waren es aber nur 70.000 Euro, 2014 gar nur 16.000 Euro.
Mitschke: „Das kann man aber nicht durchgängig anwenden. Zumal das ÖPNV-Angebot in Bochum nicht so ist, dass die Bürger vor Freude in die Hände klatschen.“ Insbesondere die ältere Generation sei auf das Auto angewiesen. Die geplante Stellplatz-Satzung sei „von Ideologie getrieben und ein weiterer Beweis für die autofeindliche Politik der Koalition“.
Die mögliche Kostenersparnis für Investoren hält der Christdemokrat für „Etikettenschwindel“. Wer Immobilien baue, berechne die Investition auf 30 bis 40 Jahre, Kosten für Stellplätze seien daher weitgehend zu vernachlässigen. Mitschke: „Die hohe Grundsteuer belastet Mieter mehr.“
Rot-Grün begrüßt neue Satzung: „Sehr gutes Instrument“
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Die rot-grüne Mehrheit im Rat der Stadt Bochum begrüßt indes die geplante Satzung. Insbesondere die individuelle Betrachtung der Bauvorhaben gefällt Raphael Dittert (Grüne). „Man muss doch in der Innenstadt nicht den gleichen Stellplatzschlüssel wie in Stiepel anwenden“, sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Mobilität und Infrastruktur.
Die Diskussion um Quartiersgaragen im Ostpark habe gezeigt, wie gut neue Konzepte bei Bauvorhaben funktionieren können. „Man weiß ja auch, wo man hinzieht“, so Dittert. Für ein „sehr gutes Instrument“ hält der Grünen-Politiker die ebenfalls geplante neue Ablösesatzung. „Bislang floss das Geld ausnahmslos in die Parkraumbewirtschaftung. Künftig wird es zielgerichtet für nachhaltige Mobilitätskonzepte verwendet.“