Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen stellten sich die Bundestagskandidaten den Fragen des DGB. Doch wie bei vielen anderen Veranstaltungen auch, fehlt das Publikum

Schon bei der Kommunalwahl 2020 hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dieses Format ausprobiert und nun wieder dazu eingeladen. Im wohl schönsten Haus der Stadt, dem Gelsenkirchener Musiktheater, stellten sich die eingeladenen Bundestagskandidatinnen und Bundestagskandidaten von SPD, CDU, FDP, Grüne und Linke den Fragen der Gewerkschaften bei einer Runde „Mensch wähle mich“.

Dass die übrigen Mitbewerber um einen Platz im Berliner Parlament nicht dabei waren, lag daran, dass der DGB sie nicht eingeladen hatte, weil „sie entweder nicht relevant genug sind oder weil sie – wie die AfD – von uns bekämpft werden“, erklärte Mark Rosendahl, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes.

Gelsenkirchener Bundestagskandidatinnen und Bundestagskandidaten stellen sich Fragen des DGB

Und so entwickelte sich, umgeben vom weltberühmten blauen Yves-Klein-Schwammreliefs, ein inhaltlich zwar vergleichsweise nüchterner, aber durch und durch harmonischer Nachmittag im Theater-Foyer. Was zum einen an den Kandidatinnen und Kandidaten selbst lag, die sich gegenseitig größtenteils schon lange kennen und durchaus die Arbeit des jeweils anderen schätzen.

Ein Mitarbeiter des DGB würfelt und die Kandidatinnen und Kandidaten antworten.
Ein Mitarbeiter des DGB würfelt und die Kandidatinnen und Kandidaten antworten. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zum anderen aber lag es auch am Spiel selbst, dass so recht keine Spannung aufkommen vermochte. Die Regeln sahen vor, dass jede Kandidatin und jeder Kandidat eine Frage zu einem zufällig durch einen Würfelwurf bestimmten Themenfeld gestellt bekam und darauf antworten durfte, ohne das Widerworte oder Ergänzungen Anderer dazu erlaubt waren.

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So durften die Politikerinnen und Politiker je nach Themenfeld aus ihrem Parteiprogramm zitieren, ohne sich etwaigen Rückfragen stellen zu müssen. Wobei es allzu viele Fragen bedauerlicherweise wohl ohnehin nicht gegeben hätte. Denn bis auf wenige Gewerkschafter und Wahlkampfhelfer der Kandidaten war kaum jemand gekommen, um Laura Rosen (CDU), Markus Töns (SPD), Marco Buschmann (FDP), Irene Mihalic (Grüne) und Ayten Kaplan (Linke) zuzuhören.

Nur wenig Zuhörer und Zuschauer bei Politiker-Podiumsdiskussionen

„Eine Erfahrung, die wir in diesem Wahlkampf leider nicht zum ersten Mal machen. Viele Veranstaltungen sind nur sehr mager besucht“, berichteten die Kandidaten unisono. Ein Podiumsdiskussion der IG Metall, die in den nächsten Tagen in Gelsenkirchen hätte stattfinden soll, wurde nun sogar wegen zu geringem Interesse abgesagt.

„Offenbar sind viele Menschen noch unsicher, ob das Infektionsrisiko bei Veranstaltungen nicht doch noch zu groß ist“, mutmaßen auch die Organisatoren des DGB, die den Nachmittag im Musiktheater technisch zwar vorbildlich organisiert hatten, aber letztlich auch nahezu ohne Öffentlichkeit auskommen mussten.

Ob es nun an der Pandemie liegt oder ob es andere Gründe hat, dass das Interesse spürbar geringer sei als sonst, wie die Kandidatinnen und Kandidaten berichten, ist derzeit nicht mit Gewissheit zu sagen.

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der diesjährigen Bundestagswahl um die vergleichsweise offenste seit vielen Jahren handelt, wenn man sich vor Augen führt, wie eng die Parteien den Umfragen nach beieinander liegen, stimmt das ausbleibende Publikum jedoch nachdenklich - auch an diesem sonst so harmonischem Nachmittag im MiR.