Stuttgart. Tippen, wischen, drehen, schütteln - auf dem Smartphone, Tablet oder Touchpad werden solche Bewegungen zu einem Befehl. Scrollen, zoomen oder zwischen den Anwendungen springen kann aber nur, wer die richtigen Gesten beherrscht.

Ein Wisch nach links, ein Wisch nach unten - diese Gesten hat eigentlich jeder Smartphone-Besitzer drauf. Andere Befehle für den Touchscreen oder das Touchpad am Laptop scheinen dagegen nur fortgeschrittene Nutzer zu kennen - den Mehrfinger-Wisch zum Beispiel.

Eine Übersicht über die gängigsten Finger-Befehle bis hin zu den eher unbekannten Varianten:

Ein-Finger-Tipp und Ein-Finger-Wisch

Die Mutter aller Touch-Gesten ist das simple Tippen auf eine Anwendung, um diese zu öffnen. "Mit einem Finger ist generell eine App aufzurufen", erklärt Roland Stehle von der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) in Nürnberg. Auch der Ein-Finger-Wisch gehört noch zum kleinen Einmaleins der Touch-Gesten. Beim vertikalen Wischen scrollen Nutzer in einem Dokument hoch oder runter, beim horizontalen Wischen geht es nach links oder rechts im Text oder Bild.

Manche Geräte haben noch weitere, sehr spezifische Regeln für den Ein-Finger-Wisch: Wer den Finger von dem Bildschirmrand in die Mitte bewegt, kann so zum Beispiel eine Anwendung öffnen.

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Das Tippen und Wischen baue auf Erfahrungen aus der realen Welt auf, sagt Katrin Wolf, die am Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme (VIS) der Universität Stuttgart arbeitet. Die Bewegungen scheinen deshalb natürlich.

Zwei-Finger-Ziehen

Intuitiv ist auch das Zusammenschieben und Auseinanderziehen mit zwei Fingern, das am häufigsten dem Hinein- und Herauszoomen dient. Das sei wie bei Knete oder Teig, schildert Wolf: Ziehen vergrößert den Teig, beim Zusammendrücken wird er kompakter.

Drehen

Ähnlich ist es mit dem Drehen. Wer auf dem Screen oder Touchpad eine Drehbewegung mit dem Finger imitiert, dreht auch das Bild oder Dokument, das er gerade anzeigt. Manche Geräte haben eine leicht veränderte Herangehensweise: Dort wird stattdessen das Smartphone gedreht.

Mehr-Finger-Wisch

Den Mehr-Finger-Wisch gibt es zum Beispiel auf manchen Touchpads oder Tablets. "Aus einer motorischen Perspektive nehme ich mehrere Finger eher für gröbere Dinge", sagt Tom Gross, Professor am Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion an der Universität Bamberg. Deshalb sind diese Gesten auch eher für Befehle auf einer Metaebene konzipiert: Nicht innerhalb einer Anwendung gehen die Nutzer mit dem Mehr-Finger-Wisch hin und her, sondern zwischen den Anwendungen selbst, zum Beispiel den offenen Apps. Auf dem Trackpad vom Macbook können Nutzer mit dem Vier-Finger-Wisch zum Beispiel alle Fenster ausblenden und den Desktop anzeigen.

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"Diese Gesten seien allerdings nicht länger völlig intuitiv, sagt Wolf. Das muss gelernt werden." Die Bereitschaft, solche erweiterten Gesten zu lernen, sei gering: "Die Lernbereitschaft für Interfaces geht gegen null", sagt Wolf. "Heutzutage will keiner mehr eine Bedienungsanleitung lesen." Deshalb hätten Gesten, die nicht leicht und intuitiv sein, begrenzte Chancen, sich durchzusetzen.

Nutzerdefinierte Gesten

Gut könnte folglich sein, wenn der Nutzer selbst festlegt, welche Geste was bewirken soll. In diese Richtung gehe auch die Forschung, erklärt Gross. Er glaubt, dass es in Zukunft verstärkt eine Mischform aus vordefinierten und selbst erdachten Gesten geben wird. Eine dieser selbst definierten Gesten ist heute schon weit verbreitet: das Wischen über den Ziffernblock zum Entsperren des Bildschirms.

Schütteln, Kippen und Co.

Neben Tippen, Wischen und Drehen auf dem Bildschirm gibt es noch Gesten, bei denen quasi die ganze Hand involviert ist. So ein Fall ist das Schütteln: Bei manchen Geräten sorgt Schütteln zum Beispiel dafür, dass sie bei der Musikwiedergabe zum nächsten Titel springen, sagt Stehle. "Bei anderen Geräten ist das ähnlich wie ein Kopfschütteln." Dann lehne der Nutzer so zum Beispiel einen Anruf ab. Wieder andere suchen mit dem Schütteln nach bluetoothfähigen Geräten in der Umgebung.

Verschiedene Wirkungen hat auch das Kippen des Bildschirms: Manchmal signalisiert diese Geste Heraus- oder Hineinzoomen. Ein anderes Mal kann sie quasi ein Stummschalten bedeuten, wenn der Nutzer das Gerät mit dem Bildschirm nach unten ablegt, erklärt Stehle.

Gesten der Zukunft

Das Berühren des Bildschirms könnte für manche Geräte aber bald schon wieder der Vergangenheit angehören. Dann könnten die 3D-Gesten vor dem Screen der Standard sein. Zum Teil gibt es das schon, sagt Gross. Die Bewegungssteuerung Leap Motion könne man zum Beispiel an den Rechner anschließen, auch einzelne Fernseher und Spielekonsolen wie die Xbox von Microsoft lassen sich bereits mit Gesten bedienen.

Allerdings glaubt Gross, dass die Gesten ohne Berührung eher für Geräte mit größeren Bildschirmen infrage kommen - für Smartphones also weniger. Für die Touch-Gesten hält Wolf es auch für möglich, dass die Geräte künftig erkennen, welcher Finger benutzt wird und in welchem Winkel er aufliegt. Das könne dann wiederum eine Grundlage für neue Befehle sein. (dpa)