Bochum. „Wir zahlen drauf“, klagt ein Händler auf dem Bochumer Weihnachtsmarkt. Die Stadt lobt: 2G wird eingehalten. In den Clubs wächst die Sorge.
Günther Bonrath verkauft Süßes – und ist mächtig sauer. Auf „80 Prozent, mindestens,“ schätzt er das Umsatzminus, das er auf dem Bochumer Weihnachtsmarkt einfährt. Lockdown? Vorzeitiger Abbruch? „Für die meisten von uns wäre das inzwischen keine Katastrophe“, sagt der Schausteller. „Dann könnten wir wenigstens wieder die staatlichen Hilfen beantragen.“
Seit zwei Wochen läuft der Festmarkt in der Innenstadt. Während sich die Stadtwerber der Bochum Marketing GmbH als Veranstalter in einer ersten Bilanz zufrieden zeigten, zeichnet eine WAZ-Befragung ein differenziertes Bild. Auf den großen Plätzen ist zwar längst nicht so viel los wie in früheren Jahren. „Aber da läuft’s noch halbwegs ordentlich“, weiß Günther Bonrath. Auf dem Boulevard hingegen, wo er seinen Süßigkeitenstand betreibt, herrsche „meistens tote Hose. Maskenpflicht und 2G schrecken die Leute ab. Die Standgebühr hole ich nicht rein. Wir zahlen täglich drauf.“
Stadt: Glühwein-Händler nehmen Kontrollen ernst
Hafida Arbib hat sich ihr sonniges Gemüt bewahrt. Auch in ihrem angestammten Glühweinzelt an der Schützenbahn ist es selbst an den Wochenenden weniger voll als in Vor-Corona-Zeiten. Aber das sei allemal besser als eine vorzeitige Schließung: „Wir warten ab und genießen jeden Tag, an dem wir öffnen dürfen.“
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Die eingezäunten Ausschankbetriebe stehen nicht nur vor einer wirtschaftlichen Herausforderung. Sie müssen am Einlass auch die 2G-Regel bei ihren Gästen überprüfen: per „Fast-Lane“-Bändchen oder Vorzeigen des Impfnachweises. Das machen sie nach Angaben der Stadt höchst verantwortungsvoll. „Bei insgesamt 186 Kontrollen waren keine Verstöße festzustellen“, teilt Sprecher Thomas Sprenger auf WAZ-Anfrage mit. Nur an einem Stand habe es an einem Tag keine Kontrollen gegeben. „Dazu wurde eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gefertigt.“
In der „Zeche“ gehen wieder die Lichter aus
Noch akribischer mussten zuletzt die Security-Mitarbeiter in den Clubs und Diskotheken vorgehen. Dort gilt 2G plus. Heißt: geimpft, genesen und zusätzlich getestet. „Das klappt sehr gut“, berichtet Claus Dürscheidt, Geschäftsführer der „Zeche“. Die Jugendlichen, die samstags in den Club strömen, hätten nahezu alle einen frischen Test bei sich gehabt. Nur beim älteren Freitags-Publikum habe es einige Besucher ohne Nachweis gegeben.
Bisher keine Verstöße gegen 2G festgestellt
Nicht nur die Glühweinhändler, sondern auch die Besucher auf dem Weihnachtsmarkt halten sich an die 2G-Regel. Das teilt die Stadt mit.Bei den bisher durchgeführten stichprobenartigen Kontrollen seien keine Verstöße festgestellt worden. Wer überprüft wurde, war entweder geimpft oder genesen und konnte das auch dokumentieren.Die Maskenpflicht hingegen wird weniger ernst genommen. Laut Stadt wurden bis jetzt 62 Anzeigen wegen fehlender Masken geschrieben.
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Die „Zeche“ will reagieren und an diesem Wochenende eine eigene Teststation aufbauen. Dazu würde es bei einer landesweiten Schließung der Tanztreffs nicht mehr kommen.
Club-Chef in Sorge: Kehrt das Personal zurück?
Zwei Herzen schlagen in seiner Brust, sagt Claus Dürscheidt. „Mit Blick auf die Entwicklung der Pandemie wäre eine Schließung die richtige Entscheidung. Unternehmerisch wäre es eine Katastrophe.“ Zwar könne man bis Ende März 2022 Staatshilfen beanspruchen. „Doch seit dem Neustart im Oktober hatten wir es mühsam geschafft, einen neuen Personalstamm aufzubauen. Jetzt drohen Kurzarbeit und Entlassungen. Ich frage mich: Kommen diese Leute noch einmal wieder?“