Bochum. Nach 87 Jahren endete die Geschichte des Familienunternehmens Dewender in Bochum. Nun streiten sich Vater und Sohn sogar noch vor Gericht.
Wenige Wochen nach der Insolvenz der Josef Dewender Lebensmittelgroßhandlung GmbH steht das Firmengelände in Bochum zum Verkauf. Überschattet wird die Abwicklung des Traditionsunternehmens von einem Streit in der Familie Dewender.
Und der wird mittlerweile vor Gericht ausgetragen. Dabei geht es um die Immobilien und das 120.000 Quadratmeter große Firmengelände an der Darpestraße in Hamme sowie um Anträge auf einstweilige Verfügungen: die von Senior-Chef Hans-Josef Dewender gegen seinen Sohn Stephan, dem er das Geschäft Anfang des Jahres übertragen bzw. nach Auskunft des Landgerichts auch Grundstück und Immobilien verkauft hatte, und die von Stephan Dewender gegen seinen Vater. Der „Junior“ habe später, so Katja Nagel, Richterin und Pressesprecherin beim Landgericht Bochum, den notariellen Kaufvertrag „wegen arglistiger Täuschung angefochten“.
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Täglich mehr als 9000 Artikel geliefert
Als daraufhin der Vater dem Sohn den Zutritt zum Areal verweigert habe, ging es vor Gericht: Erst beantragte Stephan Dewender eine einstweilige Verfügung gegen das Verbot des Zutritts – mit Erfolg. Dann scheiterte Hans-Josef Dewender mit dem Versuch, die „Wiedereinsetzung des Alleinbesitzes“ und die Möglichkeit zu erlangen, potenziellen Käufern das Gelände zu zeigen.
Es geht um ein insgesamt 120.000 Quadratmeter großes Areal mit den auf den Lebensmittelgroßhandel zugeschnittenen Bereichen Trockenlager, Kühlhaus und Tiefkühlhaus . Mehr als 9000 Artikel wurden täglich mit der Lkw-Flotte von Dewender aus Hamme vorwiegend zu Großküchen von Krankenhäusern, Altenheimen, Kliniken, Sanatorien, Kantinen, Jugendherbergen und Systemkunden in die ganze Republik transportiert.
Senior will alles verkaufen
„Es ist geplant, das gesamte Gelände mit den Immobilien zu verkaufen“, sagt Hans-Josef Dewender, der 79-jährige frühere Chef des Unternehmens. Er sei zuversichtlich, dass der Verkauf bereits in naher Zukunft erfolge. Das Firmenareal liegt verkehrstechnisch günstig an der A 40. Dewender senior bestätigt, dass sein Sohn Stephan, der den Familienbetrieb weiterführen sollte und stattdessen nach nur wenigen Monaten damit Insolvenz anmelden musste, nun seinen eigenen Betrieb DFS Dewender Food Service in der Immobilie an der Darpestraße betreibt. „Er ist da einfach eingezogen. Das war so nicht abgesprochen.“
Das sieht der Sohn anders. „Stephan Dewender und die DFS Dewender Food Service GmbH & Co. KG sind
Mehr als 35 Millionen Euro Jahresumsatz
Die Josef Dewender Lebensmittelgroßhandlung hat im vergangenen Jahr noch einen Umsatz zwischen 35 und 38 Millionen Euro erzielt.
Nach der Insolvenz hat es, so die Insolvenzverwalterin Dorothee Madsen, viele Gespräche mit Interessenten gegeben.“ Zu einer erfolgreichen übertragenen Sanierung konnte es leider nicht mehr kommen, da die große Kunden wie Altenheime und Krankenhäusern bereits kurz vor Insolvenz-Antragstellung zu Konkurrenten abgewandert waren.“
zur Nutzung des Grundstückes an der Darpestraße berechtigt“, so dessen Anwalt Frank Reister gegenüber der WAZ. Er verweist auf die einstweilige Verfügung vom 30. Oktober und auf ein Urteil des Landgerichts Bochum vom 13. November 2020.
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Vier Millionen Euro Schulden
Nicht nur in dieser Sache sind Vater und Sohn unterschiedlicher Auffassung. Die Insolvenz seines früheren Betriebes führt Hans-Josef Dewender darauf zurück, dass sein Sohn „die Kunden wohl nicht mehr so bedient hat, wie sie es gewohnt waren“. Der Anwalt von Stephan Dewender wiederum sagt: „Stephan Dewender hatte das operative Geschäft mit seiner neuen Gesellschaft erst im März/April 2020 übernommen. Die Lasten der Vergangenheit standen letztlich einer Fortführung entgegen. Bis zum Schluss wurden zähe Verhandlungen mit dem Ziel geführt, das Sanierungskonzept plangerecht zu realisieren. Hinzu kamen Schwierigkeiten, die branchenübergreifend auf die Corona-Krise zurückzuführen sind.“ Insolvenzverwalterin Dorothee Madsen sprach gegenüber der WAZ von vier Millionen Euro Schulden.
In der ehemaligen Belegschaft macht derweil die Runde, der frühere Streit zwischen Vater und Sohn, der zwischenzeitlich beigelegt schien und in die Firmenübergabe an Stephan Dewender mündete, könnte der wesentliche Grund für die schnelle Insolvenz gewesen sein. „Der Junior wollte dem Senior eins auswischen“, so ein früherer Mitarbeiter in Leitungsfunktion. „Als Unternehmer reagiert man doch, wenn die Mengen und Umsätze dramatisch zurückgehen. Aber Stephan Dewender hat keine Anstalten gemacht, neue Kunden zu gewinnen, hat keine Kurzarbeit beantragt und auch den großen Fuhrpark unverändert beibehalten, obwohl der so gar nicht mehr gebraucht wurde.“
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