Bochum. Museumsdirektor Hans Günter Golinski geht in Rente. Im WAZ-Interview blickt er auf seine Zeit in Bochum zurück. Und verrät, was er nun vor hat.
Das Kunstmuseum Bochum bekommt erstmals in seiner über 60-jährigen Geschichte eine Chefin: Im Juni 2021 tritt Noor Mertens ihren Dienst in Bochum an. Die 36-Jährige folgt auf Hans Günter Golinski, der zum 31. Dezember in den Ruhestand tritt. Im WAZ-Gespräch blickt der 66-Jährige promovierte Kunsthistoriker auf über 30 Jahre in Bochum zurück.
Sie kamen 1989 als Kustos ans Museum, 1997 wurden Sie dessen Direktor. Was empfinden Sie beim Abschied nach so langer Zeit?
Hans Günter Golinski: Ich bin nicht wehmütig, habe mich gedanklich lange auf den Abschied vorbereiten können. Eigentlich wäre ich ja schon früher in Rente gegangen, aber ich war gebeten worden, ein paar Monate dranzuhängen, bis die Nachfolge geregelt war.
Hier den WAZ Corona Newsletter abonnieren
Nun steht diese mit Noor Mertens fest. Was für ein Haus übergeben Sie ihr?
Ein Kunstmuseum, das seinen Platz im Kreis der Ruhrgebietsmuseen gefestigt hat. Bochum konnte nie in Konkurrenz zu Folkwang oder Von der Heydt stehen, deshalb war es mir wichtig, ein eigens Profil zu schaffen. Internationalität würde ich da als Schlagwort nennen. In der Ausstellungsplanung habe ich den Blick nach Südafrika, nach Kolumbien, aber auch nach Israel gerichtet.
Welche Expositionen waren Ihnen besonders wichtig?
Die großen Präsentationen „Kunst aus Südafrika“ und „ZEN und die westliche Kunst“, weil sie aufregend waren und fremde Kulturkreise erschlossen. Die Kuno-Gonschior-Retrospektive fällt mir ein, aber auch die Pina-Bausch-Ausstellung, ein Publikumsrenner. Damals wurde das Museum mit Bildern und Kulissen aus Produktionen der großen Tänzerin ausgekleidet.
Das Museum ist aktuell gut aufgestellt, das schien nicht immer so. Sicher war die Debatte über eine Schließung schwierig für Sie?
Ja, vor allem, weil sie trotz der widrigen Haushaltslage 2012 aus heiterem Himmel kam. Ein Museum schließen zu wollen, das schien nicht nur mir ein abwegiger Gedanke zu sein. Die Besucher/innen sahen das genauso. Wir erfuhren viel Solidarität, später auch aus der Politik. Heute kann ich sagen, dass das Museum aus diesem Ringen gestärkt hervorgegangen ist.
Sie haben stets die Alltagsnähe betont, wollten nie einen „Elfenbeinturm“ der Kunst.
Ziel war immer, das Museum für die Stadtgesellschaft zu öffnen. Wir sind als kommunales Haus nicht nur der hehren Kunst verpflichtet, sondern haben auch einem Bildungs- und Vermittlungsauftrag. Durch Veranstaltungen, etwa Jazz-Konzerte, vor allem aber durch unsere museumspädagogische Arbeit sind wir dem nachgekommen. Das Museum ist mitten in Bochum angekommen, und wird auch so wahrgenommen. Darüber bin ich sehr froh.
Auf immer wird Ihre Direktion mit der Eröffnung der Eigenen Sammlung verbunden bleiben. Macht Sie das stolz?
Am Ende war ich sehr glücklich, dass die Kunstwerke in der Villa Marckhoff-Rosenstein so hervorragend präsentiert werden können. Ich kam als Kustos für eben diese hochkarätige Sammlung nach Bochum, seit Urzeiten gab es den Wunsch, sie nicht nur auszugsweise, sondern dauerhaft zu zeigen. Super, das das gelungen ist!
Wie werden Sie den Ruhestand nutzen?
Ich unterhalte seit Jahren persönliche Kontakte zur künstlerischen Szene in Israel, die möchte ich noch vertiefen. Dazu gehört, Hebräisch zu lernen. Ich habe mich schon für einen Sprachkurs angemeldet.
Weitere Nachrichten aus Bochum finden Sie hier