Mülheim. Nach dem Ruhr-Hochwasser ist die Überprüfung der Statik des beliebten Mülheimer Wasserbahnhofs abgeschlossen. Wie es um die Schleuseninsel steht.
Die bunten Zierpflanzen, die den Platz der Deutschen Einheit vor dem Wasserbahnhof säumen, haben längst ihre roten, weißen und rosa Blütenköpfe wieder hochgestreckt, als wäre nichts gewesen. Als hätte ihnen der mehr als satte Schwall Hochwasser vor gut einem Monat geradezu gut getan. Von der Schleuseninsel, die jetzt – in normalen Sommern – ,überlaufen’ mit Besuchern wäre, kann man das nicht gerade sagen. Und doch gibt es auch sehr gute Nachrichten.
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Eigentümer versichert: Kein Abriss – die Sanierung der Gastronomie soll weitergehen
Denn der Wasserbahnhof – das Gebäude selbst – soll nach Auskunft von Stadt und Eigentümer Conle keine statischen Schäden durch das Hochwasser davongetragen haben. Auch der Baugrund sei weiterhin tragfähig, selbst wenn das Wasser einen Teil des Bodens unter dem Balkon an der rechten Seite weggeschwemmt hat. Das habe eine statische Prüfung ergeben. Zudem seien die durch das Hochwasser freigelegten Pfeiler des Balkons gesichert.
Das Gebäude muss also nicht abgerissen werden, wie noch vor wenigen Wochen befürchtet, der Eigentümer will dem Vernehmen nach weiter an der Sanierung der beliebten Gastronomie arbeiten. Ein möglicher Abriss ist somit offenbar vom Tisch.
Wann jedoch die Sanierung wohl beendet sein könnte, mag allerdings niemand prognostizieren. In den vergangenen Wochen habe der Eigentümer Zeit gebraucht, bis er den Schlamm aus den Kellern hatte und die notwendigen Bautrockner aufstellen konnte, kann Planungsamtsleiter Felix Blasch mitteilen.
Ruhr-Hochwasser zeigte gefährliche Schwachstelle der Mülheimer Schleuseninsel auf
Haus Ruhrnatur steht in den Startlöchern
Dabei stünde das Haus Ruhrnatur sogar in den Startlöchern: Nachdem die Keller unter Wasser waren und die Ruhr sogar 30 Zentimeter hoch im Untergeschoss stand, sind diese inzwischen trocken und sauber, kann Leiterin Christa Schragmann glücklich vermelden.
Viele Mülheimer erkundigten sich schon nach der Lage für die Tiere – die seien wohlauf, sagt Schragmann. Nächste Woche schon könnte das Haus öffnen. Wenn da nicht die Frage des Zugangs zum Haus wäre, das ganz im Südwesten der Insel liegt.
Ein Zugang sei aufgrund der Baustelle aber noch nicht geklärt, so Schragmann. Von Seiten der Stadt heißt es auf Anfrage der Redaktion, dass dieser über die Holzbrücke, sprich den Kassenberg, und das Kraftwerk möglich sei. Das RWW, welches das Haus Ruhrnatur betreibt, müsste aber dafür sorgen, dass auf dem Weg dorthin der Zugang zur Baustelle sicher abgesperrt werde.
Derweil ist etwas Ruhe an der Ruhr eingekehrt. Die Neugierigen und Katastrophentouristen, die sich noch vor wenigen Wochen über alle Absperrungen und Zäune der Stadt hinweggesetzt haben – teilweise ihre Kinder an den Abbruchkanten der Insel herumtollen ließen – sind weniger geworden, teilt Umweltamtsleiterin Gabriele Wegner mit und fügt kopfschüttelnd hinzu: „Das war lebensgefährlich.“ Die zwei Meter hohen Zäune, zusätzlich gesichert mit Schlössern, haben offenbar ihr Werk getan.
