Mülheim. Mit viel Erfahrung im Gepäck tritt Michael Birr die Leitung des Mülheimer Stadtmarketings an. Er hat große Visionen für die Events der Stadt.
Er ist der neue Schlossherr auf Schloß Broich und fortan der Ansprechpartner, wenn es um Denkmäler, Veranstaltungen und Außenwahrnehmung der Stadt geht: Michael Birr. Seit Anfang des Jahres ist der 54-Jährige neuer Geschäftsführer der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH. Im Interview mit Nikolina Miscevic spricht er über sein Bild von Mülheim und seine Visionen für die Zukunft.
Herr Birr, herzlich willkommen in Mülheim! Wie haben Sie Mülheim bislang als Stadt kennengelernt?
Seit ich Ende Juni vom Rat der Stadt bestellt wurde, bin ich in Mülheim unterwegs. Ich habe es mir sofort zur Aufgabe gemacht, die Stadt und ihre Menschen, meist an den Wochenenden, kennenzulernen. Damals ging das noch halbwegs unerkannt.
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Was haben Sie denn unternommen?
Zum Beispiel habe ich mir einfach einen Kaffee gekauft und mich auf die Schloßstraße gesetzt, war mit dem Fahrrad in Styrum unterwegs oder habe den Markt in Saarn besucht. Damit wollte ich einen ersten, möglichst authentischen Eindruck gewinnen. Was mir dabei sehr positiv aufgefallen ist: Die Menschen waren allesamt sehr freundlich zu mir.
Sie waren vor Ihrer neuen Aufgabe bei der MST 14 Jahre lang Geschäftsführer des Moerser Stadtmarketings. Ist Ihnen der Abschied schwergefallen?
Mülheimer Stadtmarketing: „Mülheim hat großes Potenzial“
Klar habe ich mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht, es war ein längerer Prozess. Verlasse ich mein Netzwerk und mein sicheres Umfeld für etwas ganz Neues? Die Entscheidung war die richtige, das kann ich jetzt schon sagen. Mülheim hat großes Potenzial und ist eine tolle Stadt.
Großes Potenzial, das oft unterschätzt wird?
Ich habe die Aufgabe angenommen, weil ich aktiv mithelfen will, dass Mülheim im Ensemble der 53 Metropolen des Ruhrgebiets unter den Top 3 landet. Stand jetzt sehe ich Mülheim in den Top 10, aber eben oft im Schatten der Nachbarstadt Essen. Wir müssen uns da aber gar nicht verstecken, auch wenn Mülheim, von außen betrachtet, oft unter dem Radar läuft. Wir haben eine wunderschöne Stadt, auf die wir stolz sein können.
Auch ungenutztes Potenzial? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Man muss immer schauen: Was sind die Besonderheiten einer Stadt? Das sind die Menschen, ganz klar. Aber auch Gegebenheiten wie die Ruhr, die durch die Stadt fließt. Das ist ein Pfund. Die Entwicklung mit dem Hafen und Ruhrbania wäre ansonsten gar nicht möglich. Aber wir sind auch nicht Köln mit dem Dom oder Hamburg mit der Elbphilharmonie. Trotzdem kann Mülheim sich sehen lassen, etwa mit seinen geschichtsträchtigen Baudenkmälern und ganz viel Kultur.
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Sie bringen viel Erfahrung im Bereich Stadtmarketing mit. Worauf kommt es aus Ihrer Sicht besonders an?
Mir ist es immer wichtig, dass wir im Stadtmarketing nicht an der Stadtgesellschaft vorbeiplanen. Ich fahre einen kooperativen Führungsansatz nach innen und möchte auch offen sein für die Themen von außen. Menschen und eine Stadt entwickeln sich am besten, wenn sie viele Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten haben und wissen, dass sie das auch nutzen dürfen. Ich möchte niemandem ein fertiges Konzept überstülpen.
Was bewegt Mülheims Bürger, Politik und Unternehmen?
Was bedeutet das in der Praxis?
Ich höre nicht nur in den ersten Monaten viel zu und lerne die Bedürfnisse kennen und verstehen. Zum Beispiel war ich im Kulturausschuss, im Innenstadt-Beirat und habe viele, viele Gespräche geführt. Ich will die Menschen kennenlernen, sie machen die Stadt aus. Was bewegt sie und was erwarten zum Beispiel die Mülheimer Unternehmen oder die Politik?
Können Sie da schon eine erste Antwort geben, was erwarten die Menschen hier?
Einen Eindruck habe ich schon bekommen, aber nach rund vier Wochen im Amt befinde ich mich noch in der Bestandsaufnahme (lacht). Ich möchte vor allem eines: Das, was in Mülheim passiert, soll professionell nach außen transportiert werden. Da, wo Mülheim drinsteckt, soll auch Mülheim draufstehen – das Eventmarketing ist dabei ebenso wichtig wie das Standortmarketing und die Förderung des Tourismus.
Events in Mülheim: Neue Formate geplant
Das klingt so, als sei das mit konkreten Plänen verbunden. Möchten Sie da mehr verraten?
Ich will nicht zu sehr vorweggreifen, nur so viel: Wir werden bei unseren Top-Events, die eine große Ausstrahlung haben, mehr Mülheim reinbringen, auch schon in der Namensgebung. Die Leute sollen Mülheim erinnern und dass sie eine schöne Zeit hier hatten. Dafür muss eine Top-Veranstaltung Mülheim-Bezug haben.
Sind in diesem Zusammenhang auch neue Formate geplant oder verändern sich bestehende?
Beides. Einiges haben wir schon in die Wege geleitet. Wir arbeiten an neuen Formaten, hatten kürzlich Prominenz aus der Elektronik-Szene zu Besuch, die uns berät. Geplant ist hier, etwas für eine jüngere Zielgruppe aufzulegen. Auch Funk-, Soul- oder Klassik-Events werden gerade geprüft. Anderes Beispiel: Fürs Caruso erstellen wir gerade ein neues Nutzungskonzept. Wir haben viele Möglichkeiten und die wollen wir ausloten und nutzen.
>>> Zur Person
- Vor seinem Studium der Sozialwissenschaften an der Uni Duisburg-Essen hat Birr eine Ausbildung zum Energieanlagen-Elektroniker absolviert. Mit Anfang 20 gründete er eine Event-Agentur, nach deren Verkauf er zehn Jahre lang im Journalismus gearbeitet hat, unter anderem als Chefredakteur beim Niederrhein Verlag und Medienservice GmbH.
- Zuletzt war er 14 Jahre Geschäftsführer der Moers Marketing GmbH und fünf Jahre parallel dazu Vorstand der ES Event-Service Niederrhein.
- Michael Birr lebt aktuell mit seiner Partnerin und den zwei gemeinsamen Hunden in Moers. Zu seinen Hobbys zählen Tennis, Fahrradfahren und das Reisen.