Oberhausen. Hunderte Menschen haben sich auf dem Marktplatz in Osterfeld impfen lassen. Trotz des Ansturms lief die Aktion geordnet ab. Doch es gab Kritik.
Bei der zweiten Sonderimpfung mit Extra-Dosen von Johnson&Johnson im Oberhausener Stadtgebiet drängten sich am Donnerstag überraschend viele Menschen vor der mobilen Impfstation in Osterfeld – einige reisten sogar aus Köln an.
Die von der Stadt beauftragten Impfärzte begannen ab 9 Uhr auf dem Marktplatz Menschen mit dem wertvollen Impfschutz zu spritzen. Insgesamt standen etwa 750 Impfdosen aus dem Sonderkontigent des Landes bereit, doch die erfahrenen Mediziner holten aus den Impfbehältern sogar mehr Dosen heraus. Zwei Tage zuvor wurden bei gleicher Impfmenge wie in Osterfeld 937 Menschen vor den Hochhäusern an der Bebelstraße in Alt-Oberhausen geimpft. Ziel der beiden Impf-Aktionen ist es, arme Personen aus dicht besiedelten Stadtteilen vor Corona zu schützen.
Bereits um vier Uhr morgens setzten sich die ersten Menschen mit Klappstühlen vor dem Marktplatz, um auf die Impfung zu warten. Um 10.30 Uhr zählte die Polizei über 900 Menschen in der Warteschlange – trotz des Dauerregens. Die Menschen reihten sich über viele hundert Meter auf – von der Vestischen Straße, auf Höhe der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde Heiliger Erzengel, die Bottroper Straße entlang bis hinauf zu den Impfzelten an der Gildenstraße am Marktplatz. Um 11 Uhr waren bereits mehr als 100 Personen geimpft. Schon am Vormittag waren so viele Leute zur Impf-Aktion gekommen wie am gesamten Dienstag bei der Impf-Aktion an der Bebelstraße.
Stadt rechnete mit vielen Impfwilligen in Osterfeld
„Uns war klar, dass heute deutlich mehr Andrang sein würde“, sagt Jörg Brandenburg, Feuerwehr-Stabsleiter und Verantwortlicher für die Impforganisation. Einerseits, weil sie zwei Tage zuvor an der Bebelstraße 300 impfwilligen Menschen kein Angebot mehr machen konnten und damit rechneten, dass diese nun nach Osterfeld kommen würden. Andererseits, weil die erste Stadtteil-Impfung gut verlaufen sei – dieser Erfolg habe sich über die Medien stark verbreitet. „Und hier auf dem Osterfelder Marktplatz ist alles noch offener als an der Bebelstraße. Wir sind hier wie auf dem Präsentierteller.“
Auch die zweite Impf-Aktion lief trotz des Andrangs nach Beobachtung von Brandenburg ruhig und entspannt ab. Jedoch beschwerten sich immer wieder Wartende, dass ein Großteil der Impflinge jünger als 60 Jahre waren. Nach der offiziellen Ankündigung der Stadt für die beiden Sonderimpfaktionen richtete sich das Angebot nämlich eigentlich vornehmlich an über 60 Jahre alte Personen in den jeweiligen Stadtteilen. Zudem übten sie Kritik, dass auch Menschen aus anderen Städten unberechtigterweise versuchten, eine Impfung zu erhalten.
In der Schlange stehen auch Menschen aus fremden Städten
Bereits seit 8 Uhr stand der 17-jährige Sam Bader aus Essen in der Schlange. „Hier fährt ein Bus rum, der mit Lautsprechern sagt, dass nur Oberhausener geimpft werden. Aber ich will mein Glück probieren.“ Er müsse andernfalls noch mehrere Monate warten, bis er einen Termin beim Hausarzt bekomme. „Ich will endlich wieder ohne schlechtes Gewissen in Bars und Restaurants gehen.“ Er wollte versuchen, die Ärzte mit zwei Argumenten zu überzeugen: Erstens sei er schon eine Stunde vor dem eigentlichen Beginn in der Schlange gewesen; und zweitens stehe er nun seit über drei Stunden an. Ob die Ärzte Gnade vor Recht ergehen ließen?
