Bochum. Zum Impfstart für das Klinik-Personal sind in Bochum Klinik-Manager und deren Angehörige geimpft worden. Leih-Pflegekräfte warten bis heute.
Die Zahl der Fälle in Deutschland, die zeigen, dass sich Menschen aufgrund ihrer Position oder Kontakte bei der Corona-Impfung vordrängeln, steigt täglich. Auch in den Augusta-Kliniken Bochum sind gleich zum Impfstart für das medizinische Personal Führungskräfte ohne Patientenkontakt und sogar „betriebsfremde Personen“ geimpft worden. Das räumt die evangelische Klinik auf Anfrage ein.
Augusta-Klinik Bochum impft „betriebsfremde Personen“
Nach WAZ-Informationen erhielten den Impfstoff von Biontech in der Zeit vom 18. bis 20. Januar neben Mitgliedern der erweiterten Führungsebene des Hauses auch ein Elternteil und ein Ehemann von Beschäftigten in der Augusta-Chefetage. Der besagte Ehemann war jahrelang Leitender Angestellter an der Bergstraße in Bochum. Alle diese Menschen war zu diesem Zeitpunkt nicht impfberechtigt. Das Vakzin war ausschließlich für Beschäftigte vorgesehen, die aufgrund ihrer Tätigkeit ein erhöhtes Covid-19-Risiko haben.
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Augusta-Mitarbeiter werfen der Krankenhausleitung in einem anonymen Schreiben an die WAZ „klüngelhaftes Verhalten“ vor. Der Impfstoff werde quasi „unter der Hand“ vergeben. „Tagtäglich sind Reinigungskräfte, Pflegepersonal, Ärzte und sonstige Mitarbeiter einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt und warten auf den lange ersehnten Impfstoff. (…) Dass Personen in Führungspositionen ihre privilegierte Stellung so schamlos ausnutzen, macht uns wütend.“
Klinik-Chef verweist auf Datenschutz und kommentiert Vorwürfe nicht
„Zu diesen Spekulationen äußere ich mich nicht“, sagt Augusta-Geschäftsführer Thomas Drahten. Auskunft zu konkreten Personen könne er aus Gründen des Datenschutzes nicht geben. Zum Start der Impfungen sei die Bereitschaft der Beschäftigten, sich impfen zu lassen, aber lediglich „auf einem mittleren Niveau“ gewesen. Um Impfstoff nicht verfallen zu lassen, seien in Einzelfällen Ausnahmen gemacht worden. „Wir haben grundsätzlich immer ordnungsgemäß gehandelt.“
In einer Stellungnahme erläutert die Klinik ihre Vorgehensweise: „In der Regel müssen pro Impftag bis zu zehn kurzfristig abgesagte Termine neu besetzt werden (teilweise abends innerhalb von 20 Minuten). Bestand die Gefahr, dass vorbereiteter, bereits aufgezogener Impfstoff hätte verworfen werden müssen, wurde - gemäß Vorgaben und Empfehlungen des Landesministeriums – eine pragmatische Lösung, wie auch in anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens, zur Verimpfung gefunden. Das bedeutet: Nur in dieser zeitkritischen Situation sind in Einzelfällen auch betriebsfremde Personen geimpft worden. Dadurch wurde gewährleistet, dass kein Impfstoff verfallen ist, wie auf Bundes- und Landesebene ausdrücklich gewünscht.“
Dieses Verfahren scheint in den Augusta-Kliniken bis heute zu gelten. Für nicht wahrgenommene Termine gibt es nach Auskunft des Hauses eine „Nachrückerliste“, auf der berufsübergreifend Personen stehen – wie es heißt vom Ärztlichen Dienst über den Reinigungsdienst bis hin zur Verwaltung. „Durch das Nachrückverfahren kommt es dazu, dass Personen niedriger Prioritätsstufen vor Personen höherer Prioritätsstufen geimpft werden, zum Beispiel wenn letztere nicht innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne verfügbar sind“, teilt die Klinik mit.
Leiharbeiter von der Covid-19-Station sind bis heute nicht geimpft
Bis heute nicht geimpft sind indes Leiharbeiter, die im Augusta seit Monaten Covid-19-Patienten behandeln. „Das ist ein Riesenproblem, eine extrem unbefriedigende Situation“, sagt Thomas Drahten. „Zu den Zeitarbeitern gibt es bislang keine Regelung. Wir haben einen Fall gehabt, dass ein Mitarbeiter, der einen Termin im Impfzentrum hatte, wieder nach Hause geschickt worden ist – mit der Begründung, er müsste im Krankenhaus geimpft werden.“
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Fast ein Dutzend dieser Mitarbeiter hat seine Impfbereitschaft nach WAZ-Informationen schriftlich dokumentiert. Warum sind die Leiharbeiter also nicht längst über die hausinterne Nachrückerliste geimpft worden? „Wenn Personen da und impfbereit gewesen wären, wäre das erfolgt“, sagt Drahten. „Häufig sind die Personen aber abends nicht mehr im Haus.“ Erschwert werde die Situation durch das Pendeln dieser Kräfte. „Wenn sie montags im Josef, dienstags im Augusta und mittwochs im Bergmannsheil arbeiten, wie soll das geregelt werden?“
Bergmannsheil Bochum bietet allen Zeitarbeitern eine Impfung an
Im Bergmannsheil Bochum ist das geregelt. Allen Zeitarbeitern wird die Impfung angeboten. „Auch diese externen Beschäftigten werden gemäß ihres Einsatzortes und ihrer Tätigkeit genauso priorisiert wie die fest angestellten Beschäftigten unserer Klinik. Maßgeblich für die Einstufung ist dabei unter anderem das persönliche und kumulative Infektionsrisiko des Beschäftigten – das kumulative Infektionsrisiko bezieht sich beispielsweise auf die Häufigkeit und Dauer der Arbeit an Covid-Patienten“, teilte das Bergmansheil auf Anfrage mit.