Oberhausen. Der Betrieb an der Oberhausener Flaßhofstraße geht weiter. Allerdings hat die Corona-Pause längst Narben hinterlassen, heißt es aus der Branche.
Der Betrieb im Oberhausener Rotlicht-Viertel läuft nach einer halbjährigen Pause wieder an. Wie von einem örtlichen Bordell-Betreiber zu hören ist, stoßen die seit 16. September geltenden Corona-Regeln für die Sex-Arbeit dabei zwar weitgehend auf Verständnis – allerdings hemmt die Pflicht, seine persönlichen Daten im Bordell zu hinterlassen, offenbar die Lust der Kundschaft.
„Die Kontaktdaten sind das Hauptproblem“, sagt der Inhaber des „Haus 39“ auf der Flaßhofstraße, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte. Kunden in Ehen oder festen Beziehungen, „die ihre Sehnsüchte zu Hause nicht offenbaren“ hätten die Sorge, dass Daten wie Name, Adresse und Telefonnummer in die falschen Hände gerieten. „Wer seine Kontaktdaten nicht angibt, den müssen wir allerdings bitten, das Haus wieder zu verlassen.“
Bordell-Besitzer: Maskenpflicht kein Problem
Wenige Probleme machten dagegen die Pflicht zu Desinfektion, Raumlüftung oder Bettwäschen-Wechsel. „Die Gäste haben bisher eher begrüßt, dass die Frauen auf sich und die anderen achten“, heißt es aus dem Rotlichtviertel. Auch die Maskenpflicht werde bislang von Kunden wie von Prostituierten anstandslos akzeptiert. „Die Kunden sind einsichtig, dass sie derzeit keinen Kuss und kein ‚Französisch‘ von den Damen bekommen können“, sagt der Sexunternehmer, der bis zu 15 Zimmer an selbstständig arbeitende Prostituierte in Oberhausen vermietet.
„Die Damen haben eine wirklich schlimme Zeit hinter sich, manche haben ihre Wohnung verloren“, sagt er. „Deswegen sind sie einfach glücklich, dass sie die Arbeit jetzt wieder aufnehmen können.“ Ergänzend zur ohnehin „mauen Corona-Hilfe“ für Solo-Selbstständige würden sich viele Sex-Arbeiterinnen schämen, für staatliche Unterstützung zum Amt zu gehen. Das hätte viele während der Corona-Zeit in die Illegalität getrieben. „Als die Prostitution verboten war, haben viele Damen im Netz ihren Körper angeboten, im völlig ungeschützten Raum.“
Leichtes Spiel für die illegale Prostitution?
Auch der Unternehmerverband Erotik Gewerbe Deutschland beklagt, dass durch die Corona-Pause Bemühungen in Luft aufgelöst worden seien, die durch das 2017 in Kraft getretene Prostitutionsschutzgesetz geschaffen wurden.
„Die Mär vom muskelbepackten Bordellbetreiber mit der Goldkette gibt es nicht mehr, weil das Gesetz die Spreu vom Weizen getrennt hat“, sagt Holger Rettig, Präsident des Verbands, der auch die Dienstleister an der Flaßhofstraße zu seinen Mitgliedern zählt. „Seit 2017 gibt es extrem hohe Hürden, um überhaupt eine Erlaubnis für einen Bordellbetrieb zu erhalten.“ Das Betriebsverbot und die folgende Verzweiflung vieler Damen habe dem kriminellen Milieu jedoch wieder Vorschub geleistet, die illegal organisierte Prostitution habe seitdem ein leichteres Spiel.
„Um Sex ging es an den ersten Tagen wenig“
Bei der Polizei Oberhausen sind entsprechende Fälle bislang nicht bekannt. Seit der Schließung an der Flaßhofstraße im März seien lediglich „vereinzelte Hinweise auf Prostitutionsausübung in privaten Wohnungen eingegangen.“ Soweit feststellbar, habe es sich dabei aber größtenteils um Wohnungen gehandelt, die auch schon vor März 2020 der Sex-Arbeit dienten. „Eine Abwanderung aus dem Bereich Flaßhofstraße in die Bereiche der Privatwohnungen ist nicht belegbar.“
Dort läuft das Geschäft nur langsam wieder an, längst nicht alle Zimmer seien aktuell vermietet, heißt es vom Oberhausener Bordellbetreiber. Und sexuelle Begierden standen an den ersten Öffnungstagen am „Haus 39“ offenbar gar nicht im Mittelpunkt. Viele Stammgäste, die „einfach ihre Gefühle rauslassen mussten und jemanden zum Reden brauchten“ seien am ersten Tag gekommen. „Um Sex ging es an den ersten Tagen sehr wenig.“