Oberhausen. Zwei Konzerte draußen, einmal Blues und einmal Jazz, zeigen in der Oberhausener Innenstadt, wie viel Vergnügen Open-Live-Musik bietet.
Wussten Sie, dass Czeslaw Golebiewski, der charismatische Chef des Gdanska, Gottlob wieder den Blues rückwärts singen kann? Die Flasche ist voll, die Frau ist da, ich habe Arbeit.
Schließlich gibt es wieder Musik am Altmarkt, wo nun auch „Gitarrissimo“ mit der sage und schreibe 779. Ausgabe seine Wiederauferstehung feierte. Und zwar mit dem fabelhaften Altrocker Bernd Rinser, der vor dem rappelvollen Biergarten des Gdanska eine veritable One-Man-Show ablieferte.
Freudenfest für Gitarrissimo-Fans
Was für die angereisten Gitarrissimo-Fans gleich mehrfach ein Freudenfest war. Spielt der Mann mit dem markanten Backenbart doch jede Menge interessanter Gitarren, von der Wanderklampfe bis hin zu diversen Dobros, die er mit gleich drei Vintage-Amps, der älteste aus den 40er Jahren, eindrucksvoll zum Klingen bringt.
Dazu bläst Bernd Rinser obendrein eine astreine Blues-Harp, der er untenrum auf einer stoisch getretenen Bass-Drum Dampf macht. Und als wäre das noch nicht genug des Guten, singt er auch noch wie der Teufel aus den Sümpfen Louisianas.
Fingerflinker Entertainer
Es war ein verdammt spannendes Vergnügen, mit dem fingerflinken Entertainer über staubige Landstraßen zu geistern und dabei zahlreichen Spielarten des Blues zu begegnen. Wobei das Spektrum von balladeskem Folk bis hin zu dreckig-urbanem Rock reichte, selbstverständlich stets auf dem dafür optimalen Instrument, das Rinser denn auch mal mit einem Bottleneck klanggewaltig würgte.
Die Kenner des Genres hatten jedenfalls jede Menge Spaß damit, in dem virtuosen Gebrodel die Spuren legendärer Blues-Men auszuklamüsern, während der Großteil des Publikums einfach nur vergnügt lauschte und jeden Song laut bejubelte.
So geht’s weiter vor dem Gdanska
Das Jazzkarussell und Gitarrissimo geben nun bis Ende August die Bühne frei für „Indie Radar Ruhr“ und gleich zwei starke Singer-Songwriterinnen. Am 13. August ist die Tastenkünstlerin Maria Basel vor dem Gdanska zu Gast, einen Tag später dann mit Alex Mayr ein weiterer Star der deutschen Indie-Szene. Eine Tischreservierung (www.gdanska.de) für die kostenlosen Konzerte ist zwingend, genügend Ladung für das Spendenschiff sollte nicht vergessen werden
Ein starkes Comeback von Gitarrissimo, dem einem Abend später eine weitere Runde des Jazzkarussells folgte. Und zwar mit dessen Chefin, die unter dem schönen Namen „Eva & Die schrägen Vögel“ die rare Kombination von Vibraphon, Bass und Gesang präsentierte. Das obligate Warm-up fand als spritziger Dialog des Spitzenklöpplers Tom Lorenz mit Alex Morsey am souverän erregten Bass statt. Und dann ließ Kuros Tochter erst die „Saints“ über den Altmarkt marschieren, um dann den Jazzfans zu versichern, dass Gott uns alle in seinen Händen hält.
Den ergreifenden Gospel-Songs folgte mit „Body & Soul“ ein veritabler Jazz-Standard, dem Eva Kurowski ihren eigenen Text auflegte. Eine bissige Corona-Abrechnung mit so treffenden Zeilen wie „Wir reißen uns am Riemen, dürfen auch mal Streamen“ und dem trockenen Fazit „Musik ist unser Leben, ein Leben bei Wasser und Brot“. Ein hübscher Kontrast dann „Romantische Gefühle“ aus der Eva-Kurowski-Hitparade, in der auch der küssende Bischof und ihr gewitzt eingedeutschtes „Summertime“ nicht fehlten.
Dahinter setzten ihre Begleiter immer wieder duftige Glanzlichter, wobei Alex Morsey von druckvollem Slapping bis sonorem Bogenspiel alle Facetten seines Könnens zeigte. Als besondere Delikatesse servierte er mit Tom Lorenz den Titel-Song des Spike-Lee-Movies „Mo’ Better Blues“, derweil ihre Bandleaderin das Spendenschiff durch die Reihen des Publikum segeln ließ. Ob dessen Gaben für mehr als Wasser und Brot reichen, steht zu hoffen.