Bochum. Parkplätze weg, Außenplätze her: In der Corona-Krise können Restaurants zusätzliche Freiflächen nutzen. In Bochum geht das erste Lokal voran.
16 Längenmeter misst das Holzpodest, das dem „Grünen Gaul“ zusätzliche Auslauffläche verleiht. „Wir sind der Stadt dankbar, dass das möglich ist“, sagen Lukas Rüger und Seron Bahtijari, Inhaber des Restaurants im Ehrenfeld. Für die neue Außenterrasse dürfen drei Parkplätze auf der Oskar-Hoffmann-Straße weichen. Ein Akt kommunaler Krisenhilfe für die taumelnde Gastronomie.
Nach einem Zwischenspiel im Sommer/Herbst 2020 ist das Gastgewerbe seit einem halben Jahr geschlossen. 60 Prozent der 6000 Festangestellten in Bochum befinden sich in Kurzarbeit, viele Mini-Jobber seien gleich ganz entlassen worden, warnte Ina Korte-Grimberg, Landesbezirkssekretärin der Gewerkschaft NGG, jetzt bei einer virtuellen Gesprächsrunde der drei Bochumer SPD-Landtagsabgeordneten. Wie lange der Lockdown anhält? Ungewiss. Sicher aber erscheint: Die Außengastronomie wird den Anfang machen. „Darauf muss man sich frühzeitig vorbereiten“, betont Lukas Rüger.
Erstes „Parklet“ in Bochum: In der Krise zählt jeder Außenplatz
Der 2018 eröffnete „Grüne Gaul“ bietet auf dem Bürgersteig an der Ecke Alte Hattinger Straße/Oskar-Hoffmann-Straße Außenplätze für 50 Gäste. „Wenn’s wieder losgeht, zählt jeder Platz“, so Rüger und erinnert an „-zig runde Tische, bei denen die Stadt beschworen hat, uns Gastronomen zu unterstützen: unbürokratisch und empathisch“.
Im November 2020 nahmen die „Gaul“-Rittmeister die Verwaltung beim Wort. Sie beantragten ein „Parklet“: ein Holz-Aufbau auf öffentlichem Grund, der anfangs für beide Straßenabschnitte des Ecklokals geplant war. „Wir zogen das „Parklet“ an der Alten Hattinger Straße aber wenig später zurück, in der Hoffnung, dass es dann schneller geht“, berichtet Lukas Rüger.
Wirte loben: Stadt hat ihr Versprechen eingelöst
Allzu fix waren die Behörden zwar dennoch nicht. Ein knappes halbes Jahr sei verstrichen, ehe die Baugenehmigung erteilt wurde. Auch Verwaltungsgebühren seien angefallen, „ganz normal“. Immerhin: Dass drei öffentliche Stellplätze für eine Außengastronomie „geopfert“ werden, sei bemerkenswert. Und das im dicht besiedelten Ehrenfeld mit chronischer Parkplatznot. „Die Stadt hat ihr Versprechen eingelöst“, loben Rüger und Bahtijari, die u. a. auch das „Livingroom“ und „Franz Ferdinand“ betreiben.
Das Parkschild ist mit einer Plastiktüte verhangen. Am Straßenrand prangt nun das Holzpodest, auf das sechs Tische mit jeweils vier Stühlen passen. „Zusammen mit den bestehenden Außenplätzen kommen wir damit auf die Kapazität im Innenraum“, so Rüger. Das sei enorm wichtig, um die so ersehnte Sommersaison als Open-Air-Geschäft unter Corona-Bedingungen wirtschaftlich zu gestalten.
Anwohner zeigen Verständnis
Die Sorge vor Anwohnerprotesten sei bisher unbegründet gewesen, schildern die Inhaber. Dabei hatten sie vorgebeugt. „Wir wissen, dass nicht alle unsere Nachbarn es gut finden, wenn rarer und umkämpfter Parkraum wegfällt. Dafür haben wir großes Verständnis“, heißt es auf einem Anschreiben, das auch auf Facebook veröffentlicht wurde.
Doch der Widerstand von Autofahrern blieb in den vergangenen Tagen aus. Im Gegenteil. Auf Facebook gibt es durchweg positive Kommentare. „Lieber ein gutes Essen als ein Parkplatz“, schreibt Anja Fuchs. Sophie Sambale freut sich „auf den ersten Wein auf der neuen Terrasse. Wer sich darüber beschwert, hat echt nichts verstanden“. Karim Ray staunt: „Und das in Bochum. Wer hätte das gedacht.“
Stadt erwartet weitere Anträge
Lukas Rüger und Seron Bahtijari verstehen sich als Vorreiter. Die „Parklets“ seien „eine Riesenhilfe für alle Betriebe ohne große Terrassen“. Das Interesse indes hält sich noch in Grenzen. Wie die Stadt mitteilt, ist der „Grüne Gaul“ bisher das einzige Bochumer Lokal mit erweitertem Freisitz. „Wir erwarten aber weitere Anträge, die dann im Einzelfall geprüft werden“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk.
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