Oberhausen. Bei der zweiten Flüchtlingsbewegung innerhalb von acht Jahren machen Bund und Land dieselben Fehler: Sie lassen die Großstädte im Stich.

Wer sich in jungen Jahren in der Politik engagiert, macht dies meist aus edlen Motiven: Das Leben der Menschen soll verbessert werden, die Welt zumindest ein klein wenig gerettet werden. So ist es nur allzu verständlich, dass der Rat, wenn auch mit knapper Mehrheit durch die Stimmen von SPD, Grünen und Linken, mit dem Beitritt von Oberhausen zum Bündnis „Städte Sicherer Häfen“/Seebrücke ein dickes Ausrufezeichen setzt – gegen den Skandal, dass das reiche Europa mit seiner Abschottungspolitik dabei achselzuckend zusieht, wie Jahr für Jahr Tausende Menschen, vor Armut, Krieg und Aussichtslosigkeit flüchtend, bei der Überfahrt elendig ertrinken. Das Mittelmeer ein Massengrab, ein Ort der humanitären Katastrophe. Deshalb erklärt die eine Hälfte des Rates trotz der neuen Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ausdrücklich, dass Oberhausen auch mehr Menschen aus Seenot aufnehmen soll, als die Stadt eigentlich rechtlich müsste.

Mit dem Desaster des Ukraine-Krieges geraten ohnehin nicht nur die Afrika-Flüchtlinge, sondern auch andere tragische Schicksale der Menschheit in Vergessenheit: Die Taliban-Repressionen in Afghanistan, der schreckliche Stellvertreter-Krieg im Jemen, die Hungersnöte in Somalia und Madagaskar. Kann aber Oberhausen die Welt retten? Gerade Lokalpolitiker müssen die Leistungsgrenzen einer Stadt beachten.

Es mangelt an Kapazitäten

Mit der zweiten großen Flüchtlingsbewegung innerhalb von acht Jahren droht gerade den Großstädten im Ruhrgebiet eine völlige Überforderung. Es fehlt an Unterkünften, an Schulen, an Kitas, an Lehrkräften, an Kita-Erziehern, an Psychologen, an Ärzten – es mangelt schlicht an Kapazitäten. Bund und Land lassen die Kommunen erneut bei der Organisation im Stich – nicht alles ist eine reine Geldfrage.

In den Großstädten wiederum ballen sich die Probleme in bestimmten Stadtvierteln, in denen nicht unbedingt all diejenigen Lokalpolitiker wohnen, die nun mehr Flüchtlinge aufnehmen wollen. Wir benötigen dringend eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen in ganz Deutschland, in ganz Europa, hierzulande aber vor allem zwischen Großstädten und Kleinstädten. Insofern ist es derzeit das falsche politische Signal, dass Oberhausen es schafft, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen.

Gerade Oberhausen hat sich angesichts der Weltkrisen moralisch nichts vorzuwerfen – ganz im Gegenteil: Es ist so unglaublich bewundernswert, wie viele Oberhausener Bürger und Unternehmer bei Schicksalsschlägen weltweit und vor Ort mit Herz und Leidenschaft anpacken, um zu helfen, wo immer es geht. Und es sind so viele städtische Beschäftigte bereit, mit ganz vielen Überstunden die akuten Problemberge abzubauen. Oberhausen ist hier Vorbild für andere Kommunen in ganz Deutschland! Aber auch die Kraft und Fähigkeiten dieser vielen engagierten Bürger sind endlich.