Und die Stadt steckt mitten in der Planung für den derzeit wohl am meisten kritischen Punkt der Schleuseninsel. Die Böschung im Westen vor dem Wasserbahnhof ist während des extremen Hochwassers unterspült worden und sackte gefährlich ab. Die Metropolradstation nahe der Böschung ist nahezu abgetaucht, Laternen liegen quer und dienen Tauben nun als prominente Aussichtsplattform auf die Ruhr. Auch Bäume kippten und mussten gekappt werden – sie werden später nachgepflanzt, versichert Umweltamtsleiterin Wegner.
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Mit dem Rutsch aber sind auch an die 25 Leitungen freigelegt worden. Von Strom bis Gas, von Abwasserrohren bis Telefonkabeln – all dies ist hinter den Absperrzäunen offen zu sehen.
Starkstromleitungen für Turbinen können nur stundenweise abgestellt werden
Frank Nadermann vom Amt für Umweltschutz und Andreas Pape (Abteilungsleiter Tiefbau) haben sich einen Überblick verschafft von den über Jahrzehnte peu á peu hinzugekommenen Leitungen. Einige kritische versorgen die Schleuse und die Wasserkraftwerksturbinen mit Strom. „Die Situation ist schon speziell“, sagt Nadermann, denn ohne Turbinenstrom würde das Wasser davor ansteigen und die Ruhr wohl erneut in den Dudel strömen.
In Folge können die Starkstromleitungen dorthin nur stundenweise für Bauarbeiten an der Abbruchstelle abgestellt werden, was eine genaue Planung erfordert. Die liegt nun in der Hand der Stadt, die auch für die unterschiedlichen Versorger und Leitungsbetreiber mit koordiniert.
Stadt will Situation an Schwachpunkt der Schleuseninsel deutlich verbessern
Da sich genau diese Stelle der Insel als Schwachpunkt herausgestellt hat, will die Stadt nicht einfach sanieren, sondern besser vorsorgen. Es soll zum einen eine Art Mulde entstehen, die bei künftigen Starkregenereignissen und Überflutungen das Wasser geordnet abführt und es damit auch von den Gebäuden fernhalten kann.
Zum anderen werden nun auch die verschiedenen Leitungen ausgetauscht und nach neusten Standards in einem festen Bett gebündelt, wie Abteilungsleiter Pape erklärt. Das erhöhe nicht nur die Sicherheit, denn so komme man im Notfall auch einfacher an die Leitungen heran.
Die Kosten dafür werden die Versorger, aber zum Teil auch die Stadt tragen müssen – die Stadt hofft auf die versprochenen Fördermittel des Bundes und des Landes zur Beseitigung der Hochwasserschäden. Wie teuer es am Ende wird, kann die Verwaltung noch nicht beantworten.
Fortschritte bei der Weißen Flotte: Stadt stellt Zugang mit hohen Bauzäunen sicher
Derweil gibt es Fortschritte für die Weiße Flotte und das Haus Ruhrnatur. Schon am Freitag will die Stadt die Schleuseninsel in einem Bereich wieder zugänglich machen. Mit zwei Meter hohen Bauzäunen soll im Osten ein Korridor errichtet werden, so dass die Besucher der Weißen Flotte an dem Container nahe des Wasserbahnhofs zusteigen können.
Dass mit dem Haus Ruhrnatur aktuell auch die Cafeteria für die Gäste der Schiffslinie fehlt, schmerzt auch Joachim Exner, Leiter der Betriebe der Stadt und auch der Weißen Flotte, angesichts von bis zu 85.000 Besuchern in normalen Jahren. Manche reisten von weiter an und hätten vor Ort auch gerne die Möglichkeit, in ein Café zu gehen.
Bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten auf der Insel beendet sein – so es das Wetter und die Temperaturen zulassen, sagen Pape und Nadermann. Und dann gibt es noch eine Unwägbarkeit: Wie weit die Wege für eine Neuverlegung der Leitungen aufgerissen werden müssen, ist derzeit noch offen.