Gelsenkirchen. Hohe Auslastung, 3G-Regel und fehlende Maskenpflicht am Platz stoßen nicht nur auf Gegenliebe. Was das MiR zur Kritik an den Corona-Regeln sagt.
Die Menschen sind offenbar bester Laune. Sie plaudern und lachen miteinander, begrüßen sich über Reihen hinweg, einige reden noch munter weiter, als die Vorstellung längst begonnen hat. Hier hustet jemand ungeniert, dort prustet ein anderer lautstark in sein Taschentuch, Maske tragen nur wenige. Die Atmosphäre am Freitagabend im Großen Haus im Musiktheater im Revier erinnert an Vor-Corona-Zeiten. Viele genießen das, aber längst nicht alle.
Seit Anfang November gilt im Musiktheater die 3G-Regel (geimpft, getestet oder genesen). Dazu besteht am Sitzplatz keine Maskenpflicht mehr. Und bei allen Vorstellungen soll wieder die volle Platzkapazität des Hauses genutzt werden.
Kritik an Hygieneregeln des Gelsenkirchener Musiktheaters: „Nicht mehr sicher“
Zu den Kritikern dieses aktuellen Hygienekonzeptes zählt der langjährige Gelsenkirchener MiR-Besucher Dr. Wolf-Dieter Kuhlmann. Er fühlt sich unter diesen Bedingungen nicht mehr sicher und wohl im Opernhaus. In einem Brief ans Musiktheater schreibt der 65-jährige Rechtsanwalt: „Als ständiger Besucher habe ich mich sehr gefreut, als endlich wieder Präsenzveranstaltungen mit begrenzter Zuschauerzahl stattfinden konnten. Es war auch beruhigend, dass eine genaue Kontrolle zum Impf- bzw. Teststatus durchgeführt wurde.“
Aber: „Nun lese ich, dass das Haus – unter 3G-Regeln – wieder vollständig ausgelastet werden soll.“ Zwar werde auf den hohen Standard bei der Belüftung verwiesen, aber „vor allem im Eingangsbereich, den Sanitäranlagen, der Restauration und nicht zuletzt oder gerade im Zuschauerraum selbst lassen sich Abstandsregeln nicht durchgängig einhalten“.
Und wenn dann auch noch, so Kuhlmann, Zuschauer eingelassen werden, die nur über einen bis zu 48 Stunden alten einfachen Test verfügen, „dann kann man nicht mehr davon ausgehen, das Haus sicher aufsuchen zu können“.
Als vorerkrankter Besucher kann es sich Kuhlmann, doppelt geimpft und kurz vor der Boosterspritze, nicht vorstellen, unter den derzeitigen MiR-Spielregeln das Haus aufzusuchen: „Bleibt es bei den jetzigen Regeln, werden neben mir vermutlich auch andere treue Besucher frühestens irgendwann im nächsten Jahr wieder ins Haus kommen können.“
Tobias Werner, Geschäftsführer des Musiktheaters, weiß um diese Problematik. Er ist dennoch sicher: „Die meisten Zuschauer sind froh, überhaupt wieder Vorstellungen besuchen zu können. Uns ist aber bewusst, dass wir mit den aktuellen Regeln nicht alle erreichen können.“
Lange galt im Haus das Schachbrettmuster bei der Besetzung der Plätze. Werner: „Damit konnten wir nur 50 Prozent der Platzkapazität nutzen.“ Entgegen des ursprünglichen Plans, ab November wieder alle Plätze anzubieten, wolle man das Haus nun aber nur zu 70 Prozent auslasten.
Die neuen Regeln erwachsen vor allem aus der gestiegenen Ticketnachfrage. Besonders die Rossini-Oper „Otello“ stößt aktuell auf großes Interesse. Dennoch habe man wie an vielen anderen Theatern intensiv auch über die 2G-Regel nachgedacht, sich aber vorerst dagegen entschieden: „Wir haben uns den Regeln der Stadt Gelsenkirchen angeschlossen, auch, um niemanden vom Besuch des Musiktheaters auszuschließen.“
Der Anteil der Menschen, die das Haus lediglich mit einem Testnachweis besuchen würden, sei zudem marginal: „Die meisten sind geimpft.“ Bei der Abschaffung der Maskenpflicht sei man dem Wunsch vieler Besucher nachgekommen. Außerdem empfehle man ausdrücklich und per Aushang das Tragen des Mund-Nase-Schutzes auch am Platz.
Das Musiktheater bietet inzwischen die kostenlose Stornierung von Tickets bis zu einem Tag vor der Vorstellung an.
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