Gelsenkirchen. Bürgermeister und Platzchef schlagen Alarm: „Gelsenkirchen hat ein Sicherheits- und Ordnungsproblem.“ Grund: Sextreffen und Corona-Verstöße.
Diebstahl, Vandalismus, Sextreffen: Es ist nicht das erste Mal, dass Jürgen Kaminski von der DJK TuS Rotthausen Alarm schlägt. Dem Vorsitzenden der Platzkommission zur Seite springt Bezirksbürgermeister Michael Thomas Fath (SPD). Beide fühlen sich von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst (KOD) im Stich gelassen. Dass Zeugnis, das sie ausstellen, lautet: „Gelsenkirchen hat ein Sicherheits- und Ordnungsproblem.“
Vorwurf: Vorsätzliche Missachtung geltender Regeln durch Gruppen von Zuwanderern
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Kaminskis und Faths Urteil rührt von einem Vorfall auf dem Sportplatz „Auf der Reihe“ her. Ihre Schilderung: Auf der geschlossenen Sportanlage tummelten sich entgegen der geltenden Corona-Schutzregeln am Samstag und Sonntag (27./28. Februar) etwa 30 ungebetene Gäste. Nicht zum ersten Mal, wenn man Fath und Kaminski glaubt:
Fath, von Bürgern alarmiert, schaute Samstag und Sonntag nach dem Rechten. Samstag kam er zu fortgeschrittener Stunde zu spät, Sonntag sah er eine Schar um 16.40 Uhr. Er versuchte zunächst, den KOD telefonisch zu erreichen. Vergeblich, weil außerhalb der Erreichbarkeit. Die Corona-Hotline ist laut Webseite der Stadt sonntags bis 16 Uhr geschaltet, darüber hinaus der KOD per Mail zu erreichen. Das kam für Michael Thomas Fath aber nicht in Frage, weil „ja offensichtlich schnell gehandelt werden musste“.
Bezirksbürgermeister nach Anrufen bei Polizeileitstelle: Wertschätzung sieht anders aus
Fath rief daher die Polizei an. „Doch da wurde mir gesagt, dass der KOD zuständig sei“, so der Bezirksbürgermeister. Das wunderte den SPD-Politiker, denn wenn Betrieb ist auf einer offiziell geschlossenen Anlage, so dürfte es sich zumindest um Hausfriedensbruch handeln, vielleicht auch in Verbindung mit einem Einbruch. Irgendwie müssen die etwa 30 ungebetenen Gäste ja aufs Gelände gekommen sein, so seine Gedankengänge. Er intervenierte erneut als Amtsträger. „Auch der Hinweis blieb unbeachtet“, erzählt Fath. Die erneute Antwort: „Ein Fall für den KOD.“ Wertschätzung“, findet Farth, sehe anders aus.
Anziehungspunkt im Stadtsüden
Die Vereinsvorsitzende Peter Weise (SSV/FCA Rotthausen) und Platzkommissions-Chef Jürgen Kaminski (DJK TuS Rotthausen) hatten nach den Vandalismusvorfällen und Diebstählen auf der Platzanlage Auf der Reihe im Mai 2020 einen eindringlichen Appell an die Bürger im Quartier gerichtet: „Haltet doch bitte Eure Augen auf, wenn Ihr in den Abendstunden den Parkplatz der Sportanlagen nutzt und meldet auffällige Beobachtungen der Polizei.“In der Vergangenheit hatten ungebetene Besucher den beiden Rotthauser Vereinen das Leben öfter schwer gemacht. Grill-Abende auf der Tribüne oder sogar auf dem dann verkohlten (Kunst-)Rasen nebst Müll und andere Beschädigungen beklagten die Vereine. Darunter abgerissene und entleerte Feuerlöscher, zertrümmerte Torstangen. Das Ganze gipfelte darin, dass sogar der frühere Platzwart bedroht, mit Steinen beschmissen und von Gewalttätern verfolgt wurde.Nach den Vandalismusfällen hatte der Kommunale Ordnungsdienst und die Polizei die Platzanlage in Rotthausen verstärkt bestreift.
