Gelsenkirchen. Hitzetage, Tropennächte, Starkregen: Wetterextreme nehmen zu. Klimaforscher zeigen mögliche Änderungen in Gelsenkirchen bis Ende des Jahrhunderts
Seit der Hochwasserkatastrophe in der Eifel und in Rheinland-Pfalz mit ihren verheerenden Folgen und zahlreichen Todesopfern blicken Experten und Bürger noch intensiver auf ihre kleinen Bäche und Wasserläufe - und in Gelsenkirchen natürlich auch auf dieEmscher. Kann so eine Flutwelle auch eines Tages Gelsenkirchen überrollen?
„Hochwasser gibt es nicht nur an Rhein, Mosel oder Elbe. Auch in Gelsenkirchen kann es an den Bächen und Flüssen wie der Emscher zu Hochwasser kommen. Die Gefahr wird insbesondere durch den Klimawandel verschärft, da es zu Starkregen kommen kann“, teilt die Stadt auf ihrer Seite mit.
Mehr Regen im Emscher-Gebiet
Die Wucht der Regenmassen jedenfalls hat Mitte Juli viele Experten überrascht. Flächendeckend wurden im Emscher-Gebiet in 24 Stunden rund 64 Millimeter Niederschlag gemessen, davon fielen rund 40 Millimeter in nur zwölf Stunden. Zum Vergleich: Der mittlere Niederschlag im Emscher-Gebiet im gesamten Monat Juli beträgt normalerweise 83 Millimeter. In diesem Juli gab es im Emscher-Gebiet Starkregenzellen mit lokalen Niederschlägen, die statistisch gesehen seltener als einmal in hundert Jahren wiederkehren.
Seitdem läuft die Debatte um einen bestmöglichen Hochwasserschutz. Begriffe wie „Retentionsflächen“ (unproblematische Überschwemmungsbereiche für Flussläufe) und „Schwammstadt“ (Stadtgebiete, die in der Lage sind, Überflutungen schadlos aufzunehmen) sind in aller Munde.
„In Gelsenkirchen sind die Emscher und einige ihrer zufließenden Gewässer eingedeicht, da aufgrund von Bergsenkungen einige Gebiete neben den Flüssen unter dem Wasserspiegel liegen. Kommt es zu einem Hochwasser in der Emscher und den Nebenläufen, fließt das Wasser zwischen den Deichen ab. So werden ihre angrenzenden Wohnungen und Betriebe geschützt“, berichtet die Stadt.
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In sehr seltenen Fällen aber könnten die Deiche versagen oder überströmt werden. Das letzte große Hochwasser gab es in Gelsenkirchen im Jahr 1946 auf Horster Gebiet. „Die Deiche an der Emscher sind so gebaut, dass sie sogar Hochwasser, das nur alle 200 Jahre eintritt, sicher zurückhalten können“, so die Stadt.
Hitzetage, Tropennächte, Starkregen
Mehr heiße Tage, mehr tropische Nächte, aber auch deutlich mehr Starkregen: Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird der Klimawandel überall in Deutschland spürbar sein. Die 401 Kreise und kreisfreien Städte wird es aber unterschiedlich treffen. Forschende des Climate Service Center Germany (GERICS) haben nun erstmals Ausblicke über mögliche Klimaveränderungen in dieser regionalen Größenordnung erstellt.
Demnach wird es in Gelsenkirchen 1,8 Tropennächte – Nächte pro Jahr mit einer Mindesttemperatur von mehr als 20 °C – geben. Heute sind es 0,3. Das Thermometer werde durchschnittlich an fast neun Tagen die 30 °C überschreiten, heute sind es etwa sechs Tage. Die Zahl der schwülen Tage werde deutlich von 6,4 auf 19 steigen, während es nur noch 0,3 statt 9,1 Tage geben werde, an dem die Tagesmaximumtemperatur geringer als 0 °C ist. Starkregen erwarten die Forscher in Gelsenkirchen an 5,2 Tagen im Jahr und nicht mehr nur an vier Tagen.
Forscher: Spielplätze und freie Plätze sollten Schatten bieten
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Die Folgen der Klimaveränderungen seien in ihrer Breite noch nicht absehbar, erklären die Wissenschaftler. Städte müssen auf jeden Fall künftig anders planen. Spielplätze und freie Plätze sollten Schatten bieten, Städte brauchen mehr Grün- und Wasserflächen, um Trockenheit und Hitze besser zu kompensieren. Städte wie Karlsruhe oder Freiburg im Südwesten sind besonders vom Temperaturanstieg betroffen.
Nach den vergangenen Hitzesommern ist offensichtlich geworden, dass auch der Wald bedroht ist. Ende des 21. Jahrhunderts, so die Forscher, werde es die Wälder in Deutschland in der Zusammensetzung wie heute nicht mehr geben. Bestimmte Arten wie Fichte und Buche bekommen in vielen Orten wegen ihrer flachen Wurzeln nicht genug Wasser.