Gelsenkirchen. Auch in den beiden Gelsenkirchener Kinderkliniken fehlen Kinder-Fachpflegekräfte. Wir fragten, wie es zur Personalnot kam und was helfen kann.
Den Weckruf der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin können auch die Gelsenkirchener Kinder-Klinikärzte unterschreiben: Personalnot, Überlastung vor allem in den Herbst- und Wintermonaten, teilweise Verlegung in benachbarte Häuser, Unterversorgung vor allem im Bereich Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger – das kennt auch Dr. Marcus Lutz, Chefarzt der Kinderklinik und Neonatologie am Marienhospital Gelsenkirchen.
„Es wurde seit Jahrzehnten zu wenig ausgebildet: Bei Ärzten und Pflegekräften“
„Es wurde seit Jahrzehnten zu wenig ausgebildet, bei Ärzten und Pflegekräften. Es gibt zu wenig Medizin-Studienplätze und auch zu wenige Ausbildungsangebote für Kinderkrankenpflege“, klagt der erfahrene Klinikchef. Saisonal starke Schwankungen in der Belegung gebe es in Kinderkliniken naturgemäß seit Jahrzehnten. Für planbare Eingriffe werden möglichst die Sommermonate genutzt, in denen keine oder wenig Überlastung durch Infektionskrankheiten drohe. Zum Thema: Ärzte warnen vor Kollaps der Kinderkliniken
Neue Generalistenausbildung gefährdet Kinderfachpflege
„Aber die Personalnot vor allem im Kinderpflegebereich wird immer drängender“, warnt er. Die neu eingeführte Generalistenausbildung, die Kranken- und Altenpflege verbindet und letztlich für alle Fachgebiete qualifizieren soll, verschärfe die Not eher. „Kinder und vor allem Frühchen brauchen andere Pflege als Erwachsene. Und bei der neuen Generalistenausbildung müssen Auszubildende nur 40 Stunden mit Kinderpflege leisten, und das geht sogar in der Kita. Bei der Ausbildung zur Kinderkrankenpflege sind im letzten Ausbildungsjahr 1000 Stunden in einer Kinderklinik zu leisten“, erläutert Lutz. Zum Thema:Premiere im Gelsenkirchener Marienhospital: Vierlinge
Viele Kinderpflegekräfte steigen nach acht Jahren wieder aus
Am Kirchlichen Bildungszentrum an der Virchowstraße läuft die eigentlich noch mögliche Ausbildung in Kinderkrankenpflege mit der Spezialisierung im dritten Jahr ebenfalls bereits aus. Wer Zusatzqualifikationen etwa in Neonatologie absolvieren will, muss jedoch diese Fachausbildung vorweisen. Und wie überall in der Pflege führt die Überlastung durch zu wenig Personal zu immer weniger Personal. „Im Durchschnitt acht Jahre bleibt eine Kinderkrankenpflegerin bundesweit im Beruf, bevor sie aussteigt. Das hat auch mit Familienpause zu tun, aber nicht nur“, vermutet Lutz. Dabei ist die Arbeit in der Kinderpflege und als Kinderarzt „die schönste in der Welt“, ist er überzeugt.
Ausbildung mit pädiatrischem Schwerpunkt in Buer möglich
Engpässe in der Versorgung gibt es phasenweise – eben in Zeiten vieler Infektionen wie beim RS-Virus im vergangenen Winter – auch in der Kinder- und Jugendklinik am Bergmannsheil. Dann wird hier wie auch in Ückendorf versucht, einen passenden Platz an einer anderen Klinik für das Kind zu finden. Auch in Buer sind aktuell wohl nicht alle Pflegestellen im pädiatrischen Bereich besetzt. Doch für die Zukunft wird hier vorgebaut: In der hauseigenen Pflegeschule in Buer bietet die generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann einen pädiatrischen (kinderpflegerischen) Schwerpunkt an; als einzige Pflegeschule in der Ruhr-Region. Die Auszubildenden können dabei den Großteil der Praxiseinsätze in der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen absolvieren. Die Pflege-Azubis beenden ihre Ausbildung dann mit dem Schwerpunkt Pädiatrie. Lesen Sie auch:So kämpft das Bergmannsheil um Pflegekräfte
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Aktuelle Bewerbergespräche zeigten, dass das Interesse am Schwerpunkt Pädiatrie groß sei, versichert die Schulleitung. 2021 hatte die Pflegeschule Knappschaft Kliniken des Klinikum Vest den Schulstandort am Bergmannsheil Buer eröffnet. Für Samstag, 11. Juni, von zehn bis 13 Uhr, laden Bergmannsheil und Kinderklinik zum Bewerbertag für Mediziner und Pflegefachkräfte.