Jürgen Kaminski, am Sonntag mit dem Enkel auf einem Spielplatz in Hassel, sieht dort zu gleicher Zeit, „wie Mitarbeiter des Ordnungsdienstes Senioren ermahnen, ihre Maske richtig zu tragen“. Sein Eindruck: „Dort wo Ordnungskräfte gebraucht werden, kommt keiner hin, kein KOD, keine Polizei - das ist frustrierend.“
Vorsitzender der Platzkommission spricht von Sextreffen auf dem Parkplatz vor der Sportanlage
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Kaminski nennt noch ein weiteres Problem der Platzanlage Auf der Reihe: „Sextreffen beziehungsweise Prostitution auf dem Parkplatz nach Sonnenuntergang. Morgens sammeln wir regelmäßig Kondome, gebrauchte Taschentücher und Ähnliches ein.“ Gemeldet habe er das den Behörden schon oft, passiert sei aber bislang herzlich wenig. Immerhin, Fälle von Diebstahl und Vandalismus rund um die Vereinsheime seien dank Kameraüberwachung zurückgegangen - auf Eigeninitiative der Vereine vor Ort. Auf der Anlage ist auch der SSV/FCA Rotthausen zuhause.
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Angesprochen auf den KOD, verweist Stadtsprecher Martin Schulmann auf die aktuelle Notlage durch die Corona-Pandemie: „Selbst wenn der KOD zehnmal so viele Mitarbeiter hätte, die Ordnungskräfte können nicht überall und jederzeit da sein.“ Jedem Hinweis werde nachgegangen, bei der Fülle an Eingängen, könne es aber dauern. Aktuell verfügt der KOD über 45 Mitarbeiter, noch dieses Jahr wird auf 50 Kräfte aufgestockt.
Gelsenkirchener Polizei: Keine Hinweise auf Prostitution am Rotthauser Clubgelände
Polizeisprecherin Merle Mokwa berichtet, dass es in dem Telefonat zwischen Leitstelle und Fath allein um die „mutmaßlichen Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung“ gegangen sei. „Ihm wurde hierbei erklärt, dass in diesem Fall das Ordnungsamt zuständig ist, weshalb der gemeldete Sachverhalt durch uns direkt an die Stadt übergeben wurde.“
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Darüber hinaus lägen der Behörde keine Hinweise auf Sex-Treffen oder Prostitution vor. Einsätze mit genanntem Bezug habe es nicht gegeben. Von Januar 2020 bis Anfang März 2021 sind der Polizei am Sportplatz insgesamt 19 Sachverhalte gemeldet worden. Daraus resultierten sechs Strafanzeigen wegen Diebstahls, Beleidigung, Einbruchs und Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz. Bei zwei Einsätzen im Frühjahr 2020 hat die Polizei insgesamt 16 Platzverweise ausgesprochen.
Kritik: Öffnung der Sportplätze unverantwortlich, kein funktionierendes Hygiene-Konzept
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Jürgen Kaminski lässt bei seiner Kritik an Polizei und KOD auch Gelsensport nicht gut wegkommen wegen der Öffnung von elf Sportplätzen ab dem 25. Februar. Er bezeichnet das als unverantwortlich, weil die Kontrolle der Einhaltung der Corona-Regeln hinten und vor nicht klappe. „Ein Aufpasser oder eine Aufpasserin kann sich gegenüber einer vielköpfigen Schar nicht durchsetzen“, so Kaminski. Sein Urteil: „Es gibt auf keiner Anlage in Gelsenkirchen ein wirklich funktionierendes Hygiene-Konzept.
Gelsensport: Verantwortung liegt in den Händen, die die Corona-Regeln erlassen
Den Vorwurf eines falschen Öffnungskonzeptes will Thomas Kinner, Bereichsleiter von Gelsensport, so nicht stehen lassen. Nur weil es bei zwei Vereinen Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Regeln gegeben habe, könne man doch nicht wieder alles komplett dicht machen. „Außerdem kann man immer die Polizei oder den KOD rufen, wenn man vor Ort Probleme hat.“ Kinner sieht Gelsensport nicht in der Verantwortung, sondern diejenigen, die die Regeln erlassen. Gelsensport hatte die Sportanlagen Auf der Reihe und Fürstinnenstraße nach Corona-Verstößen postwendend wieder geschlossen.
Jürgen Kamsinki und Thomas Fath können auf Kinners Empfehlung hin nur verzweifelt die Augen verdrehen: „Hat ja super geklappt, wie das Wochenende gezeigt hat.“