Bochum. Am Schauspielhaus Bochum hat Yasmina Rezas „Drei Mal Leben“ Premiere. Zwei Ehepaare wollen einen netten Abend haben, aber daraus wird nichts.
Dem Schauspielhaus wird oft nachgesagt, sehr auf „Anspruch“, weniger auf „Unterhaltung“ zu setzen. Für die nächste Premiere gilt das nicht. Martina Eitner-Acheampong bringt in Bochum „Drei Mal Leben“ heraus, eine 2000 uraufgeführte, zeitlos-moderne Komödie von Yasmina Reza.
Reza gilt als Meisterin des gehobenen Boulevards, ihre Stücke wie „Der Gott des Gemetzels“ oder „Kunst“ werden seit Jahrzehnten auf den Bühnen dieser Welt gespielt, was gewiss für deren Qualität spricht. Die Regisseurin sieht das genau so: „Drei Mal Leben’ ist sicher keine knallige Komödie, eher ein Gesellschaftsstück mit einem gewissen philosophischen Tiefgang.“ Gleichwohl habe es sie gereizt, gerade auch die komischen Momente des Schauspiels hervorzukitzeln.
Eigentlich ein ganz normaler Abend….
Worum geht’s? Ein fast normaler Abend. Henri und Sonja sind zu Hause. Da klingelt es. Die erst für morgen erwarteten Gäste stehen vor der Tür: eine Katastrophe. Nichts ist vorbereitet, Sonja und Henri sind nicht entsprechend angezogen, es gibt nichts, was man anbieten könnte.
Die Gäste sind die Finidoris, Hubert und Ines, die bereits auf dem Weg zu ihrer Einladung keinen harmonischen Eindruck machen und sich über eine Laufmasche streiten. Der berühmte Astrophysiker Hubert soll Henri – ebenfalls Kosmologe, aber mit stockender Karriere – zur Beförderung verhelfen. Anlass ist Henris Artikel über die Beschaffenheit des galaktischen Halos, ein kosmischer Tatort, an dem sich die turbulente Vergangenheit der Milchstraße rekonstruieren lässt. Der Abend ist also wichtig, vielleicht sogar entscheidend.
„Das Stück variiert diesen Abend drei Mal: Zwei Paare treffen sich, sitzen im selben Raum, essen und trinken dasselbe und sprechen über dieselben Themen“, verrät die Regisseurin. Und doch verläuft das Treffen jedes Mal anders; genau das sei die Herausforderung von „Drei Mal Leben“.
Angst und Einsamkeit werden deutlich
„Drei Mal kämpfen sich die vier durch ihre Leben, durch ihre Ehen, durch ihre Karrieren. In den Gesprächen über das Universum und die menschliche Existenz werden Angst und Einsamkeit deutlich“, sagt Eitner-Acheampong. Dabei kommt es zu überraschenden Wendungen, wechselnden Bündnissen, immer neuen Stufen der Eskalation. Zur nachdenklichen Erheiterung des Publikums.
Theaterarbeit als Forschungsarbeit
„Der Augenblick, in dem Menschen sich begegnen“, habe sie interessiert sagt die Regisseurin. Um das Ganze bühnengerecht – und eben nicht wie Fernseh-Realismus – einzurichten, bedarf es neben eines schlüssigen Bühnen- und Regiekonzepts der Schauspieler, die Rezas messerscharfen Dialoge, ihre temporeichen Situationen und ihre ebenso unterhaltsamen wie tragischen Geschichten ausleuchten und ausformen können. Es sind dies Sascha Nathan, Karin Moog, Jele Brückner und Oliver Möller.
„Ich bin sehr froh, mit diesen vier Künstlern zu arbeiten“, sagt Martina Eitner-Acheampong. Hier werde Theaterarbeit zu Forschungsarbeit, gerade, wenn es darum gehe, Rezas Figuren „aus dem Klischee herauszuholen“.
>>> Die Premiere am 2. Oktober sowie die Vorstellungen am 3., 4., 16., 17. und 18. Oktober sind ausverkauft. Coronabdingt stehen jeweils nur 207 Plätze im Großen Haus zur Verfügung. Weitere Aufführungen folgen im Dezember. Info & Restkarten unter 0234 3333 5555.
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