Oberhausen. Sollen Jahrzehnte alte Bäume gefällt werden, gehen die Emotionen hoch. Der Rat musste eine schwere Entscheidung fällen – mit scharfen Worten.
Der Kampf der Bürger um die 100 Jahre alte Buche in Alstaden ist am Ende doch nicht erfolgreich: Die Ratspolitiker der Stadt Oberhausen haben am Montag mehrheitlich zähneknirschend zugestimmt, dass der stattliche markante Traditionsbaum des Stadtteils geopfert wird – für eine sicherere Straßenführung an der Bahnunterführung Kewerstraße. Zuvor hatte es eine monatelange Diskussion darüber gegeben, ob die Buche nicht doch noch durch eine geänderte Planung gerettet werden kann.
Hintergrund ist der schon viele Jahrzehnte existierende Engpass an der Behrens-/Kewerstraße/Bebelstraße im Oberhausener Süden. Weil die Bahn die marode Eisenbahnbrücke, wichtiger Bestandteil der Zugstrecke nach Duisburg, durch einen Neubau ersetzen und erweitern will, sah die Stadt die auch finanziell günstige Chance, den gesamten Straßenbereich inklusive der Bürgersteige umzugestalten. In Zukunft sollen sich dann dort auch zwei Stoag-Busse begegnen können. Von den Gesamtkosten für den Umbau von 10,7 Millionen Euro würden durch Fördermittel und Bahngelder nur 1,4 Millionen durch Oberhausen getragen.
Kurios: Im Juni 2021 hatte der Stadtrat zunächst mehrheitlich der Planung zugestimmt, hob aber im November 2021 nach Anwohner-Protesten diesen Beschluss wieder auf. SPD, Linke, FDP, Grüne und BOB verlangten, Planungsalternativen zur Rettung der Buche zu überlegen. Fachleute eines externen Ingenieurbüros (Fischer Teamplan aus Erftstadt) grübelten und grübelten, Experten des Rathauses überlegten und überlegten – doch am Ende entpuppte sich, dass keine einzige theoretisch denkbare Alternative praktisch umsetzbar ist. Beispielsweise, weil ein Wohnhaus nicht so einfach abgerissen werden kann.
FDP: Experten widerlegten Alternativen zur Baumfällung plausibel
SPD und FDP jedenfalls ließen sich auch nach Vor-Ort-Besuchen überzeugen. „Jeden Ansatz einer anderen Wegeführung hat die Verwaltung plausibel widerlegen können“, sagte FDP-Ratsherr Marc Hoff. „Es gibt einfach keinen besseren Weg, als den Baum zu fällen.“ SPD-Planungsfachmann Ulrich Real argumentierte: „Die Entscheidung ist nicht einfach, aber begründbar. Es hat dort schließlich Verkehrsunfälle gegeben, dabei sind auch Leute schwer verunfallt. Wir müssen den Baum fällen zugunsten von höheren Gütern, von Menschenleben.“
Dezernent Frank Motschull versichert dem Rat, dass die Stadtexperten alles Mögliche getan haben, Alternativen zu überprüfen. „Es gibt diese Alternative nicht, das ist nun Fakt.“ Wenn man gar nichts machen würde, dann drohe diese Stelle irgendwann zu einem Unfallschwerpunkt zu werden – und dann sei die Stadt rechtlich in der Pflicht, ohne Fördermittel die Straßen sicherer umzubauen. Zuvor hatte AfD-Fraktionschef Wolfgang Kempkes vorgeschlagen, auf das komplette Projekt zu verzichten: „Es wurde viel geplant, aber keine Lösung überzeugt.“
Grünen fehlen Radwege nach dem Umbau
Grünen-Ratsherr Norbert Axt lehnt dieses Brücken- und Straßenprojekt auch deshalb ab, weil neben der Baumfällung kein neuer Radweg installiert werden soll. BOB-Ratsmitglied Peter Bruckhoff wirft der Stadt vor, hier den Bürgerwillen zu ignorieren. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Alstadener.“
Und Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik ärgert sich über den Schwenk der SPD, die Planung doch noch durchzuwinken, mit dem Vorwurf, in der Fraktion seien wohl „Baumfeinde“ unterwegs, dies sehe man auch daran, dass die SPD dem Ausbau des Autobahnkreuzes Oberhausen zugestimmt habe. Ulrich Real konterte mit deutlichen Worten: „Das ist doch eine Abwägung zwischen zwei Gütern, wie auch der Gutachter aufgezeigt hat: Den Baum zu erhalten, gefährdet Kinder. Sind Sie dann in der Analogie ihrer Worte ein Kinderfeind?“