Oberhausen. Das alte Innenstadt-Kino, der Europapalast, sollte als Saal renoviert werden. Doch das Rathaus verpasst Förder-Fristen, die Politik ist erbost.
„Das Märchenschloss bröckelt.“ So pointiert bringt Marita Wolters (CDU) am Dienstagnachmittag im Kulturausschuss des Oberhausener Stadtrates die einstündige Debatte um das Finanzierungs-Debakel des „Europapalastes“ auf den Punkt. Volker Köster (Linke) nimmt sogar, wenn auch im Konjunktiv, das böse Wort „Untersuchungsausschuss“ in den Mund. Und Manfred Flore (SPD) sieht in der Rathaus-Beschlussvorlage für die Politik nur die Wahl zwischen „einer Beerdigung erster und zweiter Klasse“.
Das Papier aus dem Ressort des Planungsdezernenten Ralf Güldenzopf (CDU) lässt den Politikern nur die Wahl – bei Kosten für die Stadt von jeweils 290.000 Euro – den Umbau des bröckelnden Prachtkinos von 1955 in einen Multifunktionssaal gänzlich zu beerdigen. Oder die Planungen abzuschließen – und darauf zu hoffen, später das Projekt mit einer neuen öffentlichen Förderung retten zu können. Die dafür bereits ausgegebenen „Brückenschlag“-Mittel jedenfalls wird die Stadt mit Zinsen ans Land zurückzahlen müssen.
„Wieder Fördermittel in die Gosse gekippt“
Den wohl größten Redeanteil, neben dem Dezernenten, hatte SPD-Ratsherr Axel Scherer, der eine ganze Reihe kritischer Fragen abfeuerte – deren zentrale lautete: „Warum hat das so lange gedauert?“ Noch schärfer formulierte sein Parteifreund Hartwig Kompa: „Wie beim Altenberger Park“, als die Baudezernentin Sabine Lauxen (Grüne) wichtige Fristen verstreichen ließ, „haben wir Fördermittel in die Gosse gekippt: Das ist skandalös“.
„Wir müssen die Planungen verdichten“, nannte auch Dezernent Güldenzopf die „schmerzliche Lehre“ aus dem Debakel. Er betonte jedoch, dass erst im Lauf des letzten Jahres die hohen Zusatzkosten deutlich geworden seien. Er verstehe den „Frust“, wie er es nannte, über die starre Fördersystematik des Landes. Doch weder Fristen noch Vorgaben ließen sich umspielen: „So ist der verrechtlichte, schematische Ablauf.“
Der Dezernent wie auch Horst Kalthoff, Geschäftsführer des neuen Eigenbetriebs „Servicebetriebe Oberhausen“ (SBO, früher OGM), verwiesen auf die großen Schwierigkeiten, mit der neuen Eigentümerin des Europahauses in sinnvollen Kontakt zu treten: „Wir brauchten Monate, um den Schlüssel zu kriegen.“ Dann stelle man eben viel zu spät fest, wie hoch die Schadstoffbelastung im Altbau sei. Kalthoff warb indirekt für die als „Beerdigung zweiter Klasse“ geschmähte Option: „So könnten wir weiter planen – und das Projekt später umsetzen.“
„Das Weh und Ach bringt uns nicht weiter“
Auch Marita Wolter meinte bündig: „Das Weh und Ach bringt uns nicht weiter.“ Andreas Gadde argumentierte als Sprecher der Grünen im gleichen Sinn: „Option A – wir schmeißen alles weg. Option B – wir können hoffen.“ Dem kulturpolitischen Sprecher der SPD war das nach einer Stunde engagierter Debatte zu wenig. „Das ist mir hier zu friedlich“, sagte Axel Scherer. Schließlich gehe es um eine „Perle“ im Oberhausener Süden.
Spar-Option mit verkappten Mehrkosten
Skeptisch bewertet die Stadtverwaltung auch zwei „Spar“-Optionen, mit denen sich die steigenden Kosten wieder um über eine Million Euro drücken ließen: So hoch beziffert das Architekturbüro die Einsparpotenziale, wenn man bei der Sanierung auf eine Aufzugstation im Rang, auf Wärmedämmung und auf neue Sanitäranlagen verzichtet. Der einstige Kinosaal mit seinen vielen Höhenniveaus wäre dann allerdings nicht mehr barrierefrei.Und die zweite Spar-Option bedeutet sogar eine verkappte Kostensteigerung. Dabei würde die Energieversorgung Oberhausen (EVO) die technische Gebäudeausstattung übernehmen. Die Stadt müsste dann die Technik mieten, würde aber bei einer angenommenen Laufzeit von 15 Jahren rund 50 Prozent mehr zahlen, als wenn sie selbst 1,2 Mio Euro in die Technik investiert hätte.
Doch in der Argumentation, was alles nicht geht, um dieses zentrale „Brückenschlag“-Projekt zu retten, zeigte sich die Vorlage aus dem Rathaus geradezu hingebungsvoll. Demnach werde eine Fortführung auf Kosten der Stadt „durch eine Reihe von Hürden letztlich unmöglich gemacht“. Die höchste Hürde sind hier die Besitzverhältnisse: Denn nur die Sanierung von städtischem Eigentum könnte der Kämmerer als Investitionskosten verbuchen. Allerdings blieb Apostolos Tsalastras, Kämmerer und Kulturdezernent der Stadt, in der Debatte um das 4,7-Millionen-Euro-Projekt betont schweigsam.