Gelsenkirchen. Corona-Impfung beim Zahnarzt oder beim Apotheker? Dieser Vorschlag wird gerade diskutiert. Das halten Gelsenkirchener Experten davon.
Ärmel hoch, Spritze rein, Pflaster drauf, fertig – Impfen ist doch einfach, oder? Die Nachfrage nach dem Piks gegen Corona steigt gerade wieder deutlich an: Die 2G-Regelung hat viele bisher Unentschlossene dazu bewegt, sich doch noch impfen zu lassen, gleichzeitig sind Menschen, die im Sommer ihre zweite Spritze bekommen haben, jetzt reif für die Booster-Impfung. Angesichts langer Schlangen vor den Impfstellen ist eine Diskussion darüber entstanden, wie man die Impfangebote ausweiten kann. Im Fokus stehen dabei auch Apotheker und Zahnärzte.
Normalerweise ist das Impfen Sache von Ärzten – also Humanmedizinern, um sie von Zahnärzten abzugrenzen. Doch normal ist in Zeiten von Corona nicht vieles, und so mehren sich die Stimmen, die auf unkonventionelle Lösungen setzen, um die Impfkampagne zu beschleunigen. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) etwa hatte in der vergangenen Woche einen Vorschlag gemacht: „Warum sollen Apotheker nicht impfen können? Warum sollen nicht Zahnärzte impfen können, die setzen die kompliziertesten Spritzen im Mund? Warum sollen die das nicht hinkriegen?“, hatte der Nachfolger von Armin Laschet gefragt. Wie steht man in Gelsenkirchen zu diesen Vorschlägen?
Das sagt der Gelsenkirchener Kreisvertrauensapotheker
Christian Schreiner, Kreisvertrauensapotheker, der in Buer die Dom-Apotheke führt, zeigte sich skeptisch. „Apotheker sind nicht dazu ausgebildet, Spritzen zu setzen“, sagt er. „Dazu müssten wir zunächst geschult werden.“ Er gab auch zu bedenken, dass es ja nicht nur darum ginge, den Menschen die Spritze zu verabreichen. „Es kann ja immer vorkommen, dass Menschen auf die Impfung mit einem allergischen Schock reagieren“, so Schreiner, „darauf muss man ja auch vorbereitet und dafür ausgebildet sein, dann schnell und richtig zu handeln.“ Es sei eine Frage der Zeit – „und Zeit haben wir gerade nicht“, sagt Schreiner.
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Der Apotheker wies zudem auf logistische Probleme hin: Die meisten Apotheken seien schon räumlich nicht darauf ausgelegt, viele Menschen in kurzer Zeit zu impfen. „Viele Ladenlokale haben keinen Extraraum, auch fehlt meistens ein Sitzbereich, wo die frisch geimpften Patienten sicherheitshalber 15 Minuten warten“, so Schreiner.
Zahnarzt Dagwin Lauer zeigt sich aufgeschlossen
Trotz aller dieser Gegenargumente wolle er sich aber nicht verwehren, wenn die Anfrage käme. „Ich sehe das ganz pragmatisch“, so Schreiner. „Wenn wir gerufen werden, impfen wir.“
Modellprojekt in Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein startet jetzt ein Modellprojekt, bei dem sich AOK-Versicherte in ausgewählten Apotheken gegen Grippe impfen lassen können. Erfahrungen in anderen europäischen Ländern wie Dänemark, Frankreich, Schweiz oder Großbritannien hätten gezeigt, dass sich mit solchen Angeboten in Apotheken die Impfquote deutlich steigern lasse, wirbt die AOK für ihr Vorhaben.Der Test soll über drei Jahre laufen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der teilnehmenden Apotheken wurden zuvor intensiv geschult.
Deutlich aufgeschlossener zeigte sich Dagwin Lauer, Vorsitzender des Zahnärztevereins Gelsenkirchen. „Bevor wir mehrere Wochen auf die Wiedereröffnung des Impfzentrums warten: Warum lassen wir nicht die Zahnärzte ran?“, fragt er. Allerdings mit einer Einschränkung: Zahnärzte sollten nur Booster- und keine Erstimpfungen verabreichen. „Die Entscheidung, ob ein Mensch überhaupt impffähig ist oder ob etwas gegen eine Impfung spricht, muss ein Human- und kein Zahnmediziner treffen“, sagt Lauer. Wenn jemand zur Boosterimpfung käme, sei aber bereits geklärt, dass er oder sie die Impfung vertrüge.
„Ich würde vorschlagen, dass jeder Zahnarzt seine eigenen Patienten impft“, sagt Lauer. Auf diese Weise könne man die Impfkampagne weiter und schneller voranbringen. Geklärt werden müsse aber noch die Haftungsfrage: Bei Impfungen durch Humanmediziner übernimmt der Staat die Haftung, falls durch die Impfung gesundheitliche Schäden entstehen. „Für Zahnärzte gilt das bislang nicht“, so Lauer.
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