Duisburg. Zwischen 1993 und 2005 soll ein 66-Jähriger in Mülheim seinen Sohn misshandelt haben. Doch das Berufungsverfahren endete auf unerwartete Weise.
Mit einem tragischen Fall, der vor mehr als 15 Jahren in Mülheim spielt und bis heute einen 31-Jährigen um seinen Seelenfrieden bringt, musste sich jetzt eine Berufungskammer des Landgerichts Duisburg befassen. 2021 hatte der Geschädigte, der nach eigenen Angaben unter den Folgen jahrelanger Übergriffe seines Vaters leidet, sich ein Herz gefasst und den 66-Jährigen angezeigt. Doch in der Berufung fand der Prozess ein unerwartetes Ende.
Das Amtsgericht Mülheim hatte keinen Zweifel gehabt, dass der Angeklagte den Zeugen vom Vorschulalter bis zur Teenagerzeit immer wieder misshandelt hatte. Zumindest in den drei Fällen, die der Geschädigte noch einigermaßen genau beschreiben konnte. Es verurteilte den 66-Jährigen wegen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und Kindesmisshandlung. Angesichts des langen zeitlichen Abstandes zu den Taten kam der Mann mit einer neunmonatigen Bewährungsstrafe davon.
Angeklagter Mülheimer bestreitet jede Schuld
Der zog dagegen in die nächste Instanz. Auch vor der Berufungskammer beteuerte er seine Unschuld. Sein Sohn habe massive psychische Probleme. Für die macht der 31-Jährige allerdings vor allem einen verantwortlich: seinen Vater. „In meiner Kindheit habe ich in ständiger Angst gelebt“, so der Zeuge. Völlig willkürlich habe der Mann, den er nicht „Vater“, sondern nur mit seinem Nachnamen nennt, aus nichtigem Anlass auf ihn eingeprügelt.
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„Manchmal wusste ich, dass es geschehen würde. Aber ich weiß bis heute nicht warum“, berichtete der 31-Jährige. Nach der Rückkehr aus dem Kindergarten sei er von seinem Vater geschlagen worden, später als Schüler mit Ohrfeigen zu Boden gestreckt worden. Und als der Junge krank im Bett lag und sich weigerte, für den Mann Zigaretten und Alkohol einzukaufen, habe der ihn mit einem Gürtel geschlagen.
Verfahren wurde aus rechtlichen Gründen eingestellt
Seit einigen Jahren befindet sich der 31-Jährige in einer Therapie. Diagnose: posttraumatische Belastungsstörung. Nun muss er mit einem weiteren schweren Schlag fertig werden. Denn das Berufungsgericht stellte das Verfahren aus rechtlichen Gründen per Urteil ein. Das Landgericht musste feststellen, dass die als Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung eingeordneten beiden Taten längst verjährt waren.
Lediglich eine Misshandlung Schutzbefohlener wäre vielleicht noch übrig geblieben. Doch die dazu vom Gesetz geforderte besonders rohe und grausame Handlungsweise des Angeklagten konnte die Kammer einfach nicht feststellen. „Nur damit das klar ist: Wir glauben ihnen. Sie sind das Opfer schlimmer Straftaten geworden“, richtete die Staatsanwältin das Wort an den Zeugen. „Aber aus juristischen Gründen können wir zu keinem anderen Ergebnis kommen.“