Gelsenkirchen. Das Unwetter hat Gelsenkirchen größtenteils verschont. Die Feuerwehr war und ist dennoch im Einsatz. Jetzt helfen die Retter andernorts aus.
Klimawandel und Erderwärmung schreiten voran. Damit steigt auch das Risiko von Unwettern wie beispielsweise Starkregen. Land unter wie aktuell in Hagen oder in der Region Aachen vermeldet Gelsenkirchen indes nicht, von weitreichenden Überflutungen ist die Stadt verschont geblieben.
„Die Lage ist überschaubar, das Unwetter hat Gelsenkirchen nicht stark getroffen“, sagte Feuerwehrsprecher Carsten Jost am . Von dem vom Deutschen Wetterdienst prognostizierten Dauerregen mit Mengen zwischen 60 und 90 Litern pro Quadratmeter und Gewittern war Gelsenkirchen nicht getroffen worden. Bis zum späteren Abend rückte die Feuerwehr nur fünf Mal aus. Das Nass hatte mehr das Ausmaß eines stärkeren Landregens.
Gelsenkirchener Retter helfen in massiv vom Unwetter bedrohten Städten und Regionen aus
Deshalb sind ehrenamtliche Einsatzkräfte dem Hilferuf anderer, massiv betroffener Regionen gefolgt. Noch am gestrigen Abend ist ein Tross der Freiwilligen Feuerwehr in Richtung Aachen aufgebrochen, nachdem die Bezirksregierung Köln bei der Behörde in Münster um Unterstützung gebeten hatte.
Und auch heute morgen eilen Retter aus Gelsenkirchen anderen in Chaosregionen zu Hilfe. Die Feuerwehr Gelsenkirchen entsendet weitere Kräfte in die Städteregion Aachen. „Derzeit wird ein Patiententransportzug zusammengestellt, der bei der Evakuierung eines Krankenhauses in Eschweiler unterstützen wird“, sagte Jost. Kräfte des DRK, des Malteser Hilfsdienstes, der Johanniter, der Firma DiG und der Feuerwehr Gelsenkirchen werden zeitnah in Richtung Eschweiler aufbrechen.
Feuerwehr Gelsenkirchen: Drei Starkregeneinsätze bis zum Mittwochnachmittag
In Buer stand Wasser knapp fünf Zentimeter hoch in einem Keller an der Springestraße aufgrund eines verstopften Abflusses, die Abhilfe überließen die alarmierten Einsatzkräfte einem Rohrreinigungsdienst. Dazu kam laut Jost noch ein umgestürzter Baum mit einer Länge von vier Metern an der Schüngelbergstraße nahe der Ostseite der Halde sowie ein größerer abgebrochener Ast an der Pönsgenstraße in Schalke. „Zwei schnelle Schnitte mit der Kettensäge und einmal kräftig anpacken, dann war das Problem jeweils erledigt“, schildert Jost die kurzen Einsätze seiner Kollegen. Menschen kamen nicht zu Schaden.
Am späteren Abend, gegen 20.30 Uhr meldete die Feuerwehr einen weiteren Keller unter Wasser und einen umgestürzten Baum, das Ausmaß der Schäden war gering.
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DWD-Meteorologin: Gelsenkirchen hat bislang Glück gehabt
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„Gelsenkirchen kann das unter Glück verbuchen“, sagte Jana Beck vom Deutschen Wetterdienst. „Denn solche Ereignisse werden in Zukunft immer häufiger auftreten.“ In Hagen fielen zwischenzeitlich mehr als 200 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel. Das führte zu chaotischen Szenen. Entwarnung konnte die Meteorologin allerdings mit Blick aufs Radar nicht geben. Aus dem Norden kündige sich bereits das nächste Tief mit Regen und Gewittern ein. Erst am Donnerstagmorgen sollte demnach Ruhe einkehren.