Brandenburg sagte, er und sein Team müssten alle Leute abweisen, die nicht nachweisen können, dass sie aus Oberhausen stammen. „Wir haben heute Morgen schon jemanden aus Köln leider wegschicken müssen.“ Doch warum bekamen viele unter 60-Jährige eine Impfung? „Der Impfstoff von Johnson&Johnson ist auch für Menschen ab 18 Jahren freigegeben – wir können junge Leute nicht einfach abweisen.“ Zudem habe man beschlossen, dass es eine Stadtteil-Impfung sei, sie richtete sich an alle Menschen aus der Gegend. „Schließlich zählt im Kampf gegen Corona jede Spritze.“
Feuerwehr hat wegen großer Nachfrage spontan weitere Impfdosen organisiert
Brandenburg hat wegen des extrem großen Andrangs spontan am Donnerstag niedergelassene Ärzte in Oberhausen angefragt, ob sie zusätzlich Impfdosen zur Verfügung hätten. Auf diese Weise konnte er noch knapp 40 weitere Dosen bekommen.
Nachdem die Wartenden es bis zum Marktplatz schafften, mussten sie sich im ersten Zelt anmelden. Dort arbeiteten zehn Übersetzer, die Anmeldeunterlagen lagen in acht Sprachen aus. Im zweiten Zelt wurden die Anmeldedaten elektronisch erfasst und an das Robert-Koch-Institut geschickt. Im dritten Zelt und im Bistro Jedermann gab es die Impfungen, insgesamt in sechs Kabinen. Auf diese Weise wurden zirka 70 Personen in der Stunde geimpft.
Impfärzte weisen Impflinge aus den Nachbarstädten ab
Als Nina Jahrmärker um 12 Uhr aus der Impf-Kabine kam, strahlte sie vor Freude. Die 33-jährige Oberhausenerin stand schon um 8 Uhr in der Schlange. „Ich hab’ links und rechts nett mit den Leuten gequatscht. Wir haben zusammen Kaffee getrunken. Ging dann eigentlich von der Zeit her.“ Sie freute sich, nun unbeschwert in den Urlaub an die Ostsee zu fahren. „Aber erstmal gehe ich shoppen.“ Beim Impfmittel von Johnson&Johnson reicht bereits eine einzige Impfung für den vollen Impfschutz aus.
Was steckt hinter den Stadtteil-Impfungen?
Das Land NRW hatte Mitte Mai angekündigt, 15 Landkreisen und Großstädten ein zusätzliches Impfkontingent von 100.000 Impfdosen von Johnson & Johnson abzugeben. Die Kommunen, darunter Oberhausen, wurden ausgewählt, wenn sie insgesamt hohe Inzidenzwerte aufweisen und zudem relativ viele Bürger haben, die auf Hartz-IV-Leistungen und Grundsicherung angewiesen sind.
Sam Bender aus Essen hat übrigens keine Impfung bekommen, weil tatsächlich nur Oberhausener geimpft wurden. „Die sind gar nicht auf meine Argumente eingegangen“, sagt er enttäuscht. „Jetzt fahre ich erstmal nach Hause.“
Bereits um 13.30 Uhr konnten sich keine weiteren Menschen mehr in die Schlange stellen, weil schon so viel Impfstoff verbraucht wurde. „Wir hatten zu dem Zeitpunkt noch etwa 500 Impfdosen übrig“, sagt Brandenburg. „Und in der Schlange standen noch etwa genau so viele Leute.“ Am Ende der Impf-Aktion zog er ein positives Fazit. „Wir haben zum Großteil unsere Zielgruppe erreicht. Also eine gelungene Aktion.“ Dennoch geht er nicht davon aus, dass Oberhausen weitere Stadtteil-Impfungen anbieten könne, weil das Land wohl kaum nochmals weitere Impfmittel für Sonderaktionen liefern werde.
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