Bochum. Ein starkes Zeichen: 150 Menschen forderten Montag vor dem Rathaus die türkische Justiz auf, Mahmut Güneş freizulassen. Dienstag urteilen Richter.
Am Dienstag ab 9.30 Uhr muss sich der Bochumer Mahmut Güneş in der Türkei vor einem Gericht verantworten. Der türkische Staat wirft dem Deutschen mit kurdischen Wurzeln Propaganda für eine Terrororganisation vor. Seit dem 31. Juli sitzt er im Gefängnis. Am Vorabend der Verhandlung versammelten sich rund 150 Menschen vor dem Rathaus in Bochum und forderten die Freilassung des Pizzabäckers.
„Ich hoffe, Papa kommt frei und darf nach Deutschland ausreisen.“ Im Gespräch mit der WAZ schildert Tochter Zeliah Güneş ihre Hoffnungen für Dienstagmorgen. Ihrem Vater gehe es laut Tante und Oma gut. Die beiden Frauen hatten den 46-Jährigen vor knapp zwei Wochen im Gefängnis besucht.
150 Menschen bei Mahnwache für Bochumer in türkischem Gefängnis
„Wir fordern die Einhaltung von Menschenrechten“, sagt Axel Schäfer. Der SPD-Bundestagsabgeordnete ist ebenso zur Mahnwache gekommen wie seine Abgeordnetenkollegen Max Lucks (Grüne) und Olaf in der Beek (FDP). Das Trio kündigt eine gemeinsame Protestnote aller Bochumer Abgeordneten an. Mit Kopie an Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Lucks kritisiert, dass Merkel auf ihrer Abschlussreise Freitag auch die Türkei besuchen will, obwohl in Gefängnissen dort mehr als „50 politische Geiseln“ wie Mahmut Güneş festsitzen. Anlass für die Verhaftung des Bochumer Bürgers sind regierungskritische Beiträge, die er in Sozialen Medien geteilt hatte. Themen waren der Einmarsch der Türkei in Nordsyrien und Menschenrechtsverletzungen der Regierung Erdogan.
Kritik an Kanzlerin Merkel und der Türkei-Politik der Bundesregierung
„Mit dem Ende dieser Regierung muss sich die Türkei-Politik ändern“, fordert Lucks. Und er stellt klar: „Der Einmarsch der Türkei in Nordsyrien war ein Rechtsbruch, die freie Meinungsäußerung ist das nicht.“
Bochumer in türkischem Gefängnis- Nun spricht seine TochterDrei weitere Bochumer mit alevitischen und kurdischen Wurzeln, Sozialarbeiter und Selbstständige, sitzen den Grünen zufolge in der Türkei fest, weil ihnen die Pässe abgenommen wurden. Auch sie hatten in Sozialen Medien Inhalte gepostet, die der türkischen Justiz missfallen.
Zehn Monate in einem türkischen Gefängnis gesessen hat auch der gebürtige Bochumer Adil Demirci, der aus Köln zur Mahnwache gekommen ist. „Ich hatte meine kranke Mutter in der Türkei besucht und wurde am Ende meines Urlaubs verhaftet“, sagt er. Die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation habe man ihm vorgeworfen. Erst nach zwei Gerichtsterminen sei er freigekommen.
Breites Bündnis fordert „Freiheit für Mahmut Güneş“
Zu der Mahnwache am Montag hatte ein breites Bündnis aufgerufen. SPD, Grüne, CDU, Linke, FDP, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), evangelische und katholische Kirche, Bahnhof Langendreer, die Vereine IFAK und Bonem, die Jesidische Gemeinde und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) gehören zu den Unterzeichnern eines Aufrufs im Internet. „Freiheit für Mahmut“ lautet die unmissverständliche Botschaft.
„Das ist ein schönes Gefühl“, freute sich am Abend Zeliah Güneş über die breite Solidarität der Bochumer.