Oberhausen. Eine Visite in der plötzlich geschlossenen ökumenischen Einrichtung am Centro. Das Mitarbeiterteam ist noch immer geschockt und tief enttäuscht.
Ganz plötzlich auf „Aus“ gestellt! So lässt sich wohl am besten jenes Gefühl beschreiben, das in den Räumen des ökumenischen Kirchenzentrums in der Neuen Mitte Oberhausen herrscht.
Seit dem 26. Mai ist das der Fall. An jenem Dienstag wurden die sechs hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Küche und Service informiert, dass sich der Evangelische Kirchenkreis aus dem Projekt zurückzieht und dass damit auch die katholische Kirche keine Zukunft mehr dafür sieht, das viel beachtete, ökumenische Projekt am Platz der Guten Hoffnung in der Neuen Mitte weiterhin zu tragen. „Wir waren völlig unvorbereitet“, sagt Service-Leiterin Beate Apel mit Blick auf den 26. Mai und den Schock der Schließungsnachricht. „Die Enttäuschung war riesengroß. Und diese Enttäuschung hält noch immer an.“
Ein Stück Heimat verloren
Das bestätigt auch Heidemarie von Musil als Sprecherin der Ehrenamtlichen. „Ich bin hier von Anfang an, also seit 1997, dabei“, erklärt sie. „Unsere Leute wissen jetzt nicht, ob und wie es weitergeht. Für uns alle ist mit der Schließung des Kirchenzentrums ein Stück geliebter Heimat plötzlich weg.“
Zufällig hat sich bei unserer Visite ein Ehepaar aus der Nachbarstadt Essen am Kirchenzentrum eingefunden. „Wir kommen hier schon viele Jahre hin“, sagen die beiden. Dass man so eine wegweisende Einrichtung schließen wolle, können sie nicht verstehen. Ja, sie blicken ein wenig ratlos auf den Kirchenladen im Kirchenzentrum, der noch immer einige schmucke Waren, Grußkarten und Präsente, in seiner Auslage anbietet, obwohl längst kein Publikum mehr da ist: erst kam Mitte März die Corona-Krise, dann Ende Mai der Schließungs-Beschluss.
Heidemarie von Musil zeigt uns das „Hildesheimer Christuskreuz“, das das Team des Kirchenzentrums im September 2017 als Anerkennung für sein außerordentliches Engagement erhielt. Dann gehen wir in den Raum der Stille, wo die Centro-Besucher zur Ruhe kommen, ihren Gedanken nachgehen und eine Kerze anzünden konnten. Hier gab es zahlreiche ökumenische Gottesdienste, hier lud die „Atempause“ zum Verweilen ein. Aus und vorbei.
Ein Fürbittenbuch liegt hier immer noch aus, in das Besucher ihre Gedanken eintragen konnten: „Herzlichen Dank für diesen wunderbaren Ort der Ruhe und Besinnung“, hat jemand mit schwungvollen Lettern hineingeschrieben. Viele ähnliche, handschriftliche Einträge finden sich in dem Buch. Zum Beispiel: „Wir waren zum Einkaufen im Centro und haben einen Platz zum Beten gesucht, aber nicht gefunden. Wir haben dann die Information im Centro gefragt; sie haben uns hierher geschickt.“ Die Überschrift zu diesem Eintrag lautet: „Salem Aleikum!“
Sie hoffen auf einen Neubeginn
Neue Lösung wird angestrebt
Die Rheinische Landeskirche und das Bistum Essen bemühen sich derzeit um neue Partner und ein neues Konzept für das ökumenische Kirchenzentrum in der Neuen Mitte.
Es gilt bundesweit als ein einzigartiges Kirchenprojekt – in direkter Nähe zu einem der größten Einkaufszentren Europas.
Draußen hat das Team des Kirchenzentrums an der Fensterfront kleine Infozettel angebracht: „Liebe Gäste und Freunde des ökumenischen Kirchenzentrums – wir hoffen auf einen guten Neubeginn mit Ihnen allen. Auf ein frohes Wiedersehen freuen sich schon jetzt alle Mitarbeitenden im Kirchenzentrum!“ Ein frommer Wunsch oder doch eine realistische Perspektive?
Nicht weit entfernt raschelt das Flatterband am Haupteingang. Es sperrt schon seit Mitte März das Kirchenzentrum für alle Besucherinnen und Besucher ab.