Mülheim. Seit fast 60 Jahren ist Adolf Dapper als Binnenschiffer auf Rhein und Ruhr unterwegs. Was früher sein Beruf war, ist jetzt sein bezahltes Hobby.

Kräftige Statur, Schnauzbart, Kapitänsmütze. Und was wäre ein echter Binnenschiffer ohne das obligatorische, mittlerweile sehr verschwommene, Seemannstattoo? Wer dazu neigt, in Stereotypen zu denken, der wird bei einem Treffen mit Adolf Dapper, Kapitän bei der Mülheimer Weißen Flotte, nicht enttäuscht.

Mit 15 Jahren ging der gebürtige Ruhrorter zur Schifffahrt. Heute, mit 73 Jahren, führt er immer noch ein Leben zwischen Backbord und Steuerbord. Und denkt manchmal ein bisschen wehmütig an die alten Zeiten zurück.

Die Schifffahrtskarriere begann vor 58 Jahren auf dem Rhein

Seine Schifffahrtskarriere begann vor 58 Jahren zunächst auf dem Rhein. Auf dem Fahrgastschiff „Westmark“ der Reederei Luwen aus Duisburg-Ruhrort machte Dapper eine Ausbildung zum Matrosen. „Das war so ein großer Dampfer, da hatten 800 bis 1200 Gäste Platz“, erinnert sich der Berufsschiffer. „Leider konnte ich auf der Westmark aber kein Kapitänspatent machen, deshalb hab ich dann bei der Reederei Haniel angeheuert.“

Zunächst als Matrose und Steuermann, von 1972 an dann als Kapitän mit Rheinpatent, fuhr Dapper die Schubschiffe mit bis zu 8000 PS und verschiffte hauptsächlich Tonnen von Erz von Basel bis Rotterdam. Eine schöne Zeit, an die Binnenschiffer Dapper gerne zurückdenkt. „Zwei Wochen durcharbeiten, dann zwei Wochen frei. Auf dem Schiff wurden wir von einem Smutje bekocht und versorgt, was möchte man mehr?“

Seit 53 Jahren glücklich verheiratet


Viel gesehen und erlebt habe er in den 14 Jahren, in denen er das Kommando über die Schubschiffe hatte. „In den Häfen, auch in Ruhrort, gab es damals noch ein richtiges Milieu. So wie man es sich vorstellt, mit Kneipen und Bordellen. Da war noch richtig was los.“

Schön reden möchte Dapper den Beruf als Binnenschiffer dennoch nicht. Es sei nicht immer einfach gewesen, manchmal sei man zwei, drei Monate weg gewesen. „Für den Job brauchen Sie schon die richtige Frau!“ Dapper hat sie gefunden. Seit 53 Jahren sind sie glücklich verheiratet, haben eine Tochter und zwei Enkel.

Kapitän fuhr auch die Straßenbahn

1992 ging der Kurs dann in ruhigere Gewässer. Dapper heuerte bei der Weißen Flotte in Mülheim an. Im Sommer fuhr er Touristen über Rhein und Ruhr. Im Winter, außerhalb der Saison, fuhr Dapper in Mülheim auch Straßenbahn. Vor sieben Jahre ist der Binnenschiffer eigentlich in Rente gegangen. Eigentlich, den „einen Tag nach dem ich in Rente gegangen war, klingelte auch schon das Telefon. Ob ich aushelfen könnte, denn es gab und gibt einfach zu wenige Berufsschiffer.“ Und Dapper musste man nicht zwei Mal bitten. „Was früher mein Beruf war, ist jetzt mein bezahltes Hobby.“

Heute ist Adolf Dapper wohl einer der ältesten Berufsschiffer der Region. Er fährt im Sommer etwa die „Heinrich Thöne“ zwischen Mülheim und Kettwig oder ist auf der Xantener Südsee unterwegs. Es fehle der Nachwuchs, das Interesse bei jungen Leuten, einen Beruf in der Binnenschifffahrt zu erlernen, sei gering.

Als Dauercamper am Entenfang

Und so hält Dapper weiter das Kommando auf der Brücke, lässt es aber ein wenig ruhiger angehen. Er lebt mit seiner Frau als Dauercamper am Entenfang. Genießt es, nur noch im Saisongeschäft auszuhelfen. Im Führerhaus einer Straßenbahn wird man Adolf Dapper daher wohl nicht mehr sehen. Hinterm Steuerrad wird er noch so lange stehen, wie es seine Gesundheit zulässt und das Urteil des Amtsarztes ausfällt.

Eigentlich hatte Dapper vor einigen Jahren verkündet, dass mit 75 Jahren Schluss sei. Kollegen winken lachend ab und auch Kapitän Dapper glaubt heute selbst nicht wirklich daran. Dafür macht er den Job einfach zu gerne. „Ich würde rückblickend nichts anders machen, es war und ist der richtige Job für mich.“