Gelsenkirchen.. „Früher war (auch nicht) alles besser“: Bernd Matzkowski über Beatles, Jeans und warum jeder zweite Mann eine Jack-Wolfskin-Jacke trägt.
Bernd Matzkowski ist ein Multitalent. Als Komponist, Songschreiber oder Autor germanistischer Fachliteratur hat sich der 66-Jährige einen Namen gemacht. Jetzt kehrte er mit einem Soloprogramm auf die Bühne in der Flora zurück. „Früher war (auch nicht) alles besser“ nennt er seine Erinnerungen an damals, als vieles einfach anders war. Als „Vor-Lesung“ streift er in fein geschliffener Sprache die Epochen in der Schule, den Modekult oder die Musikszene.
Auch Nachdenkliches taucht auf
Wie genüsslich habe man doch im eigenen SV-Raum im Gymnasium die Füße auf den Tisch legen und sich eine qualmen können. Wie würden Lehrer heute reagieren, wenn man zur Teilnahme an einer Demo den Schulhof verlassen und sich nachträglich die Legalität der verwerflichen Abwesenheit durch die Unterschrift der Eltern bestätigen lassen würde.
Auch Nachdenkliches taucht bei Matzkowski im Früher auf. Natürlich war der Kartoffelsalat der Mutter besser als er heute angemacht werde. In der Mode sieht er die Jeans als Dauerbrenner. Mit dem Unterschied, dass sie heute nicht mehr in der Badewanne angezogen würden, um sie einlaufen zu lassen. Spack sitze eine Hose, wenn eng zu weit sei. Dass jeder zweite Mann eine Jack-Wolfskin-Jacke trage, hänge mit dem Ego des Besitzers zusammen. Eigentlich jage er ja den Yeti und sei auf dem Nanga Parbat zu Hause.
Coffee to go auch zum Mitnehmen
In seinem modischen Rückblick schneidet das Früher schlechter ab. Die Haarpracht entwickelte sich vom Pisspottschnitt („sah aus wie ein Hitlerjunge, der sich in die 60er-Jahre gerettet hat“) bis zum Mattenkönig. Die Beatle-Manie übersetzt er musikalisch in die vier Haareszeiten. Aber: „Heute wird für weniger Stoff mehr Geld abgenommen.“ Als sprachlich verwirrend sieht der Entertainer eher die heutige Zeit. Da weist doch ein Cafébesitzer auf seinem Werbeplakat darauf hin, dass sein Coffee to go auch zum Mitnehmen angeboten werde. Sein Blick zurück vermittelt auch einen Eindruck vom Sinneswandel der Menschen. Bei der Volkszählung 1983 hätten sich Bürger aufgeregt, viel Privates angeben zu müssen. Heute gebe jeder seine Daten schon an der Kasse beim Discounter preis.
Autor mit Lehrervergangenheit
Die Kindheitserinnerungen an vertraute Zeiten sind bei ihm mitunter wehmütige Vergangenheit. Ob das Medaillenbasteln aus alten Milchflaschen-Verschlüssen, die Ruhezeit, um Menschen vom Fenster aus zu beobachten oder das gemeinsame Spiel draußen. „Was früher Spielplatz war, ist heute Parkplatz“, resigniert der Autor. Doch sein Fazit lautet: „Besser war vieles damals dennoch nicht, das Meiste war eben nur früher.“
Viel Applaus gab’s für den humorig und nachdenklich plaudernden Vor-Leser, dessen würziger sprachlicher Ausdruck seine Lehrervergangenheit nicht leugnen konnte.