Mülheim. Die Katholische Kirche will die Herz Jesu-Kirche in Broich Anfang 2023 aufgeben. Zwei Initiativen protestieren und führen mehrere Argumente an.

In der Herz Jesu-Gemeinde in Broich sind die Meinungen geteilt, seit in 2018 die Entwicklungs- und Sparbeschlüsse für die Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt aufgezeigt wurden. Zwei Initiativen, „Ich steh auf Herz Jesu“ und „Unsere-Kirche_2030“, kritisieren die Beschlüsse. Auf die jüngste Ankündigung des Kirchenvorstandes, dass die Herz Jesu-Kirche aus finanziellen Gründen schon 2023 - also viel früher als geplant - aufgegeben werden soll, reagieren die beiden Gruppen erneut mit Unverständnis und Widerspruch.

„Unserem gewohnten Leben drohen noch nie dagewesene innere und äußere Gefahren. Wirtschaft, Gesundheit und Politik verlieren den festen Boden. Viele Menschen ertragen die täglichen Nachrichten nicht mehr. Zusammenrücken sollte das Gebot der Stunde sein“, schreiben die Sprecher der Initiativen, Martin Schersching und Hubert Kauker. In diese Stimmung platze die Mitteilung der Pfarrei, Herz Jesu Ende Februar 2023 schließen zu wollen. „Damit will man fünf Jahre alte Sparbeschlüsse umsetzen, ohne in der Zwischenzeit noch ein einziges Mal mit der Gemeinde gesprochen zu haben. Die Erträge seien stärker eingebrochen als vorausgesehen, so laute die offizielle Begründung des Kirchenvorstandes.“ Aber genau das stimme nicht. Die Kirchensteuern seien von Jahr zu Jahr gestiegen.

Initiativen fordern: Die gesammelten Rücklagen in guten Zeiten verzehren

Von einer „Kirche des Glaubens“ sei vor 130 Jahren die Herz Jesu-Kirche, damals die größte Kirche der Stadt, errichtet und den nachfolgenden Generationen zum Geschenk gegeben worden - „ohne ein prall gefülltes Rücklagenkonto für den zukünftigen Bauerhalt“, so Kauker und Schersching. In derselben Situation hätten sich über die Jahrzehnte alle Kirchen befunden; zu keiner Zeit habe es solche Rücklagen gegeben. „Das Geld hätte zweifellos auch nichts genützt, denn in zwei nachfolgenden Weltkriegen, zwei Währungsumstellungen, einer Superinflation 1923 hätte es sich in Luft aufgelöst. In all diesen Krisen sind die Erträge der Gemeinde sicher wesentlich stärker eingebrochen, als die heutige Pfarrei beklagen zu müssen glaubt“, so die Initiativensprecher.

Die heutige „Kirche des Geldes“ glaube aber nun, die Herz Jesu-Kirche Anfang nächsten Jahres ihren Gläubigen wegnehmen zu müssen. „Kein Wort davon war Ende September in der Festpredigt zum Jubiläum zu hören“, klagen Schersching und Kauker. Sie kritisieren den „übereilten“ Beschluss, glauben nicht, dass sich die Gläubigen nach Speldorf oder Saarn neu orientieren. Die Kirche stelle die Geduld ihrer Gläubigen in Mülheim und im Bistum Essen auf die Probe. „Wie lange noch wirst Du die Öffentlichkeit und Deine Gemeinden mit Halb- und Unwahrheiten täuschen? Du hältst Deine Zahlen geheim, legst Deine Bilanzen nicht offen,“ klagen die Initiativensprecher. Sie finden, dass man in schlechten Jahren „das in guten Jahren gesammelte auch verzehren darf“ und fordern eine „nachträgliche Korrektur“ der „katastrophalen Fehlentscheidung“.

Mülheimer Pfarrei: Finanzberichte von Bistum und Gemeinde sind einsehbar

In der Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt, zu der Herz Jesu gehört, kann man die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Große Reichtümer haben wir weder im Bistum noch in der Kirchengemeinde. Rücklagen können wir kaum bilden“, sagt Pfarrer Christian Böckmann. Die wirtschaftliche Situation sei nachprüfbar: Haushaltspläne würden öffentlich ausgelegt, die Bilanzen seien einsehbar. „Überhänge fließen zum größten Teil in den Pensionsfond für Lehrer an kirchlichen Schulen.“ In früheren Zeiten habe das Bistum jegliche Baukosten übernommen, die jeweilige Gemeinde zahlte nur eine kleine Eigenleistung. Nun sei jede Gemeinde selbst für die Bauhaltung verantwortlich. „Und wir sind total arm.“

Die schlechte finanzielle Situation, aber auch der große Mangel an Ehrenamtlichen, zwinge die Gemeinde zur Aufgabe der Herz Jesu-Kirche. „Das macht keiner gerne“, so Böckmann. Gespräche habe es regelmäßig gegeben. Man arbeite gerade an einem Pfarrbrief für jeden Haushalt, darin wolle man auch die finanzielle Situation erneut verständlich darlegen. Außerdem habe man das Team „Zeitenwende“ gegründet, das sich intensiv um die Gestaltung der Zukunft kümmere.

Mülheimer Initiativen haben auch an den Bischof geschrieben

Die beiden Initiativen haben sich mit ihren Beschwerden und Forderungen auch schon schriftlich an den Bischof gewandt. Außerdem wollen sie demnächst den Mülheimer Oberbürgermeister kontaktieren.