Oberhausen. Siggi Szwedek ist echter Ruhrgebiets-Marktbeschicker. Für seinen Stand benötigt er keinen fremden Strom, er produziert seine eigene Energie.

  • Siggi Szwedek verkauft Uhren auf den Wochenmärkten in Oberhausen, er ist der „Clock Doc“ der Märkte
  • Seine Kundschaft staunt seit einiger Zeit nicht schlecht: Siggi Szwedek betreibt seinen Stand mit Sonnenenergie
  • Solar-Panele sind auf dem Stand angebracht, fremden Strom benötigt der Händler nicht mehr

So stellt man sich einen echten Ruhrgebiets-Marktbeschicker vor: freundlich, hilfsbereit und immer einen lockeren Spruch auf Lager. Bekannt wie ein bunter Hund, geschätzt für seine ehrliche Art. So einer wie Siggi Szwedek, der „Clock Doc“ der Oberhausener Wochenmärkte. Seit dreißig Jahren schon wechselt er Uhren-Batterien, repariert und verkauft Zubehör in Sterkrade, Schmachtendorf und Osterfeld. Seit Kurzem staunt seine Stammkundschaft über einen Zettel in der Auslage: „Dieses Geschäft ist autark. Es wird mit Sonnenenergie betrieben“, ist dort zu lesen. Eine kleine grüne Revolution, für die der Markthändler auch andere Vertreter seiner Zunft begeistern will.

Die Solarpanels auf dem Dach von Siegmar Szwedeks Marktstand in Oberhausen.
Die Solarpanels auf dem Dach von Siegmar Szwedeks Marktstand in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

„Ich hab alles, was Sie brauchen. Was ich nicht hab, das brauchen Sie auch nicht.“ Siggi Szwedek reicht einer Kundin die Armbanduhr mit frisch gewechselter Batterie. „Macht fünf Euro.“ Die Preise sind stabil am feuerroten Markt-Mobil des Osterfelders, genau wie der trockene Humor des Markthändlers. Der Dame gefällt’s. „Er ist super“, schwärmt sie. „Ich komme seit Jahren. Meine Mutter war früher auch schon hier.“ Zu Gefühlsausbrüchen im Wageninneren führt das Lob nicht, der selbst ernannte Uhren-Arzt mag sich im Stillen freuen, nach außen bleibt er cool.

Markthändler in Oberhausen: „Manche kommen nur auf einen Schnack vorbei“

Bevor Siggi Szwedek ins Uhrengeschäft eingestiegen ist, hat der 57-Jährige im Bergbau gearbeitet, auf Schacht Walsum in Duisburg, zehn Jahre lang. Ein Nachbar habe ihn auf die Idee gebracht, Uhren zu verkaufen. Erst auf Trödelmärkten und auf der Kirmes, später dann auf Wochenmärkten. Da gefiel es ihm am besten, erzählt er, deshalb sei er dabei geblieben. „Die Leute haben Spaß, ich hab Spaß. Manche kommen auch nur auf einen Schnack vorbei“, beschreibt er die besondere Stimmung, die ihm auch auf dem Sterkrader Marktplatz ein Gefühl von Heimat vermittelt.

Das Geschäft lief zunächst gut, „die Leute hatten das Geld locker sitzen in DM-Zeiten“, erinnert sich Szwedek. Doch immer mehr spezialisierte sich der gelernte Mechaniker auf Reparaturen. Laufwerk einbauen, Glas wechseln, Armband kürzen: „Es gibt nichts, was ich nicht machen kann“, sagt er von sich und schafft es, dabei kein bisschen angeberisch zu klingen.

Uhrenverkäufer Szwedek: Tüftler mit grünem Gewissen

Neben der Tüftelei an Uhren hat der gebürtige Duisburger ein weiteres Themenfeld für sich entdeckt: „Ich möchte meinen ökologischen Fußabdruck etwas grüner machen“, sagt Szwedek. Die Hiobsbotschaften von Klimawandel und Energiekrise haben ihn dazu bewegt. Zu Hause, mit seiner Frau, achte er seitdem darauf, möglichst verpackungsfrei einzukaufen. Auch im Marktstand steht ein Karton mit recycelbarem Abfall. Seinen Leder-Etui-Händler – neben Uhren bietet er auch Accessoires feil – habe er schon darum gebeten, nicht jedes einzelne Stück in dicke Folie zu wickeln.

Bestandteil der Photovoltaikanlage von Siegmar Szwedek ist diese schwarze Box, der Laderegler. Er stellt die Verbindung zwischen Solaranlage und Batterie her.
Bestandteil der Photovoltaikanlage von Siegmar Szwedek ist diese schwarze Box, der Laderegler. Er stellt die Verbindung zwischen Solaranlage und Batterie her. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Den größten Schritt in Richtung Klimaheld hat Siggi Szwedek mit seiner Solaranlage gemacht: Vier schwarze Panels auf dem Dach des Verkaufsanhängers wandeln Sonnenlicht in zwei Kilowattstunden pro Tag. Dies reiche locker aus für die LED-Leuchten, mit denen der Marktstand ausgestattet ist. Eine Batterie speichert die nicht verwendete Sonnenenergie. Szwedek: „Damit könnte ich noch zwei bis drei Tage völlig autark auskommen.“

„Ich finde für Probleme immer Lösungen“, sagt der „Clock Doc“ über sich. Seine Photovoltaik-Anlage, die er sich 1400 Euro hat kosten lassen, sieht er nicht nur als Stromkostensenker, sondern kann damit auch ein Ärgernis für Marktbesucher im wahrsten Sinne des Wortes verschwinden lassen. „Bei mir gibt es keine Stolperfallen durch Stromkabel“, sagt er. 100 Meter Kabel habe er vorher immer ziehen müssen, eine ganz schöne Plackerei. Er würde sich freuen, wenn auch die anderen Markthändlerinnen und Markthändler es ihm gleichtun würden: „Wenn viele was machen, dann können wir was erreichen.“