Gelsenkirchen. Ein 56-Jähriger wehrt sich gegen die fristlose Kündigung. Entscheidung erst beim Kammertermin im Januar

Als familiäres Team mit flachen Hierarchien bezeichnet sich das Avedo-Callcenter in Gelsenkirchen. Während das Unternehmen mit 350 Mitarbeitern weiter Call-Center-Agents für ihren Betrieb an der Leithestraße sucht, wehren sich gleichzeitig sechs Beschäftigte gegen ihre fristlose Kündigung Ende August.

Stefan Bunge ist einer von ihnen, arbeitet seit sieben Jahren in dem Unternehmen. Am 29. September erhielt der 56-Jährige seine Kündigung.

Angeblich soll er einer Gruppe angehören, die im Betrieb für Unruhe gesorgt habe. Es habe sich eine Subkultur gebildet, meinte der Rechtsvertreter von Avedo vor Gericht. Man habe sich zur Kündigung entschieden, um den neuen Geschäftsführer zu schützen.

+++ Damit Sie keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen: Abonnieren Sie unseren WAZ-Newsletter. +++

Kai Hölterhoff hatte den bisherigen Chef Roman Zynga abgelöst. Der neue Mann sei als Leuteschinder und Choleriker charakterisiert worden. Namen konnte der Jurist dem Arbeitsrichter allerdings nicht nennen. Auch gab der Vorsitzende zu bedenken, dass der Rechtsvertreter stets von einer Gruppe spreche, dem Kläger aber kein Verhalten vorwerfen könne, das eine Kündigung rechtfertige. Er machte klar, dass es nicht ausreiche, bei einer Kündigung eine Gruppe als Person zu definieren.

Den eigentlichen Grund für die Kündigung sehen Mitarbeiter in ihren Aktivitäten, einen Wahlvorstand zu bilden, der eine Betriebsratswahl einleiten sollte. Zu der Sitzung, die Ende August von der Gewerkschaft organisiert wurde, hatte sich die Geschäftsführung nach Darstellung von Mitarbeitern widerrechtlich Zutritt verschafft. Mittlerweile haben Beschäftigte Strafantrag gegen die Geschäftsführung wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit gestellt.

Gelsenkirchener Callcenter Avdeo muss wichtige Gründe für die fristlose Kündigung

Andreas Kossmann hatte als Compliance-Beauftragter vor einer möglichen Betriebsratswahl das Stimmungsbild in der Belegschaft abgefragt. Demnach hatte sich eine Mehrheit für die Gründung einer Personalvertretung ausgesprochen. In den letzten Jahren hatte es an der Spitze des Unternehmens häufige Wechsel gegeben. Nicht eingehaltene Gehaltsversprechen oder Vertragsänderungen zu schlechteren Konditionen hätten die Mitarbeiter beunruhigt, meinte der 49-Jährige.

Bis zum Kammertermin im Januar muss das Unternehmen nachweisen, dass wichtige Gründe für die fristlose Kündigung im Verhalten des Klägers liegen. In der jüngsten Verhandlung waren diese kaum zu erkennen. Bis dahin muss Stefan Bunge von der Grundsicherung leben. Arbeitslosengeld kann er nicht beziehen, weil der Arbeitgeber ihm noch keine Dienstbescheinigung ausgestellt hat.