Oberhausen. Für den Bau der Betuwe-Linie spendiert die Bahn allein in Oberhausen 450 Millionen Euro. Doch bis 2025 wird es für Anwohner und Pendler heikel.
Man kann sie völlig unterschiedlich bewerten, die Betuwe-Güterzugstrecke von Oberhausen über Emmerich nach Rotterdam, die auch auf Oberhausener Stadtgebiet um ein Gleis verbreitert wird. Mit einer Planungs- und Bauzeit von mittlerweile fast 20 Jahren steht sie für das deutsche Problem, für wichtige Neubauten endlos lange Zeit zu brauchen. Denn sie wird wohl nicht vor 2030 fertig. Als die SPD-Sommerschule jetzt am Bahnhof Sterkrade Halt machte, um sich zu informieren, überwog aber die positive Sichtweise.
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Hier ist man stolz darauf, was man der Deutschen Bahn alles abgetrotzt hat, bevor es mit dem Bau dort in den nächsten Wochen losgeht. Bürgermeister Manfred Flore verkündete bei dieser Gelegenheit, dass das ehemalige „Yesterday“, die Kult-Kneipe an der Ecke Heidstraße/Neumühler Straße, in Kürze abgerissen wird. Der Abriss des markanten Gebäudes, den nicht nur viele Sterkrader bedauern, ist ein notwendiges Übel für den Umweltschutz. Denn mit der Betuwe-Strecke kann man mehr Güter klimafreundlicher per Gleis statt mit Lastern durch Europa transportieren.
Fläche für fünftes Gleis und Parkplatz
Die Bahn benötigt den Platz, um durch den Bahnhof Sterkrade ein fünftes Gleis zu verlegen. Insgesamt wird die Strecke durchgehend von zwei auf drei Gleise verbreitert. Außerdem entsteht an diesem fünften Gleis eine Lärmschutzwand. Nördlich vom „Yesterday“ legt die Bahn einen Parkplatz und ein Regenrückhaltebecken an, um die Wassermassen, die vom Bahngelände abfließen, regulieren zu können.
Das Kernstück des Bahnhofs-Umbaus aber wird die neue Unterführung sein. Und da bestätigte auch Ricarda Mauksch, die Verkehrsplanerin im Rathaus, dass Beachtliches erreicht worden sei: eine sechs Meter breite Unterführung mit beleuchteten Glaswänden, die Frauen die Angst nehmen soll. Diese Glaswände werden trickreich gebaut: Wildpinkler würden dort künftig im eigenen Urin stehen, weil das Glas unten zu ihnen hin gewölbt sein wird. Damit soll verhindert werden, dass auch diese Unterführung in kürzester Zeit ein Ort wird, an dem es stinkt. Der Preis für all diese Verschönerungswünsche der Stadt wird aber sein, dass sich Oberhausen mit rund zehn Millionen Euro am Bau beteiligen muss.
Durchblick erwünscht
Manfred Flore, zugleich Sprecher der Bürgerinitiative „Betuwe – so nicht“, erinnerte daran, dass es gelungen sei, der Bahn einen Wettbewerb der Planer um diese Unterführung abzuringen. Und dass der Sieger dieses Wettbewerbs mit seiner Idee von den „Lichtwelten" auch tatsächlich zum Zuge kommen wird. Der Plan sieht vor, dass auf Höhe der Züge trotz der Lärmschutzwände die Sicht auf die andere Seite teilweise möglich sein wird, vor allem aber durch die Unterführung. Die mündet auf der Westseite in Treppenaufgänge und Fahrradrampen.
Im Erdgeschoss des großen neuen Parkhaus, das an der Stelle des heutigen, miserablen Parkplatzes gebaut wird, werden Rad-Abstellplätze angelegt. Zudem können dort Elektrofahrzeuge Strom tanken. Übrigens: Bei der Vorbeifahrt müssen Pkw-Fahrer künftig am Bahnhof warten, bis die Fahrgäste in die Linienbusse aus- und eingestiegen sind. Deren Haltestelle wird künftig direkt vor die Bahnunterführung verlegt.
Landtagsabgeordneter Stefan Zimkeit gab allerdings zu bedenken, dass die große Baustelle Einheimischen und Pendlern mindestens bis 2025 viel Geduld abverlangen wird. Die Konflikte, die es mit der Baustelle der Emschergenossenschaft an der Bayernstraße gab, könnten dagegen klein erscheinen. Zimkeit bat die Verantwortlichen, vor allem den Schienenersatzverkehr (SEV) für ausfallende Züge zuverlässig zu organisieren. Sonst verliere die Bahn während der Bauzeit womöglich viele Kunden, die nie zurückkehren würden.
Bahn investiert für Betuwe allein in Oberhausen 450 Millionen Euro
1992 haben die Niederlande und Deutschland den Bau der Betuwe-Strecke zwischen beiden Ländern vereinbart. Die Niederländer entschieden sich für eine ganze neue, 105 Kilometer lange reine Güterzugstrecke zwischen Zevenaar und Rotterdam-Hafen. Sie kostete 4,7 Milliarden Euro und ging bereits 2007 in Betrieb.
In Deutschland begann der Ausbau der vorhandenen 73 Kilometer langen Strecke zehn Jahre später: 2017 mit den Brückenbauten über Emscher und Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen. Allein in Oberhausen gibt die Bahn über 450 Millionen Euro aus. Bisher gibt es nur für einige der insgesamt zwölf Bauabschnitte Baurecht. In Oberhausen wurde lange mit der Bahn über die Sicherheitsvorkehrungen entlang der Strecke gestritten. Am Ende wurde 2018 ein Kompromiss erzielt, mit dem die Feuerwehr leben kann.
Die Betuwe-Linie ist Teil der europäischen Verkehrsachse zwischen Rotterdam und Genua in Italien. Das schwierigste Bauwerk dabei war der Gotthard-Basistunnel von 57 Kilometern Länge unter den Alpen hindurch. Nach 17-jähriger Bauzeit wurde er 2016 eröffnet. Er hat 13,4 Milliarden Euro gekostet.