Gelsenkirchen. Rumänische & bulgarische Jugendliche werden bei „Gemeinsam in Ückendorf“ direkt aufgesucht. Ein neuer Weg für Gelsenkirchens Integrationsarbeit.

Erstmals schließen sich alle freien Träger der Kinder- und Jugendarbeit in Ückendorf zusammen, um bei der Integration von rumänischen und bulgarischen Jugendlichen mehr zu bewirken: Mit dem Projekt „Gemeinsam in Ückendorf“ sollen gezielt Zehn- bis 18-Jährige aus südosteuropäischen Familien angesprochen werden und „von der Straße geholt werden“, wie es Streetworkerin Ima Ghafouri formuliert. „Wir gehen gezielt auf sie zu und klingeln bei den Familien an.“

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Vereint für das Projekt haben sich die Evangelische Jugend, die Katholische Jugendsozialarbeit (KJS) und das Kinder- und Jugendkulturzentrum Spunk. Die Sozialarbeiter sind Anfang Oktober erstmals losgezogen – vom Lidl-Supermarkt an der Ückendorfer Straße, der bei Anwohnerbeschwerden über Jugendliche häufig im Fokus steht, in die Ziegel- und Lazarettstraße, über die Bergmannstraße oder die Braunschweiger Straße. Eine Gruppe von sieben Jugendlichen habe man dann direkt überzeugen können, mit ins Spunk zu kommen, „um dort Kicker und Playstation zu spielen, Pfeil und Bogen zu schießen und sie mit ersten Hausregeln vertraut zu machen“, erzählt Ima Ghafouri.

Ückendorfer Straße: Sonnenstudio soll zum Jugendtreff werden

Eigentlich soll für das Projekt ein eigener Jugendtreff in einem ehemaligen Sonnenstudio an der Ückendorfer Straße 121 entstehen. Es soll die zentrale Anlaufstelle für die südosteuropäischen Jugendlichen aus dem Quartier werden. „Wir müssen allerdings erst einmal den langen Weg der Verwaltung gehen, um dort Kinder- und Jugendarbeit machen zu können“, sagt Barbara Eggers von der Evangelischen Jugend. Zunächst müsse ein entsprechender Umnutzungsantrag für das Ladenlokal bewilligt werden. Ein Problem könnte zum Beispiel sein, dass es dort nur eine Toilettenanlage gibt – die auch noch unbelüftet ist.

Holger Ott (Katholische Jugendsozialarbeit) vor dem ehemaligen Ladenlokal an der Ückendorfer Straße 121, in dem eine zentrale Anlaufstelle für rumänische und bulgarische Jugendliche entstehen soll – sofern der Umnutzungsantrag bewilligt wird.
Holger Ott (Katholische Jugendsozialarbeit) vor dem ehemaligen Ladenlokal an der Ückendorfer Straße 121, in dem eine zentrale Anlaufstelle für rumänische und bulgarische Jugendliche entstehen soll – sofern der Umnutzungsantrag bewilligt wird. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Bis der Weg für die Nutzung des Ladenlokals frei ist, werden die bisherigen Strukturen der Träger genutzt: Montags steht das Spunk für die südosteuropäischen Jugendlichen zur Verfügung, mittwochs der Ücky-Jugendtreff an der Bochumer Straße. Donnerstags sind von 16 bis 20 Uhr Aktionen am Pestalozzihain geplant. Dort soll mal ein aufblasbares Fußballfeld aufgestellt, mal in die Rolle von Sumo-Ringern geschlüpft oder ein Kletterturm aufgebaut werden. „Es geht jetzt darum, dass wir verlässlich sind und die Jugendlichen darauf zählen können, dass wir an diesen Tagen immer vor Ort sind“, sagt Holger Ott von der KJS. [Zum Thema: Heinrich-König-Platz: Mit Rap & Kickboxen zu weniger Krawall]

Buntes Streetworker-Team will Sprachbarrieren brechen

Erfolg versprechen sich die Träger durch die Zusammenstellung des Streetworker-Teams. Die Sprachbarrieren brechen wollen Pianist und Chorleiter Daniel Ursaru (19), der Rumänisch und Romani beherrscht, und Seden Sila Özdiker (23), die mit ihrem fließenden Türkisch die Bulgaren erreichen möchte, die zur türkischsprachigen Minderheit gehören. Die Dortmunderin steckt am Anfang ihres dualen Studiums (Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Migration und Integration) und absolviert den praktischen Teil hier im Projekt. Rene Marcel Plaß (37) ist Graffiti-Künstler, Ima Ghafouri (37) war in Integrationsworkshops für viele Träger tätig und ist seit Jahren als Musikerin unterwegs. Naheliegend bei diesem kreativen Quartett: Musik als Weg, um den Jugendlichen näher zu kommen.

„Meist wohnen die Jugendlichen mit ihren Familien in kleinen Wohnungen. Hier sollen sie Freiräume schaffen, die sie in ihrem Alltag nicht haben“, fasst Spunk-Leiter Sebastian Kolkau das Ziel des Projekts zusammen. „Das ist der zentrale Punkt, um Integration zum Erfolg zu bringen, nur dann fühlt man sich als Teil der Gesellschaft.“

Insbesondere, so ergänzt Holger Ott von der KJS, gebe es hier bei den Mädchen viel zu tun. „Es wird länger dauern, sie zu erreichen, wenn man an das Selbstverständnis ihrer Kultur und die meist patriarchalisch geprägten Familien denkt. Wir müssen den Mädchen Möglichkeiten geben, sich im geschützten Raum den gesellschaftlichen Standards in Deutschland anzunähern.“ In Planung ist deswegen etwa ein regelmäßig stattfindender Mädchen-Tag. [Lesen Sie auch: Was bei der Jugendarbeit in Gelsenkirchen falsch läuft]