Mülheim. An der HRW in Mülheim sind 30 Prozent der Lehrenden/wissenschaftlichen Mitarbeiter Frauen. Wir stellen einige Forscherinnen in einer Serie vor.
Der Internationale Frauentag sollte sich eigentlich längst erübrigt haben. Dass Frauen viel können und viel leisten, steht außer Frage. Männer verkaufen sich und ihre Taten aber oft besser. Was Frauen erbringen, sollte sichtbarer werden. Deshalb stellen wir in einer kleinen Serie einige Forscherinnen von der Hochschule Ruhr West vor. Zum Start - am Internationalen Frauentag - sogar gleich zwei.
Prof. Dr. rer. nat. Ellen Roemer
Studiengangsleiterin für „BWL - Internationales Handelsmanagement & Logistik“
Der Kunde ist eines ihrer wichtigsten Studienobjekte. Ellen Roemer kam schon 2010 an die HRW und hat den Studiengang „Internationales Handelsmanagement & Logistik“ mit aufgebaut. Ihr Forschungsschwerpunkt ist „Marktforschung & Internationales Marketing“.
Bevor die Wirtschaftswissenschaftlerin nach Mülheim kam, hat sie schon viel geleistet: Studium in Bochum, Promotion in Paderborn, drei Jahre Lehre/Forschung an einer englischen Hochschule, Tätigkeit in einer Unternehmensberatung. „2015, als ich schon an der HRW war, hatte ich das Bedürfnis, die Praxis noch einmal näher zu erkunden. Ich habe ein Praktikum bei der Firma L’Oréal absolviert, dort in der Marktforschung mitgearbeitet“, berichtet sie. Ihr Fachgebiet hat sie also aus verschiedenen Perspektiven betrachtet.
Mit „Eye-Tracking“ Kundenverhalten checken
An der HRW ist der Bereich Technik dazugekommen. Der Digitalisierung in der Lehre hat sie sich früh gewidmet. „Schon 2014 habe ich damit begonnen, Lernvideos zu entwickeln“, sagt Ellen Roemer. Das kommt ihr jetzt im Corona Lockdown zugute. Mit dem Website-Design beschäftigt sie sich auch. Eines ihrer aktuellen Forschungsprojekte ist das „Eye-Tracking“.
In einem Labor – dem Shop-Lab – führt sie mit Studenten Experimente durch. Mit einer speziellen Brille betrachten die Probanden bestimmte Dinge – etwa Verkaufsregale, Werbeprospekte, Webseiten von Unternehmen oder sogar Influencer-Videos. „Die Brille erkennt, wo die Pupille zuerst hinschaut und wohin eher gar nicht“, so Ellen Roemer.
Ähnliche Tests werden auch mit einer stationären Eye-Tracking-Anlage gemacht. Es geht darum, belastbare Aussagen zu generieren, die – kombiniert mit Befragungsdaten – dazu dienen können, Kunden- und Nutzerverhalten besser abzubilden. Die Erkenntnisse sind je nach Zielgruppe unterschiedlich. Ein einfaches Beispiel: „Männer gucken zumeist zuerst nach blauen Sachen.“
E-Fahrzeuge in Unternehmensflotten
Seit 2012 forscht die Wissenschaftlerin unter anderem auch zu ECO-Innovationen, also ökologischen Neuerungen. Ein Thema: die Akzeptanz von E-Fahrzeugen in Unternehmensflotten. „Was sind Treiber, was Hemmnisse? Wie können wir Firmen dazu bringen, E-Fahrzeuge auszuprobieren?“, lauten nur einige der Fragen. Die Erkenntnisse dazu ließen sich auch mit dem „Eye-Tracking“ verbinden.„Wir könnten prüfen, wie eine Armatur gestaltet sein müsste, damit sie einladend ist“, sagt Ellen Roemer.
Prof. Dr. Ing. Carole Leguy
Gesundheits- und Medizintechnologie/Institut für Mess- und Sensortechnik
Um Gesundheits- und Medizintechnologien macht sich Carole Leguy verdient. Die Französin ist seit 2018 Professorin an der HRW. Zuvor ist sie schon richtig viel herumgekommen in der Welt der Wissenschaft:
Forschung & Lehre: Fast ein Drittel Frauen
An der Hochschule Ruhr West sind etwa 30 Prozent der Professoren, Lehrkräfte und wissenschaftlichen Mitarbeiter Frauen.Bei den Professoren sind es genau 30 Prozent, bei den Lehrkräften 32 Prozent und bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern ebenfalls 32 Prozent.
An einer Ingenieurhochschule in Blois/Frankreich hat sie Ingenieurwesen/Mechatronik studiert, später ein deutsch-französisches Doppel-Diplom in Biomedical Engineering gemacht und in Holland promoviert. Es ging dabei, vereinfacht gesagt, um die Verknüpfung von physiologischen Messungen und mathematischen Modellen.
Der Blutkreislauf der Astronauten
Die Gesundheit von Astronauten stand bei ihrer Tätigkeit im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin (DLR) im Fokus. „Es ging um kardiovaskuläre Biomechanik“, sagt die 39-Jährige. Das Thema: Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf das Kreislaufsystem. „Wir haben mit Hilfe einer Kurzarmzentrifuge, die Schwerelosigkeit nachstellt, untersucht, was in den Gefäßen von Probanden während einer längeren Mission ablief und wie man negative physiologische Effekte verhindern kann“, so. Carole Leguy, die später auch noch an der Simon Fraser Universität in Vancouver zur kardiovaskulären Weltraumphysiologie forschte. Experimente aus der Weltraumforschung würde die Professorin gerne auch irgendwann mit ihren HRW-Studenten durchführen.
Mit der kardiovaskulären Mechanik beschäftigt sie sich auch in Mülheim. Im Labor untersucht sie zum Beispiel den Einfluss von Wärme auf Implantate oder testet, wie Kontrastmittel-Injektionspumpen die Partikel des Kontrastmittels besser im Blut verteilen können, so dass bessere Ultraschallbilder entstehen.
„Serious Games“ für die Reha-Behandlung
Ein weiteres wichtiges Projekt von Carole Leguy: Sie arbeitet an der Software-Entwicklung und -Bewertung von sogenannten Serious Games für die medizinische Therapie – momentan an einem Spiel fürs Tablet, das in der Rehabilitation bei Physiotherapeuten zum Training des Handgelenks eingesetzt werden soll. „Wir schauen uns bei den Probanden an, welche physiologischen Auswirkungen diese Methode ganz genau hat, wie welche Muskeln trainiert werden.“
Carole Leguy forscht auch im Bereich des problemorientierten Lernens. Zusammen mit Kollegen der Uni Duisburg/Essen entwickelt sie gerade ein neues Planspiel, das Lehrende nutzen könnten. Ein schon erprobtes Planspiel setzt sie aktuell auch in der Lehre ein – beim Thema Krankenhausmanagement und Kostenstruktur. „Die Studenten steuern dabei ein Krankenhaus selbst und konkurrieren mit anderen Kliniken. Das finden viele spannend“, erklärt sie.