Gelsenkirchen. Der Kabarettist Bernd Matzkowski aus Gelsenkirchen sehnt sich nach Witzen in der Pandemie. Der Lockdown sei ohne Lachen nicht zu ertragen.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht, so sagt man. Diese Fähigkeit jedoch, so scheint es, fällt mehr und mehr der Corona-Pandemie und ihren Folgen zum Opfer. Dem bekannten Gelsenkirchener Kabarettisten Bernd Matzkowski bereitet das Sorgen – bei allem Verständnis. „Was Corona betrifft, geht auch mir manchmal der Humor verloren. Weil die Umgangsweise damit stellenweise nicht zum Lachen ist. Aber natürlich muss man irgendwann an den Punkt kommen, dass man auch über die Rahmenbedingungen lacht. Das bedeutet ja nicht, dass man die vielen Kranken und Toten ausblendet“, so der Ückendorfer, der als Ehemann einer Ärztin im Impfeinsatz auch die Innenansichten kennt.
„Es hieß immer, sobald wir wieder bei einem Wert von 50 Infizierten pro 100.000 sind, können wir lockern – und jetzt kommen die bösen Mutanten um die Ecke. Das ist ja ohne Humor gar nicht zu ertragen. Zum Teil ist der Umgang mit der Pandemie fast zynisch.“ Traditionell sei es die Aufgabe von Kabarettisten, mit bitterbösem Humor Missstände zu benennen. Zumal Lachen eine Form der Krisenbewältigung sei.
Gelsenkirchener kann der Maskenpflicht auch Positives abgewinnen
Nach einem Jahr Corona jedoch sei davon wenig spürbar. „Viele Kabarettisten erscheinen mir in der gegenwärtigen Lage fast schon regierungsamtlich.“ Ein möglicher Grund: „Vielleicht finden die das pietätlos. Ich habe noch nicht einen Corona-Witz gehört. Ich weiß nicht, woran das liegt. Es ist wie eine kollektive Blockade.“
Nur eine Ausnahme habe es gegeben, im ersten Lockdown. Stichwort: Toilettenpapier. „Auf einmal gab es im Land nichts Wichtigeres als Klopapier.“ Dann sei auch Haushaltsrolle ausverkauft gewesen, weil viele diese anderweitig verwendet hätten. „Da frage ich mich, warum schreibt keiner eine Geschichte über eine Haushaltsrolle, die sich missbraucht fühlt?“
Ditgitalwelt ist keine wirkliche Alternative für Live-Kabarett
Und einmal im Redefluss fallen Bernd Matzkowski viele Möglichkeiten für einen humorvollen Umgang mit der Krise ein. „Was ist das schön, dass ich manche Hackfressen nicht mehr sehen muss. Da hat die Maskenpflicht ja auch etwas Positives.“ Oder: „Manchmal bin ich beeindruckt, wie sich die Halbgesichter auf der Bahnhofstraße eine Wurst reinschieben.“
Dennoch fehle auch ihm selbst die Motivation, das Hier und Jetzt kabarettistisch aufzuarbeiten. „So wie die Kultur leidet auch das Kabarett unter dem Lockdown.“ Die schöne neue Digitalwelt ist für Bernd Matzkowski keine Alternative. „Das ist wie beim Fußball. Da muss man auch vor Ort im Stadion sein. Am Fernseher kommt die Stimmung nicht rüber.“
„Die Leichtigkeit ist abgeschliffen“
Und das Kabarett brauche ein Gegenüber. „Das ist ja vergleichbar mit den vielen Online-Gottesdiensten der örtlichen Gemeinden. Das ist ja auch eine Form von Entertainment.“ Am Bildschirm verfolgt seien die ebenso reizlos.
„Der Verlust des Humors ist ein Nebeneffekt der Corona-Pandemie, der sehr schlimm ist. Die Leichtigkeit ist abgeschliffen.“ Zumal sich Gags oft im Miteinander entwickelten. „Man kennt das ja: Menschen sitzen zusammen und quatschen und eine profane Geschichte kann Heiterkeit erzeugen.“ In Zeiten von Kontaktverboten jedoch fehle es genau hier. Ein Problem, dass sich verfestigen könnte. „Wir müssen als Gesellschaft aufpassen, dass wir nicht verbittern und nur noch den zynischen Blick auf die Dinge haben.“
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