Gelsenkirchen. Im Streit um Hinweisschilder an Straßenlaternen und ein Bußgeldverfahren verliert die Stadt Gelsenkirchen einen Rechtsstreit gegen die MLPD.

Welche Werbe- und Hinweisschilder dürfen im öffentlichen Raum aufgehängt werden und welche nicht? Zu diesen Fragen vertraten die Stadt Gelsenkirchen und die MLPD unterschiedliche Ansichten, die nun sogar in zwei Gerichtsverfahren geklärt werden mussten. Eines endete mit einem Vergleich, das andere mit dem besseren Ende für die linksextreme Splitterpartei, die ihren Bundessitz in Horst hat.

Anlass des Streits: 33 Hinweistafeln, die den Weg zur 40-Jahres-Feier wiesen

Was war geschehen? Im August 2022 hatte die MLPD ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert. Aus diesem Anlass gab es rund um die Parteizentrale an der Schmalhorststraße eine große Open-Air-Party – Reden, Konzerte und die Enthüllung einer extra angefertigten Marx-Statue inklusive. Gäste wurden nicht nur aus ganz Deutschland erwartet, sondern aus insgesamt 31 Ländern. Und damit jene Nicht-Ortskundigen, die von auswärts per Auto anreisten, auch den Weg zur Feiermeile finden konnten, hatten Parteimitglieder im Vorfeld der Veranstaltung insgesamt 33 Hinweistafeln aufgehängt. Und zwar an ebenso vielen Laternenmasten entlang der Zubringerstraßen, die nach Horst führen.

Besagte Schilder waren in etwa so groß wie eines jener Kandidatenplakate, die in Wahlkampfzeiten an genau jenen Masten stets aufgehängt werden. Auf ihnen war zum einen die 40-Jahres-Feier genannt. Zum anderen wiesen Hinweispfeile allen Suchenden den richtigen Weg.

Im Wust der vielen Anträge sei der für die Hinweisschilder „einfach durchgegangen“

Gabi Fechtner ist die Bundesvorsitzende der MLPD, deren Parteizentrale in Gelsenkirchen-Horst steht.
Gabi Fechtner ist die Bundesvorsitzende der MLPD, deren Parteizentrale in Gelsenkirchen-Horst steht. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Das Problem: Die MLPD hatte im Vorfeld keinen erforderlichen Antrag dafür gestellt. „Wir mussten der Stadt Dutzende Fragen in etlichen anderen Anträgen beantworten, was wir auch ordnungsgemäß und korrekt getan haben“, erklärt Gabi Fechtner, die MLPD-Vorsitzende. Die Palette reichte von der Beschallungs- und Ausschankgenehmigung bis hin zur Erlaubnis für die Straßensperrungen rund um die Parteizentrale. In diesem Wust aus Anträgen sei ihnen aber jener für die Hinweisschilder „einfach durchgegangen“, so Fechtner.

Als am Veranstaltungstag dann Kräfte des städtischen Ordnungsamtes bei einem Ortstermin die Hinweisschilder entdeckten, beanstandeten sie diese. „Und nach einer unverhältnismäßig kurzen Frist wurden sie radikal und gebührenpflichtig von der Stadt entfernt“, so Peter Weispfenning, Anwalt in Reihen der MLPD. Die Stadt machte dafür im September 2022 insgesamt 577,50 Euro geltend. Die MLPD beschritt den Rechtsweg. Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen kam es zum Vergleich – und so zahlte die Partei am Ende die Hälfte des geforderten Betrags.

Im Januar 2023 flatterte plötzlich noch ein Bußgeldbescheid der Stadt ins Haus

Im Januar 2023 flatterte ihr dann aber plötzlich auch noch ein Bußgeldbescheid der Stadt in Höhe von 1053,50 Euro ins Haus. „Das haben wir ein bisschen wie ein Nachtreten seitens der Stadt empfunden“, sagt Fechtner. Gegen den Bescheid gingen Parteigeschäftsführer Klaus Dumberger und sein Anwalt Peter Klusmann (Kanzlei Meister und Partner) vor dem hiesigen Amtsgericht vor.

Bei der Verhandlung am 12. Juli soll der Richter die Frage aufgeworfen haben, warum die MLPD vom Vertreter des Ordnungsamts nicht darauf hingewiesen wurde, dass der Antrag unmittelbar vor Ort hätte nachgereicht werden können, weil er auf jeden Fall genehmigt worden wäre. Gegenüber der MLPD als zugelassene Partei müsse darüber hinaus das Parteienprivileg gelten. Das Verhalten der Stadt soll er insgesamt als „unverhältnismäßig“ bezeichnet haben. So fällte der Richter den Beschluss, das Verfahren einzustellen.

Stadt betrachtet ihre Rechtsposition auch weiterhin als die richtige

Auf WAZ-Anfrage erklärte Stadtsprecher Martin Schulmann, dass die Stadt das Aufhängen dieser Hinweisschilder auch verboten hätte, wenn der entsprechende Antrag von der MLPD fristgerecht eingereicht worden wäre. Solche Werbung für Veranstaltungen müsse nämlich stets über die offiziellen Werbetafeln und -flächen geschaltet werden, die in Gelsenkirchen von der Firma Ströer betreut werden. Ausnahmen würden nur für Wanderzirkusse und anderes „reisendes Gewerbe“ gelten. Diese dürften aus Traditionsgründen die Laternenmasten im öffentlichen Raum nutzen, so Schulmann.

Die vom Richter erwähnte Ausnahme für Parteien gebe es zwar, räumte Schulmann an. Nach dem Rechtsverständnis der Stadt gelte diese aber nur in Zeiten des Wahlkampfes, nicht aber außerhalb davon. „Wir gehen davon aus, dass unsere Rechtsposition die richtige ist, und werden bei vergleichbaren Fällen auch weiterhin so agieren“, kündigte Schulmann an. Und das trotz des nun anders gefällten Amtsgerichts-Beschlusses. Dieser ist übrigens nicht weiter anfechtbar und damit rechtskräftig.