Gelsenkirchen. Die Verwaltungsspitze der Stadt Gelsenkirchen reagiert verschnupft auf WAZ-Artikel über Situation im Jugendamt und stellt Maßnahmenpaket vor.

Nachdem Beschäftigte des Allgemeinen Städtischen Sozialdienstes (ASD) im Gespräch mit der WAZ über die Missstände im Gelsenkirchener Jugendamt und die Folgen der dortigen Unterbesetzung berichteten haben, reagiert die Stadt nun mit einem Maßnahmenkatalog.

Der ASD des Jugendamtes sei ein besonders verantwortungsvoller Bereich zur Unterstützung von Familien in schwierigen Situationen, der den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vieles abverlange. Dies und der wachsende Druck auf die Beschäftigten angesichts immer weiter steigender Fallzahlen sei für die Stadtverwaltung schon lange – und nicht erst seit der Veröffentlichung des Artikels der WAZ Gelsenkirchen – ein zentrales Thema gewesen, teilte die Stadtspitze mit.

Jugendamt Gelsenkirchen: Das will die Stadt gegen den Personalmangel tun

Um dies zu unterstreichen und die Maßnahmen vorzustellen, die die Stadt nun ergreifen will, damit die von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern als bedrohlich beschriebene Situation verbessert werden kann, lud Oberbürgermeisterin Karin Welge zur Pressekonferenz mit Personaldezernent Luidger Wolterhoff, Jugenddezernentin Anne Heselhaus und Wolfgang Schreck, Leiter des Referats Erziehung und Bildung.

„Seit Jahren steigende Fallzahlen, schwieriger werdende gesellschaftliche Rahmenbedingungen, zunehmender Respektverlust, Angriffe auf Mitarbeiter sowie ein sich in den letzten Jahren zuspitzender Fachkräftemangel und daraus resultierend viele unbesetzte Stellen hätten zu einer erhöhten Belastung geführt“, gab Welge Schilderungen der Mitarbeitenden wieder. „Das betrachten wir mit großer Sorge.“

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„Hatten wir im Jahr 2015 bei den Hilfen zur Erziehung noch 1373 Fälle, waren es im Jahr 2021 schon 2247“, unterstrich Jugenddezernentin Anne Heselhaus. Gleichzeitig seien 20 Stellen in der Sozialarbeit unbesetzt.

Abhilfe erhoffe sich die Stadt nun durch die Ausschreibung von 6,5 zusätzlichen Verwaltungsstellen, die die pädagogischen Fachkräfte entlasten sollen, durch die Umbesetzung sechs zusätzlicher pädagogischer Kräfte aus anderen Bereichen der Verwaltung in den ASD, durch die Reaktivierung zweier ehemaliger Jugendamtsmitarbeiter für beratende Tätigkeiten, durch die Einrichtung von drei Plätzen in einem Dualen Studium der Sozialen Arbeit und durch die teilweise Ausgliederung von Aufgaben wie der Trennungs-/Scheidungsberatung an freie Träger.

Unterm Strich bleiben vorerst aber immer noch mindestens 14 unbesetzte Stellen im Sozialdienst – also dort, wo sie im Jugendamt besonders wichtig sind.

Karin Welge hob einmal mehr hervor, wie schwierig der Arbeitsmarkt auch für Kommunen sei. Im Wettbewerb um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diversen Bereichen würden sich die Städte gewissermaßen gegenseitig das Wasser abgraben, weshalb es auch für die Stadt Gelsenkirchen schwierig sei, die offenen Stellen zu besetzten. Da ergehe es den Kommunen schon seit einigen Jahren wie großen Teilen der Wirtschaft, die vielerorts mit den Herausforderungen des Fachkräftemangels zu kämpfen hat.

Tonalität des WAZ-Artikels gefiel Stadtverwaltung nicht

Zeitungsberichte, wie der unserer Redaktion, in dem Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter die Missstände und Probleme im Gelsenkirchener Jugendamt offenlegten und in denen Zitate wie „Schlimme Dinge werden passieren“ stehen, seien da keine Hilfe, wenn es darum gehe, qualifiziertes Personal nach Gelsenkirchen zu locken, betonte die Oberbürgermeisterin am Dienstag, der zufällig auch Tag der Pressefreiheit war.

Eine Bewerberin habe gar explizit mit Bezug auf den WAZ-Artikel ihr Interesse an einer Stelle in Gelsenkirchen zurückgezogen, berichteten die OB und Personaldezernent Wolterhoff bei der Pressekonferenz und bestätigen im selben Atemzug auf Rückfrage einer Journalistin des WDR, dass in dem Artikel aber nichts Falsches gestanden habe. Die Tonalität sei aber überdenkenswert.

Gleichwohl habe die Stadt nun eben dieses Maßnahmenpaket geschnürt und erhofft sich zudem positive Effekte durch eine Anwerberprämie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die neue Kollegen für den ASD werben und durch die Übernahme von Semesterbeiträgen.