Oberhausen. Das Kirchenzentrum am Centro ist nach Jahren wieder offen. Die Oase der Ruhe inmitten der Konsumwelt begrüßt alle Gläubigen und Ungläubigen.

Sie haben diesen besonderen Ort vermisst, das konnte man den Gästen bei der Wiedereröffnung des ökumenischen Kirchencafés auf dem Gelände des Centro Oberhausen ansehen. Nach drei Jahren Stillstand schienen sie mit Gesprächen, Gelächter und Gedränge wieder neues Leben in den kleinen geduckten Bau bringen wollen, der im Inneren von Licht durchflutet wird. Als „Mary & Joe“ ist die Begegnungsstätte und Oase der Ruhe inmitten der Einkaufswelt drumherum nun wieder geöffnet.

Das Führungs-Team des Kirchencafés „Mary & Joe“ auf dem Centro-Gelände in Oberhausen: (v.l.) Dagmar Wippich von der Kurbel Marcus Tannenbaum von der katholischen und Stefan Züchner von der evangelischen Kirche.
Das Führungs-Team des Kirchencafés „Mary & Joe“ auf dem Centro-Gelände in Oberhausen: (v.l.) Dagmar Wippich von der Kurbel Marcus Tannenbaum von der katholischen und Stefan Züchner von der evangelischen Kirche. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Ja, dieses Café ist anders als andere Cafés, vor allem als der Food-Court im Shoppingzentrum nebenan. Die Möbel sind zusammengewürfelt und eher im Oma-Chic, es dröhnt keine Musik aufs Bewusstsein und die Preise sind für jede und jeden erschwinglich. Und: Man könnte sich hier Rat suchen, sogar bei echten Seelsorgern. Stefan Züchner (evangelisch) und Marcus Tannebaum (katholisch) stehen mehrmals in der Woche zum persönlichen Gespräch bereit, ganz unverbindlich und ohne Termin. Es gibt auch einen hübschen Raum der Stille, in dem man innehalten, die Gedanken sortieren oder auch ins Zwiegespräch mit Gott gehen kann. Hierzu sind alle Besucherinnen und Besucher eingeladen, egal welchen Glaubens.

Neues Kirchencafé am Centro: „Man muss keinen Taufschein haben“

„Wir werden hier keine Gemeinde aufbauen und auch keinen abgeschotteten Club“, erklärt Marcus Tannebaum. „Dieser Ort ist nicht nur für Christen da und wir werden auch nicht mit der Bibel um die Ecke kommen.“ Jede und jeder soll sich hier wohlfühlen – diesen Wunsch hört man im Laufe der Eröffnungsfeier immer wieder. Auch wenn das Projekt von den beiden Kirchen getragen wird – und von der „Kurbel“, die den Cafébetrieb leitet – müsse man „keinen Taufschein haben“, um hier willkommen zu sein. Vielmehr wollen sie „Kirche anders denken“, sagt Marcus Tannebaum. Gesprächsabende, Filme, Kunst, Musik, alles sei möglich. Der 49-Jährige kennt sich mit ungewöhnlichen Ideen für „City-Kirchen“ aus. Als Pastoralreferent in St. Augustin bei Bonn war er unter anderem in einem Einkaufszentrum tätig.

Stadtdechant André Müller bei der Wiedereröffnung des Kirchenzentrums am Centro in Oberhausen.
Stadtdechant André Müller bei der Wiedereröffnung des Kirchenzentrums am Centro in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Drei Jahre lang sei er an den blinden Fenstern des Kirchenzentrums vorbeigeradelt, erzählt Ulrich Samse, ehemals Pfarrer der Evangelischen Auferstehungs-Gemeinde, in seiner Ansprache. „Das hat mich sehr geschmerzt“, spricht er vielen Anwesenden aus der Seele. Nun wünsche er sich für das neue Kirchencafé an diesem ungewöhnlichen Ort „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“. Die, meint Samse, sei im Laufe der Zeit verloren gegangen. Viele andere Redner wie Katholikenrats-Vorsitzender Thomas Gäng und Oberbürgermeister Daniel Schranz drückten in ähnlichen Worten aus, wie steinig der Weg gewesen sei, dieses Projekt erneut zum Leben zu erwecken und wie groß nun die Freude darüber.

Seelsorger Stefan Züchner hat den Geist des Kirchenzentrums am Centro 24 Jahre lang mitgetragen. Nun überführt er es noch in die Zukunft und wird sich dann ab Februar 2024 neuen Aufgaben zuwenden. „Die Stärke dieses Ortes“, sagt er, „ist, dass er sich mitentwickelt.“ Immer hätten sie zugehört, hingehört, geschaut, wie die Gesellschaft sich verändert und dann Berührungspunkte entwickelt. Basis sei jedoch immer „der Respekt vor der Andersartigkeit“ gewesen. „Die Gastfreundschaft war immer größer als unsere Konfession“, sagt er. Weshalb es auch wieder muslimische Gebetsteppiche zum Ausleihen geben werde und weshalb auch im „Mary & Joe“ weiterhin jeder, der über die Schwelle tritt, „mit Herzlichkeit und Menschlichkeit empfangen wird“.

Am Rande der Feier zur Eröffnung des Kirchencafes „Mary & Joe“ am Centro Oberhausen wurde auch ein Kunstwerk von Heinz Schäpers (r.) enthüllt. Das Werk trägt den Titel „Das Problem“ und spielt auf die Schuld des Menschen am Zustand der Erde an.
Am Rande der Feier zur Eröffnung des Kirchencafes „Mary & Joe“ am Centro Oberhausen wurde auch ein Kunstwerk von Heinz Schäpers (r.) enthüllt. Das Werk trägt den Titel „Das Problem“ und spielt auf die Schuld des Menschen am Zustand der Erde an. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung