Mülheim. . Helge Land ist einer von neun festen und freien Kapitänen der Weißen Flotte. Manche Momente hinterm Steuer sind wie ein Stück Urlaub im Alltag.

Kapitän Helge Land kennt nicht nur viele seiner Stammgäste. So oft ist er die Strecke vom Wasserbahnhof in Richtung Kettwig schon gefahren, dass er manche Ente schon beim Namen nennt. „Man kennt sich“, lacht der Schiffsführer der Weißen Flotte. Er ist einer von insgesamt neun festen und freien Kapitänen, die auf der Ruhr im Einsatz sind.

Bevor Helge Land das Kommando „Leinen los“ für die Friedrich Freye erteilt, versichert er sich, dass alle Passagiere an Bord sind. An diesem verregneten Donnerstagvormittag wird es nicht allzu voll. „Bei schönem Wetter ist viel mehr los, auch unter der Woche“, weiß der Schiffsführer. Rund 60 000 bis 65 000 Gäste pro Jahr befördert die Schiffsflotte. Kein Vergleich zum Gründungsjahr 1927, in dem 487 000 Passagiere an Bord kamen. Dafür spielt die Nähe zum Fahrgast heute eine größere Rolle. „Viele Stammgäste kennt man schon beim Namen“, sagt Land.

Erinnerungen aus der Kindheit

Eine Etage höher haben es sich Claudia und Johannes Maurer mit ihrer Hündin Melli gemütlich gemacht. „Ich komme ursprünglich aus Oberhausen, wohne aber jetzt in Süddeutschland“, sagt Claudia Maurer. Wie grün die Natur in ihrer alten Heimat ist, wollte sie ihrem Mann mit einer Rundfahrt auf der Weißen Flotte zeigen – das hat funktioniert. „Als Kind bin ich außerdem oft mit dem Schiff bis nach Kettwig gefahren – da kommen alte Erinnerungen hoch.“

Hinter ihnen verschwindet Helge Land hinter der Holztür in der Kabine des Schiffsführers. Er nimmt am Steuerrad Platz und lenkt die Friedrich Freye an der Schleuseninsel vorbei und Richtung Florabrücke. Er hält die Spur und steuert das Schiff zwischen den grünen und roten Tonnen hindurch. „An sonnigen Tagen sitzt man hier, schaut raus in die Natur und freut sich über die Aussicht.“ Immer wieder beeindruckend sei die Strecke durch die Ruhrauen bis zum Auberg. Auch der Sonnenuntergang überm Kahlenberg in Richtung Duisburg sei immer wieder ein Genuss. „Das sind Blicke, die hat man nur vom Wasser aus“, findet der 38-Jährige. Oder wenn Kinder vom Ufer aus freudig dem Kapitän winken. Das seien besonders schöne Momente in seinem Job – ein Stück Urlaub im Alltag.

Das Horn ertönt vier Sekunden im Dauerton

Und nicht so schön? Sei es manchmal im Sommer, wenn viele Menschen in Ruder-, oder Tretbooten auf der Ruhr unterwegs sind. Da komme es vor, dass sie kreuz und quer fahren. „Vielen ist nicht bewusst, dass es hier eine Fahrrinne für Schiffe gibt.“ Zu einer Kollision sei es aber bislang noch nicht gekommen. „Wenn uns jemand nicht sieht, blasen wir das Horn vier Sekunden im Dauerton. Das ist so laut, das bekommt jeder mit.“

Ansonsten sei es die Flora und Fauna, die sich im Vorbeifahren mit dem Schiff gut beobachten lasse. So manchen Vogel erkennen die Schiffsführer wieder, etwa eine Ente: „Die war weiß und hatte die Federn so charakteristisch abstehen – da haben wir sie Donald Duck getauft.“ Auch Mäusebussarde sehe man auf den Stegen sitzen, Graureiher landen auf den Tonnen und schaukeln mit den Wellen mit.

Schiffe der Weißen Flotte werden täglich gewartet

Damit die Fahrten reibungslos laufen, werden die Schiffe der Weißen Flotte täglich gewartet. „Anderthalb Stunden vor der Fahrt schaut das Werkstattpersonal Wasser- und Ölstände nach, einmal im Jahr trainieren die Schiffsführer außerdem „Mann-über-Bord-“ und andere Manöver.

Helge Land ist seit 2005 Decksmann, das Auge und Ohr des Kapitäns, seit 2009 fährt er als Kapitän. Vor zwei Jahren wurde er dann Fahrdienstleiter. Dabei hat er ursprünglich Kfz-Mechaniker bei der Ruhrschifffahrt gelernt. Aber mit dem Namen war die Laufbahn doch vorbestimmt ... „Wahrscheinlich“, lacht Helge Land, der sich heute keinen anderen Beruf mehr vorstellen kann.

>>> DREI LINIENSCHIFFE PENDELN TÄGLICH

Während der Saison von April bis Oktober pendeln die drei Linienschiffe der Weißen Flotte täglich zwischen Wasserbahnhof und Essen-Kettwig.

Preise: 6,50 € für die einfache Fahrt nach Kettwig. Kinder (4 bis 14 J.) zahlen 2,30 Euro. Info zu allen Fahrten: www.weisse-flotte-muelheim.de

Skipper schippern am liebsten über den heimischen Fluss 

Auch sie sind Kapitäne der Ruhr: Die Mitglieder des Yachtclubs Mülheim (YCMR). Bertrand Langlitz, Jochen Dreesen und Udo Hüsken schippern mit ihren Booten regelmäßig über die Ruhr oder machen Ausflüge in andere Gewässer. Doch ihr 40 Jahre alter Verein leidet unter Nachwuchsmangel.

Udo Hüsken, Jochen Dreesen und Bertrand Langlitz (v.l.) auf einer der Jachten in ihrem Speldorfer Hafenareal.
Udo Hüsken, Jochen Dreesen und Bertrand Langlitz (v.l.) auf einer der Jachten in ihrem Speldorfer Hafenareal. © Jörg Schimmel

Versteckt hinter Lagerhallen an der Speldorfer Hafenstraße liegt der Eingang zum Yachtclub. Auf knapp 200 Metern Wasserfläche liegen die Motorboote nebeneinander an 18 Stegen. Kleine und größere sind darunter, schnittige Jachten und kleinere Jollen. Unter einem Pavillon haben es sich die drei Herren gemütlich gemacht – mit Blick auf ihre Jachten: Bijou, Mojito und Lady. Ohnehin genießt man hier das Beisammensein. „Wir grillen zusammen, machen Ausflüge mit unseren Booten und helfen uns gegenseitig – jeder steht für den anderen ein“, sagt Udo Hüsken. 80 Mitglieder mit 40 Booten zählt der Verein. „Allerdings sind wir überaltert, das jüngste Mitglied ist 42 Jahre alt“, sagt Vorsitzender Bertrand Langlitz. Viele Arbeiten auf dem Areal blieben an wenigen Leuten hängen. „Jüngere Menschen, die sich für die Schifffahrt interessieren, sind daher herzlich willkommen.“

Auf der Ruhr zuhause

Saison ist bei den Herren eigentlich immer. „Gerne fahren wir auf Geschwaderfahrten, die nächste geht etwa den Rhein und die Waal runter nach Renesse und zurück über die Maas.“ Auf der Ruhr fühlen sich die Kapitäne aber zuhause. „Hier durch die wunderschöne Natur zu fahren, hat immer was Besonderes“, finden sie. Vor allem, wenn die Menschen von den Ufern aus winken. Alle Blicke auf sich ziehen die Skipper auch, wenn sie mit neun Booten in der Mülheimer Marina anlegen, um dort frühstücken zu gehen. Für längere Liegezeiten sei der kleine Hafen aber kaum geeignet: „Dort gibt es ja noch nicht einmal Sanitäranlagen, zudem ist die Hafenordnung viel zu streng“, sagt Udo Hüsken.

Den Sommer über verbringen viele Mitglieder auf den Booten im Hafen. Auch die drei Männer genießen jede freie Minute mit ihren Familien an Bord. „Wenn man morgens die Luke aufklappt und die Sonne über dem Fluss aufgehen sieht, ist das unbezahlbar.“
Weitere Infos zum Verein unter www.ycmr.de