Was Gelsenkirchen dabei zu erwarten hatte – schwer zu sagen. „Unsere Prognosen sind nicht so genau, dass wir für Städte und Stadtteile Voraussagen treffen können, wir haben einen größeren Bereich im Blick. Mitunter trennen Freud und Leid nur wenige Kilometer, weil sich Gewitter punktuell entladen.“
Interaktive Starkregenkarte für Gelsenkirchen entwickelt
In Gelsenkirchen gibt es eine Vielzahl neuralgischer Stellen. Wer wissen will, welche Gebiete gefährdet sind, dem hilft die interaktive Karte „Starkregen“ weiter, gemeinsam entwickelt von Stadt, Gelsenkanal und Kooperationspartner Gelsenwasser. Dazu gibt es ein Faltblatt, das beispielsweise in den Bürgercentern ausliegt. Die Gefahrenkarte veranschaulicht, wo Regenwasser entlang läuft, oder wo sich Wasser sammelt und zu Überflutungen führen kann. Eine Gefahrenzone liegt etwa im Bereich Willy-Brandt-Allee/Adenauerallee. Zu neuralgischen Stellen gehören generell Grundstücke und Straßen in Senken, Unterführungen, Hanglagen, in der Nähe von Bächen oder in dicht besiedelten, versiegelten Gebieten.
Neuralgische Stellen: A42-Unterführung an der Schalker Meile, Kreuzung in Bülse
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„Erfahrungen aus den letzten Starkregenereignissen haben gezeigt, dass häufig im Bereich der Kurt-Schumacher-Straße in Höhe der Unterführung der A42 die Wassermengen nicht sofort abfließen können und die Fahrbahn überflutet wird“, sagte Feuerwehrsprecher Carsten Jost. Auch im Kreuzungsbereich der Feldhauser Straße/Bülsestraße sei es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Überflutungen gekommen.
Gelsenkanal und Umweltreferat bieten darüber hinaus eine kostenlose Beratung zum Schutz vor Starkregen an. Beispielsweise durch Baumaßnahmen (Rückstauverschlüsse, Hebeanlage, Sickerschächte), so dass Lichtschächte und Keller dem Eindringen der Wassermassen widerstehen. Gelsenwasser liefere dafür auf Anfrage die nötigen Berechnungen, wie Sprecherin Heidrun Becker mitteilte.
Feuerwehr: 112 für akute Notfälle freihalten
Die Feuerwehr bittet darum „den Notruf 112 für akute Gefahrenmeldungen oder medizinische Notfälle frei zu halten“. Alarmmeldungen mit geringeren Schäden blockieren sonst den Einsatz für wirklich Hilfsbedürftige.Gegen 20.30 Uhr am Mittwoch entspannte sich die Lage, nachdem zuvor der Regen am frühen Abend nochmals an Stärke gewonnen hatte. Auch die Prognosen besserten sich. Ehrenamtliche Feuerwehrkräfte aus Gelsenkirchen und Coesfeld brachen nach einem Hilfeersuchen der Bezirksregierung Köln an die Behörde in Münster auf, um in der stark betroffenen Region Aachen zu helfen.
Verbraucherschützer und Anwalt: Versicherungspolicen überprüfen, Schutz aktualisieren
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Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale NRW und auch der Gelsenkirchener Anwalt Arndt Kempgens raten Bürgern nicht nur deshalb, ihre Versicherungspolicen zu überprüfen. „Eigentümer soll nachschauen, ob in der Wohngebäude- und Hausratsversicherung erweiterte Elementarschäden mitversichert sind“ sagte Opfermann. Für gewöhnlich schließt eine normale Versicherung nämlich nur Schäden durch Blitz, Sturm, Hagel, Brand und Leitungswasser ein, nicht aber die erweiterten Elementarschäden Erdbeben, Schneedruck, Überschwemmungen, Erdrutsch, Erdsenkung, Rückstau, Lawine und Vulkanausbruch.
Notmaßnahmen einleiten, sonst zahlt die Versicherung am Ende weniger
Wichtig in dem Zusammenhang sei, dass Versicherungsnehmer im Falle eines Falles sofort Notmaßnahmen einleiten müssen, damit der Schaden nicht noch größer wird. „Ansonsten könnte die Versicherung später ihre Leistung kürzen“, so Kempgens. Der Griff zu Sandsack, Eimer und Wischmop bei Starkregen zahlt sich also letztlich aus. Ebenso eine Dokumentation. Also Fotos und Videos der Schäden, eine Liste der beschädigten Gegenstände und dazu noch Belege, die den Sturm oder Starkregen untermauern. Das können laut Kempgens der örtliche Wetterbericht des Deutschen Wetterdienstes sein oder auch ein Zeitungsartikel über lokale Unwettereinsätze.
Unumgänglich ist auch, der Versicherung eine Risikoänderung mitzuteilen, „also den Umzug, die Vergrößerung des Hausrates oder den neuen Lebenspartner zu benennen“, so der Rechtsanwalt zu Abschluss, um keine Einbußen bei der Schadenregulierung hinnehmen zu müssen.
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